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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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derer von Sanct Gallen, grimmes einzelnes Streiten begann, es rang
die Kraft mit der Schnelle, germanische Ungelenkheit mit hunnischer List.

Da trank die Hegauer Erde manch' frommen Mannes Blut. Tutilo
der Starke lag erschlagen, er hatte eines Hunnen Roß unterlaufen,
den Reiter an den Füßen heruntergerissen und schwang den Krumm-
gesichtigen durch die Lüfte, ihm das Haupt an einem Feldstein zer-
schmetternd -- aber ein Pfeil flog dem greisen Künstler durch die
Schläfe, wie Siegsgesang himmlischer Heerschaaren ertönte es durch's
wunde Gehirn, dann sank er auf den erschlagenen Feind. Sindolt der
Böse sühnte mit der Wunde auf der Brust manch schlimme Tücke, die
er sonst an den Gefährten geübt; Nichts frommte es dem Schotten
Dubslan, daß er sich dem heiligen Minwaloius vergelübdet, barfuß
gen Rom zu wallfahren, wenn er ihn heut beschütze -- durchschossen
trugen sie ihn aus dem Getümmel.

Wie's von Hieben auf die Helme prasselte, gleich Hagelschlag auf
lockres Schieferdach, da zog Moengal der Alte die Kapuze über's
Haupt, daß er nicht zur Rechten schaue und nicht zur Linken, sein
Speer war verworfen: heraus jetzt, alte Cambutta! rief er ingrimmig
und schnallte die Keule los, die über den Rücken gefestigt ihn beglei-
tet, und stand im Gewühl wie ein Drescher in der Tenne. Lang schon
war ein Reiter um ihn geschwärmt, kyrie eleison! sang der Alte
und schlug des Rosses Schädel entzwei, mit gleichen Füßen sprang
der Reiter zur Erde, ein leichter Hieb von krummem Säbel streifte
Moengal's Arm. Hoiho! schrie er auf, im Lenzmonat ist gut Ader-
lassen, sieh dich für, Aerztlein! und er that einen Keulenschlag, als
woll' er seinen Gegner klaftertief in die Erde hineinschlagen. Der
Hunnenkämpe bog dem Hieb aus, da fiel der Helm -- ein rothbackig
Gesicht schaute zu dem Keulenschwinger hinüber, wallendes Haupthaar
quoll drüber vor, von rothem Band durchflochten; eh' er einen zweiten
Hieb führte, sprang's an Moengal hinauf wie eine Tigerkatze, das
junge Gesichtlein hob sich vor dem seinen, als sollt' ihm in alten
Tagen noch eines Kusses Gelegenheit bescheert sein -- da fuhr ein
Biß in seine Wange, scharf und gut, er umfaßte den Angreifer --
das war wie weibliche Hüften. Weiche von mir, Unhold, rief er,
hat die Hölle auch Teufelinnen ausgespieen? da saß ein zweiter Biß
auf der linken Wange, gestörtes Gleichmaß herzustellen. Er fuhr zu-

derer von Sanct Gallen, grimmes einzelnes Streiten begann, es rang
die Kraft mit der Schnelle, germaniſche Ungelenkheit mit hunniſcher Liſt.

Da trank die Hegauer Erde manch' frommen Mannes Blut. Tutilo
der Starke lag erſchlagen, er hatte eines Hunnen Roß unterlaufen,
den Reiter an den Füßen heruntergeriſſen und ſchwang den Krumm-
geſichtigen durch die Lüfte, ihm das Haupt an einem Feldſtein zer-
ſchmetternd — aber ein Pfeil flog dem greiſen Künſtler durch die
Schläfe, wie Siegsgeſang himmliſcher Heerſchaaren ertönte es durch's
wunde Gehirn, dann ſank er auf den erſchlagenen Feind. Sindolt der
Böſe ſühnte mit der Wunde auf der Bruſt manch ſchlimme Tücke, die
er ſonſt an den Gefährten geübt; Nichts frommte es dem Schotten
Dubslan, daß er ſich dem heiligen Minwaloius vergelübdet, barfuß
gen Rom zu wallfahren, wenn er ihn heut beſchütze — durchſchoſſen
trugen ſie ihn aus dem Getümmel.

Wie's von Hieben auf die Helme praſſelte, gleich Hagelſchlag auf
lockres Schieferdach, da zog Moengal der Alte die Kapuze über's
Haupt, daß er nicht zur Rechten ſchaue und nicht zur Linken, ſein
Speer war verworfen: heraus jetzt, alte Cambutta! rief er ingrimmig
und ſchnallte die Keule los, die über den Rücken gefeſtigt ihn beglei-
tet, und ſtand im Gewühl wie ein Dreſcher in der Tenne. Lang ſchon
war ein Reiter um ihn geſchwärmt, kyrie eleison! ſang der Alte
und ſchlug des Roſſes Schädel entzwei, mit gleichen Füßen ſprang
der Reiter zur Erde, ein leichter Hieb von krummem Säbel ſtreifte
Moengal's Arm. Hoiho! ſchrie er auf, im Lenzmonat iſt gut Ader-
laſſen, ſieh dich für, Aerztlein! und er that einen Keulenſchlag, als
woll' er ſeinen Gegner klaftertief in die Erde hineinſchlagen. Der
Hunnenkämpe bog dem Hieb aus, da fiel der Helm — ein rothbackig
Geſicht ſchaute zu dem Keulenſchwinger hinüber, wallendes Haupthaar
quoll drüber vor, von rothem Band durchflochten; eh' er einen zweiten
Hieb führte, ſprang's an Moengal hinauf wie eine Tigerkatze, das
junge Geſichtlein hob ſich vor dem ſeinen, als ſollt' ihm in alten
Tagen noch eines Kuſſes Gelegenheit beſcheert ſein — da fuhr ein
Biß in ſeine Wange, ſcharf und gut, er umfaßte den Angreifer —
das war wie weibliche Hüften. Weiche von mir, Unhold, rief er,
hat die Hölle auch Teufelinnen ausgeſpieen? da ſaß ein zweiter Biß
auf der linken Wange, geſtörtes Gleichmaß herzuſtellen. Er fuhr zu-

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[190/0212] derer von Sanct Gallen, grimmes einzelnes Streiten begann, es rang die Kraft mit der Schnelle, germaniſche Ungelenkheit mit hunniſcher Liſt. Da trank die Hegauer Erde manch' frommen Mannes Blut. Tutilo der Starke lag erſchlagen, er hatte eines Hunnen Roß unterlaufen, den Reiter an den Füßen heruntergeriſſen und ſchwang den Krumm- geſichtigen durch die Lüfte, ihm das Haupt an einem Feldſtein zer- ſchmetternd — aber ein Pfeil flog dem greiſen Künſtler durch die Schläfe, wie Siegsgeſang himmliſcher Heerſchaaren ertönte es durch's wunde Gehirn, dann ſank er auf den erſchlagenen Feind. Sindolt der Böſe ſühnte mit der Wunde auf der Bruſt manch ſchlimme Tücke, die er ſonſt an den Gefährten geübt; Nichts frommte es dem Schotten Dubslan, daß er ſich dem heiligen Minwaloius vergelübdet, barfuß gen Rom zu wallfahren, wenn er ihn heut beſchütze — durchſchoſſen trugen ſie ihn aus dem Getümmel. Wie's von Hieben auf die Helme praſſelte, gleich Hagelſchlag auf lockres Schieferdach, da zog Moengal der Alte die Kapuze über's Haupt, daß er nicht zur Rechten ſchaue und nicht zur Linken, ſein Speer war verworfen: heraus jetzt, alte Cambutta! rief er ingrimmig und ſchnallte die Keule los, die über den Rücken gefeſtigt ihn beglei- tet, und ſtand im Gewühl wie ein Dreſcher in der Tenne. Lang ſchon war ein Reiter um ihn geſchwärmt, kyrie eleison! ſang der Alte und ſchlug des Roſſes Schädel entzwei, mit gleichen Füßen ſprang der Reiter zur Erde, ein leichter Hieb von krummem Säbel ſtreifte Moengal's Arm. Hoiho! ſchrie er auf, im Lenzmonat iſt gut Ader- laſſen, ſieh dich für, Aerztlein! und er that einen Keulenſchlag, als woll' er ſeinen Gegner klaftertief in die Erde hineinſchlagen. Der Hunnenkämpe bog dem Hieb aus, da fiel der Helm — ein rothbackig Geſicht ſchaute zu dem Keulenſchwinger hinüber, wallendes Haupthaar quoll drüber vor, von rothem Band durchflochten; eh' er einen zweiten Hieb führte, ſprang's an Moengal hinauf wie eine Tigerkatze, das junge Geſichtlein hob ſich vor dem ſeinen, als ſollt' ihm in alten Tagen noch eines Kuſſes Gelegenheit beſcheert ſein — da fuhr ein Biß in ſeine Wange, ſcharf und gut, er umfaßte den Angreifer — das war wie weibliche Hüften. Weiche von mir, Unhold, rief er, hat die Hölle auch Teufelinnen ausgeſpieen? da ſaß ein zweiter Biß auf der linken Wange, geſtörtes Gleichmaß herzuſtellen. Er fuhr zu-

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/212>, abgerufen am 04.12.2024.