Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

angelobt, oder jährlich dreizehntausend stockholmische Mark, als den Geldnutzen des Königseins in ihrem Lande. Er hatte, um nur in Dänemark und Norwegen gehuldigt zu werden, eine Capitulation beschwören müssen, welche die Handfestningen enthielt, damit das Haupt des Reiches bloß nutzen, aber nie schaden könne, und die Reichsräthe hatten ihn dadurch aufs Aeußerste beleidigt, so daß er keinen Rath zu Rathe zog, keinem Widerspruch, Vertraulichkeit und Zutrauen schenkte oder erlaubte und die geringste Beleidigung Seiner Majestät furchtbar bestrafte. Alles im Gegensatz seines die Verhältnisse schonenden Vaters, der Alle daran gewöhnt hatte, den König gerecht zwar immer, doch immer auch liebreich zu sehen. Dazu war er in seinen Entschlüssen wankelmüthig, unvorsichtig, übereilt und dennoch hartnäckig, also Schaden-, ja Verderbenbringend und dem Verderben selbst schon geweiht. Dagegen galt Sigbritte Alles, welche er den Reichsräthen das Ruder des Staats aus den Händen reißen ließ. Jeden Vorfall bestrafte sie in der ersten Hitze sogleich mit den heftigsten Strafen und Beleidigungen, ohne zuvor die wahre Beschaffenheit der Sache zu untersuchen, und bändigte niemals den angebornen Jähzorn, die Rachbegierde alter Weiber, die unversöhnlich sind, noch selbst den Blutdurst und den heftigsten Haß gegen Alles, was nicht gemeines Volk war, das nichts auf sich habe! Dagegen waren ihre Reichsräthe herumschweifende Barbiere und Marktschreier, und wer irgend einmal davon gehört hatte, daß ein Reich

angelobt, oder jährlich dreizehntausend stockholmische Mark, als den Geldnutzen des Königseins in ihrem Lande. Er hatte, um nur in Dänemark und Norwegen gehuldigt zu werden, eine Capitulation beschwören müssen, welche die Handfestningen enthielt, damit das Haupt des Reiches bloß nutzen, aber nie schaden könne, und die Reichsräthe hatten ihn dadurch aufs Aeußerste beleidigt, so daß er keinen Rath zu Rathe zog, keinem Widerspruch, Vertraulichkeit und Zutrauen schenkte oder erlaubte und die geringste Beleidigung Seiner Majestät furchtbar bestrafte. Alles im Gegensatz seines die Verhältnisse schonenden Vaters, der Alle daran gewöhnt hatte, den König gerecht zwar immer, doch immer auch liebreich zu sehen. Dazu war er in seinen Entschlüssen wankelmüthig, unvorsichtig, übereilt und dennoch hartnäckig, also Schaden-, ja Verderbenbringend und dem Verderben selbst schon geweiht. Dagegen galt Sigbritte Alles, welche er den Reichsräthen das Ruder des Staats aus den Händen reißen ließ. Jeden Vorfall bestrafte sie in der ersten Hitze sogleich mit den heftigsten Strafen und Beleidigungen, ohne zuvor die wahre Beschaffenheit der Sache zu untersuchen, und bändigte niemals den angebornen Jähzorn, die Rachbegierde alter Weiber, die unversöhnlich sind, noch selbst den Blutdurst und den heftigsten Haß gegen Alles, was nicht gemeines Volk war, das nichts auf sich habe! Dagegen waren ihre Reichsräthe herumschweifende Barbiere und Marktschreier, und wer irgend einmal davon gehört hatte, daß ein Reich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="6">
        <p><pb facs="#f0072"/>
angelobt, oder jährlich dreizehntausend                stockholmische Mark, als den Geldnutzen des Königseins in ihrem Lande. Er hatte, um                nur in Dänemark und Norwegen gehuldigt zu werden, eine Capitulation beschwören                müssen, welche die Handfestningen enthielt, damit das Haupt des Reiches bloß nutzen,                aber nie schaden könne, und die Reichsräthe hatten ihn dadurch aufs Aeußerste                beleidigt, so daß er keinen Rath zu Rathe zog, keinem Widerspruch, Vertraulichkeit                und Zutrauen schenkte oder erlaubte und die geringste Beleidigung Seiner Majestät                furchtbar bestrafte. Alles im Gegensatz seines die Verhältnisse schonenden Vaters,                der Alle daran gewöhnt hatte, den König gerecht zwar immer, doch immer auch liebreich                zu sehen. Dazu war er in seinen Entschlüssen wankelmüthig, unvorsichtig, übereilt und                dennoch hartnäckig, also Schaden-, ja Verderbenbringend und dem Verderben selbst                schon geweiht. Dagegen galt Sigbritte Alles, welche er den Reichsräthen das Ruder des                Staats aus den Händen reißen ließ. Jeden Vorfall bestrafte sie in der ersten Hitze                sogleich mit den heftigsten Strafen und Beleidigungen, ohne zuvor die wahre                Beschaffenheit der Sache zu untersuchen, und bändigte niemals den angebornen Jähzorn,                die Rachbegierde alter Weiber, die unversöhnlich sind, noch selbst den Blutdurst und                den heftigsten Haß gegen Alles, was nicht gemeines Volk war, das nichts auf sich                habe! Dagegen waren ihre Reichsräthe herumschweifende Barbiere und Marktschreier, und                wer irgend einmal davon gehört hatte, daß ein Reich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0072] angelobt, oder jährlich dreizehntausend stockholmische Mark, als den Geldnutzen des Königseins in ihrem Lande. Er hatte, um nur in Dänemark und Norwegen gehuldigt zu werden, eine Capitulation beschwören müssen, welche die Handfestningen enthielt, damit das Haupt des Reiches bloß nutzen, aber nie schaden könne, und die Reichsräthe hatten ihn dadurch aufs Aeußerste beleidigt, so daß er keinen Rath zu Rathe zog, keinem Widerspruch, Vertraulichkeit und Zutrauen schenkte oder erlaubte und die geringste Beleidigung Seiner Majestät furchtbar bestrafte. Alles im Gegensatz seines die Verhältnisse schonenden Vaters, der Alle daran gewöhnt hatte, den König gerecht zwar immer, doch immer auch liebreich zu sehen. Dazu war er in seinen Entschlüssen wankelmüthig, unvorsichtig, übereilt und dennoch hartnäckig, also Schaden-, ja Verderbenbringend und dem Verderben selbst schon geweiht. Dagegen galt Sigbritte Alles, welche er den Reichsräthen das Ruder des Staats aus den Händen reißen ließ. Jeden Vorfall bestrafte sie in der ersten Hitze sogleich mit den heftigsten Strafen und Beleidigungen, ohne zuvor die wahre Beschaffenheit der Sache zu untersuchen, und bändigte niemals den angebornen Jähzorn, die Rachbegierde alter Weiber, die unversöhnlich sind, noch selbst den Blutdurst und den heftigsten Haß gegen Alles, was nicht gemeines Volk war, das nichts auf sich habe! Dagegen waren ihre Reichsräthe herumschweifende Barbiere und Marktschreier, und wer irgend einmal davon gehört hatte, daß ein Reich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/72
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/72>, abgerufen am 13.05.2024.