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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Darum ist eine Zeit der Trübsal emporgewachsen, blanke Schwerter
blitzen wider uns, heidnische Ungeheuer sind in christliches Land eingefallen.

Aber statt zürnend zu fragen: wie groß ist des Herren Langmuth,
daß er solchen Scheusalen die liebreizende Heimatherde Preis gibt? --
klopfe ein Jeglicher an die Brust und spreche: um unserer Verderbniß
willen sind sie gesendet. Und wollet ihr von ihnen erlöset sein, so
gedenket an des Heiland's tapfern Tod. Fasset den Griff eurer
Schwerter, so wie er einst das Kreuz faßte und hinaustrug zur Schä-
delstätte, schauet auf und suchet auch ihr euer Golgatha!!..

Er deutete nach den Ufern des Sees hinüber. Dann strömte
seine Rede in Worten des Trosts und der Verheißung, stark wie der
Schrei des Löwen im Gebirge:

Die Zeiten erfüllen sich, von denen geschrieben steht: Und wenn
die tausend Jahre zu Ende geh'n, wird Satan aus seinem Kerker
losgelassen werden, und ausgeh'n zu verführen die Völker in den
äußersten Gegenden der Erde -- den Gog und den Magog, und sie
zum Streite versammeln. Ihre Zahl ist wie des Meeres Sand; sie
ziehen über die weite Erde daher, umringen das Lager der Streiter
Gottes und die geliebte Stadt. Aber Feuer fährt aus dem Himmel
nieder und verzehrt sie, und der Teufel ihr Verführer wird in den
Schwefelsee geworfen, wo auch das Thier und der Lügenprophet ist,
und sie werden gequält werden Tag und Nacht bis in die ewige
Ewigkeit.181)

Und was der Seher auf Patmos ahnend geoffenbart, das ist uns
Bürgschaft und Gewähr des Sieges, so wir sündegeläutert ausziehen
zum Kampf. Lasset sie anstürmen auf ihren schnellen Rossen, was
verficht's? Zu Söhnen der Hölle hat sie der Herr gestempelt, darum
ist ihr Antlitz nur die Fratze von eines Menschen Antlitz, die Ernte
unserer Felder können sie niedertreten und die Altäre unserer Kirchen
schänden, aber den Arm gottesmuthiger Männer können sie nicht
bestehen.

Seid eingedenk also, daß wir Schwaben allezeit vorfechten182) müssen, wo um des Reiches Noth gestritten wird; wenn es in andern
Zeiten ein Gräuel vor dem Herren wäre, an seinem Feiertag den
Harnisch umzuschnallen, -- heute segnet er unsere Waffen, und sendet
seine Heiligen zum Beistand und streitet selber mit uns, er der Herr

Darum iſt eine Zeit der Trübſal emporgewachſen, blanke Schwerter
blitzen wider uns, heidniſche Ungeheuer ſind in chriſtliches Land eingefallen.

Aber ſtatt zürnend zu fragen: wie groß iſt des Herren Langmuth,
daß er ſolchen Scheuſalen die liebreizende Heimatherde Preis gibt? —
klopfe ein Jeglicher an die Bruſt und ſpreche: um unſerer Verderbniß
willen ſind ſie geſendet. Und wollet ihr von ihnen erlöſet ſein, ſo
gedenket an des Heiland's tapfern Tod. Faſſet den Griff eurer
Schwerter, ſo wie er einſt das Kreuz faßte und hinaustrug zur Schä-
delſtätte, ſchauet auf und ſuchet auch ihr euer Golgatha!!..

Er deutete nach den Ufern des Sees hinüber. Dann ſtrömte
ſeine Rede in Worten des Troſts und der Verheißung, ſtark wie der
Schrei des Löwen im Gebirge:

Die Zeiten erfüllen ſich, von denen geſchrieben ſteht: Und wenn
die tauſend Jahre zu Ende geh'n, wird Satan aus ſeinem Kerker
losgelaſſen werden, und ausgeh'n zu verführen die Völker in den
äußerſten Gegenden der Erde — den Gog und den Magog, und ſie
zum Streite verſammeln. Ihre Zahl iſt wie des Meeres Sand; ſie
ziehen über die weite Erde daher, umringen das Lager der Streiter
Gottes und die geliebte Stadt. Aber Feuer fährt aus dem Himmel
nieder und verzehrt ſie, und der Teufel ihr Verführer wird in den
Schwefelſee geworfen, wo auch das Thier und der Lügenprophet iſt,
und ſie werden gequält werden Tag und Nacht bis in die ewige
Ewigkeit.181)

Und was der Seher auf Patmos ahnend geoffenbart, das iſt uns
Bürgſchaft und Gewähr des Sieges, ſo wir ſündegeläutert ausziehen
zum Kampf. Laſſet ſie anſtürmen auf ihren ſchnellen Roſſen, was
verficht's? Zu Söhnen der Hölle hat ſie der Herr geſtempelt, darum
iſt ihr Antlitz nur die Fratze von eines Menſchen Antlitz, die Ernte
unſerer Felder können ſie niedertreten und die Altäre unſerer Kirchen
ſchänden, aber den Arm gottesmuthiger Männer können ſie nicht
beſtehen.

Seid eingedenk alſo, daß wir Schwaben allezeit vorfechten182) müſſen, wo um des Reiches Noth geſtritten wird; wenn es in andern
Zeiten ein Gräuel vor dem Herren wäre, an ſeinem Feiertag den
Harniſch umzuſchnallen, — heute ſegnet er unſere Waffen, und ſendet
ſeine Heiligen zum Beiſtand und ſtreitet ſelber mit uns, er der Herr

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[183/0205] Darum iſt eine Zeit der Trübſal emporgewachſen, blanke Schwerter blitzen wider uns, heidniſche Ungeheuer ſind in chriſtliches Land eingefallen. Aber ſtatt zürnend zu fragen: wie groß iſt des Herren Langmuth, daß er ſolchen Scheuſalen die liebreizende Heimatherde Preis gibt? — klopfe ein Jeglicher an die Bruſt und ſpreche: um unſerer Verderbniß willen ſind ſie geſendet. Und wollet ihr von ihnen erlöſet ſein, ſo gedenket an des Heiland's tapfern Tod. Faſſet den Griff eurer Schwerter, ſo wie er einſt das Kreuz faßte und hinaustrug zur Schä- delſtätte, ſchauet auf und ſuchet auch ihr euer Golgatha!!.. Er deutete nach den Ufern des Sees hinüber. Dann ſtrömte ſeine Rede in Worten des Troſts und der Verheißung, ſtark wie der Schrei des Löwen im Gebirge: Die Zeiten erfüllen ſich, von denen geſchrieben ſteht: Und wenn die tauſend Jahre zu Ende geh'n, wird Satan aus ſeinem Kerker losgelaſſen werden, und ausgeh'n zu verführen die Völker in den äußerſten Gegenden der Erde — den Gog und den Magog, und ſie zum Streite verſammeln. Ihre Zahl iſt wie des Meeres Sand; ſie ziehen über die weite Erde daher, umringen das Lager der Streiter Gottes und die geliebte Stadt. Aber Feuer fährt aus dem Himmel nieder und verzehrt ſie, und der Teufel ihr Verführer wird in den Schwefelſee geworfen, wo auch das Thier und der Lügenprophet iſt, und ſie werden gequält werden Tag und Nacht bis in die ewige Ewigkeit. ¹⁸¹⁾ Und was der Seher auf Patmos ahnend geoffenbart, das iſt uns Bürgſchaft und Gewähr des Sieges, ſo wir ſündegeläutert ausziehen zum Kampf. Laſſet ſie anſtürmen auf ihren ſchnellen Roſſen, was verficht's? Zu Söhnen der Hölle hat ſie der Herr geſtempelt, darum iſt ihr Antlitz nur die Fratze von eines Menſchen Antlitz, die Ernte unſerer Felder können ſie niedertreten und die Altäre unſerer Kirchen ſchänden, aber den Arm gottesmuthiger Männer können ſie nicht beſtehen. Seid eingedenk alſo, daß wir Schwaben allezeit vorfechten ¹⁸²⁾ müſſen, wo um des Reiches Noth geſtritten wird; wenn es in andern Zeiten ein Gräuel vor dem Herren wäre, an ſeinem Feiertag den Harniſch umzuſchnallen, — heute ſegnet er unſere Waffen, und ſendet ſeine Heiligen zum Beiſtand und ſtreitet ſelber mit uns, er der Herr

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/205>, abgerufen am 22.11.2024.