Wenn das Gewitter vorüber ist, kommen die Bäche trüb und erdfarbig daher geflossen. So folgt auf landerschütternde Bewegung meist eine Zeit kleiner verdrießlicher Geschäfte, bis das alte Geleise allent- halb wieder hergestellt worden.
Auch Frau Hadwig mußte das erfahren.
Es war viel zu richten und schlichten nach Vertreibung der Hunnen. Sie unterzog sich dem gerne, ihr beweglicher Geist und die Freude am eigenen Eingreifen erleichterten die Sorgen des Regierens.
Wittwen und Waisen der gefallenen Heerbannmänner kamen, und wem der rothe Hahn auf's Dach der Hütte geflogen, und wem die junge Saat von Rosseshuf zerstampft war: es ward Hilfe geschafft, so viel möglich! Boten an den Kaiser gingen ab mit Bericht über das Geschehene und Vorschlag künftiger Abwehr, der Burg Befestigung, wo sie sich mangelhaft erwiesen, ward gebessert, die Waffenbeute be- messen und vertheilt, die Stiftung einer Capelle auf dem Grabhügel der christlichen Kriegsmänner beschlossen.
Mit Reichenau und Sanct Gallen war viel Verhandlung; geist- liche Freunde vergessen niemals Rechnung zu stellen für erwiesenen Dienst. Sie wußten eindringlich zu jammern und wehklagen über die Schädigung der Gotteshäuser und unerschwingliche Einbuße an Hab und Gut: daß eine Schenkung von Grund und Boden den be- drängten Gottesmännern sehr erwünscht käme, ward der Herzogin täg- lich in's Gehör geträufelt. Fern im Rheinthal, wo der Berg von Breisach mit seinen dunkel ausgebrannten Felsrücken der Strömung sich entgegenstemmt, war der Herzogin das Hofgut Saspach.195) Auf vulkanischem Boden gedeiht die Rebe, -- das hätte den frommen Brüdern auf der Aue wohl getaugt; schon um den Unterschied des
Sechzehntes Kapitel. Cappan wird verheirathet.
Wenn das Gewitter vorüber iſt, kommen die Bäche trüb und erdfarbig daher gefloſſen. So folgt auf landerſchütternde Bewegung meiſt eine Zeit kleiner verdrießlicher Geſchäfte, bis das alte Geleiſe allent- halb wieder hergeſtellt worden.
Auch Frau Hadwig mußte das erfahren.
Es war viel zu richten und ſchlichten nach Vertreibung der Hunnen. Sie unterzog ſich dem gerne, ihr beweglicher Geiſt und die Freude am eigenen Eingreifen erleichterten die Sorgen des Regierens.
Wittwen und Waiſen der gefallenen Heerbannmänner kamen, und wem der rothe Hahn auf's Dach der Hütte geflogen, und wem die junge Saat von Roſſeshuf zerſtampft war: es ward Hilfe geſchafft, ſo viel möglich! Boten an den Kaiſer gingen ab mit Bericht über das Geſchehene und Vorſchlag künftiger Abwehr, der Burg Befeſtigung, wo ſie ſich mangelhaft erwieſen, ward gebeſſert, die Waffenbeute be- meſſen und vertheilt, die Stiftung einer Capelle auf dem Grabhügel der chriſtlichen Kriegsmänner beſchloſſen.
Mit Reichenau und Sanct Gallen war viel Verhandlung; geiſt- liche Freunde vergeſſen niemals Rechnung zu ſtellen für erwieſenen Dienſt. Sie wußten eindringlich zu jammern und wehklagen über die Schädigung der Gotteshäuſer und unerſchwingliche Einbuße an Hab und Gut: daß eine Schenkung von Grund und Boden den be- drängten Gottesmännern ſehr erwünſcht käme, ward der Herzogin täg- lich in's Gehör geträufelt. Fern im Rheinthal, wo der Berg von Breiſach mit ſeinen dunkel ausgebrannten Felsrücken der Strömung ſich entgegenſtemmt, war der Herzogin das Hofgut Saspach.195) Auf vulkaniſchem Boden gedeiht die Rebe, — das hätte den frommen Brüdern auf der Aue wohl getaugt; ſchon um den Unterſchied des
<TEI><text><body><pbfacs="#f0235"n="213"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Sechzehntes Kapitel</hi>.<lb/>
Cappan wird verheirathet.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Wenn das Gewitter vorüber iſt, kommen die Bäche trüb und<lb/>
erdfarbig daher gefloſſen. So folgt auf landerſchütternde Bewegung meiſt<lb/>
eine Zeit kleiner verdrießlicher Geſchäfte, bis das alte Geleiſe allent-<lb/>
halb wieder hergeſtellt worden.</p><lb/><p>Auch Frau Hadwig mußte das erfahren.</p><lb/><p>Es war viel zu richten und ſchlichten nach Vertreibung der Hunnen.<lb/>
Sie unterzog ſich dem gerne, ihr beweglicher Geiſt und die Freude<lb/>
am eigenen Eingreifen erleichterten die Sorgen des Regierens.</p><lb/><p>Wittwen und Waiſen der gefallenen Heerbannmänner kamen, und<lb/>
wem der rothe Hahn auf's Dach der Hütte geflogen, und wem die<lb/>
junge Saat von Roſſeshuf zerſtampft war: es ward Hilfe geſchafft,<lb/>ſo viel möglich! Boten an den Kaiſer gingen ab mit Bericht über<lb/>
das Geſchehene und Vorſchlag künftiger Abwehr, der Burg Befeſtigung,<lb/>
wo ſie ſich mangelhaft erwieſen, ward gebeſſert, die Waffenbeute be-<lb/>
meſſen und vertheilt, die Stiftung einer Capelle auf dem Grabhügel<lb/>
der chriſtlichen Kriegsmänner beſchloſſen.</p><lb/><p>Mit Reichenau und Sanct Gallen war viel Verhandlung; geiſt-<lb/>
liche Freunde vergeſſen niemals Rechnung zu ſtellen für erwieſenen<lb/>
Dienſt. Sie wußten eindringlich zu jammern und wehklagen über<lb/>
die Schädigung der Gotteshäuſer und unerſchwingliche Einbuße an<lb/>
Hab und Gut: daß eine Schenkung von Grund und Boden den be-<lb/>
drängten Gottesmännern ſehr erwünſcht käme, ward der Herzogin täg-<lb/>
lich in's Gehör geträufelt. Fern im Rheinthal, wo der Berg von<lb/>
Breiſach mit ſeinen dunkel ausgebrannten Felsrücken der Strömung<lb/>ſich entgegenſtemmt, war der Herzogin das Hofgut Saspach.<notexml:id="ed195"next="#edt195"place="end"n="195)"/> Auf<lb/>
vulkaniſchem Boden gedeiht die Rebe, — das hätte den frommen<lb/>
Brüdern auf der Aue wohl getaugt; ſchon um den Unterſchied des<lb/></p></div></body></text></TEI>
[213/0235]
Sechzehntes Kapitel.
Cappan wird verheirathet.
Wenn das Gewitter vorüber iſt, kommen die Bäche trüb und
erdfarbig daher gefloſſen. So folgt auf landerſchütternde Bewegung meiſt
eine Zeit kleiner verdrießlicher Geſchäfte, bis das alte Geleiſe allent-
halb wieder hergeſtellt worden.
Auch Frau Hadwig mußte das erfahren.
Es war viel zu richten und ſchlichten nach Vertreibung der Hunnen.
Sie unterzog ſich dem gerne, ihr beweglicher Geiſt und die Freude
am eigenen Eingreifen erleichterten die Sorgen des Regierens.
Wittwen und Waiſen der gefallenen Heerbannmänner kamen, und
wem der rothe Hahn auf's Dach der Hütte geflogen, und wem die
junge Saat von Roſſeshuf zerſtampft war: es ward Hilfe geſchafft,
ſo viel möglich! Boten an den Kaiſer gingen ab mit Bericht über
das Geſchehene und Vorſchlag künftiger Abwehr, der Burg Befeſtigung,
wo ſie ſich mangelhaft erwieſen, ward gebeſſert, die Waffenbeute be-
meſſen und vertheilt, die Stiftung einer Capelle auf dem Grabhügel
der chriſtlichen Kriegsmänner beſchloſſen.
Mit Reichenau und Sanct Gallen war viel Verhandlung; geiſt-
liche Freunde vergeſſen niemals Rechnung zu ſtellen für erwieſenen
Dienſt. Sie wußten eindringlich zu jammern und wehklagen über
die Schädigung der Gotteshäuſer und unerſchwingliche Einbuße an
Hab und Gut: daß eine Schenkung von Grund und Boden den be-
drängten Gottesmännern ſehr erwünſcht käme, ward der Herzogin täg-
lich in's Gehör geträufelt. Fern im Rheinthal, wo der Berg von
Breiſach mit ſeinen dunkel ausgebrannten Felsrücken der Strömung
ſich entgegenſtemmt, war der Herzogin das Hofgut Saspach.
¹⁹⁵⁾
Auf
vulkaniſchem Boden gedeiht die Rebe, — das hätte den frommen
Brüdern auf der Aue wohl getaugt; ſchon um den Unterſchied des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/235>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.