Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Erst ritt er aus dem Walle, die Gegend zu erspäh'n, Und ließ die Falkenaugen sich rings im Kreis ergehn. Nach Wind und Lüften hielt er das Ohr gereckt und lauschte, Ob Nichts geschlichen käme, ob Nichts im Grase rauschte, Ob nicht von schwerem Zügel sich höb' ein fernes Tönen Oder von Rosseshuf die Erde möcht' erdröhnen. Doch rings lag Alles still. Die Rosse schwer beladen Trieb er itzt vor und sandte Hiltgund auf gleichen Pfaden Er selber führt' den Gaul der ihm den Goldschrein trug, Und schloß in Wehr und Waffen als Hüter den reisigen Zug. Sie hatten tausend Schritte etwann zurückgelegt, Da schaute Hiltgund um, sie war vor Furcht bewegt, Da schaute sie vom Hügel herab zwei Männer eilen Die ritten scharf des Weges und mochten nicht verweilen. Und zu Waltari rief die Jungfrau schreckensbleich: Das Ende kommt, o Herr! Zur Flucht itzt sputet Euch. Waltari wandte sich. Die Feinde nahm er wahr: Ich will in's Antlitz mir beschauen die Gefahr. Und winkt mir auch der Tod: viel besser ist's zu streiten, Als Hab und Guts verlustig einsam von dannen reiten. Du Hiltgund nimm die Zügel und treib' das Goldroß fort, Der dichte Hain dort drüben beut' sichern Zufluchtort. Ich will am Bergeshang mir einen Stand erkiesen Und harren wer da kommt, und ritterlich sie grüßen. Erſt ritt er aus dem Walle, die Gegend zu erſpäh'n, Und ließ die Falkenaugen ſich rings im Kreis ergehn. Nach Wind und Lüften hielt er das Ohr gereckt und lauſchte, Ob Nichts geſchlichen käme, ob Nichts im Graſe rauſchte, Ob nicht von ſchwerem Zügel ſich höb' ein fernes Tönen Oder von Roſſeshuf die Erde möcht' erdröhnen. Doch rings lag Alles ſtill. Die Roſſe ſchwer beladen Trieb er itzt vor und ſandte Hiltgund auf gleichen Pfaden Er ſelber führt' den Gaul der ihm den Goldſchrein trug, Und ſchloß in Wehr und Waffen als Hüter den reiſigen Zug. Sie hatten tauſend Schritte etwann zurückgelegt, Da ſchaute Hiltgund um, ſie war vor Furcht bewegt, Da ſchaute ſie vom Hügel herab zwei Männer eilen Die ritten ſcharf des Weges und mochten nicht verweilen. Und zu Waltari rief die Jungfrau ſchreckensbleich: Das Ende kommt, o Herr! Zur Flucht itzt ſputet Euch. Waltari wandte ſich. Die Feinde nahm er wahr: Ich will in's Antlitz mir beſchauen die Gefahr. Und winkt mir auch der Tod: viel beſſer iſt's zu ſtreiten, Als Hab und Guts verluſtig einſam von dannen reiten. Du Hiltgund nimm die Zügel und treib' das Goldroß fort, Der dichte Hain dort drüben beut' ſichern Zufluchtort. Ich will am Bergeshang mir einen Stand erkieſen Und harren wer da kommt, und ritterlich ſie grüßen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0411" n="389"/> <lg n="2"> <l>Erſt ritt er aus dem Walle, die Gegend zu erſpäh'n,</l><lb/> <l>Und ließ die Falkenaugen ſich rings im Kreis ergehn.</l><lb/> <l>Nach Wind und Lüften hielt er das Ohr gereckt und lauſchte,</l><lb/> <l>Ob Nichts geſchlichen käme, ob Nichts im Graſe rauſchte,</l><lb/> <l>Ob nicht von ſchwerem Zügel ſich höb' ein fernes Tönen</l><lb/> <l>Oder von Roſſeshuf die Erde möcht' erdröhnen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch rings lag Alles ſtill. Die Roſſe ſchwer beladen</l><lb/> <l>Trieb er itzt vor und ſandte Hiltgund auf gleichen Pfaden</l><lb/> <l>Er ſelber führt' den Gaul der ihm den Goldſchrein trug,</l><lb/> <l>Und ſchloß in Wehr und Waffen als Hüter den reiſigen Zug.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sie hatten tauſend Schritte etwann zurückgelegt,</l><lb/> <l>Da ſchaute Hiltgund um, ſie war vor Furcht bewegt,</l><lb/> <l>Da ſchaute ſie vom Hügel herab zwei Männer eilen</l><lb/> <l>Die ritten ſcharf des Weges und mochten nicht verweilen.</l><lb/> <l>Und zu Waltari rief die Jungfrau ſchreckensbleich:</l><lb/> <l>Das Ende kommt, o Herr! Zur Flucht itzt ſputet Euch.</l><lb/> <l>Waltari wandte ſich. Die Feinde nahm er wahr:</l><lb/> <l>Ich will in's Antlitz mir beſchauen die Gefahr.</l><lb/> <l>Und winkt mir auch der Tod: viel beſſer iſt's zu ſtreiten,</l><lb/> <l>Als Hab und Guts verluſtig einſam von dannen reiten.</l><lb/> <l>Du Hiltgund nimm die Zügel und treib' das Goldroß fort,</l><lb/> <l>Der dichte Hain dort drüben beut' ſichern Zufluchtort.</l><lb/> <l>Ich will am Bergeshang mir einen Stand erkieſen</l><lb/> <l>Und harren wer da kommt, und ritterlich ſie grüßen.</l> </lg> </lg><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [389/0411]
Erſt ritt er aus dem Walle, die Gegend zu erſpäh'n,
Und ließ die Falkenaugen ſich rings im Kreis ergehn.
Nach Wind und Lüften hielt er das Ohr gereckt und lauſchte,
Ob Nichts geſchlichen käme, ob Nichts im Graſe rauſchte,
Ob nicht von ſchwerem Zügel ſich höb' ein fernes Tönen
Oder von Roſſeshuf die Erde möcht' erdröhnen.
Doch rings lag Alles ſtill. Die Roſſe ſchwer beladen
Trieb er itzt vor und ſandte Hiltgund auf gleichen Pfaden
Er ſelber führt' den Gaul der ihm den Goldſchrein trug,
Und ſchloß in Wehr und Waffen als Hüter den reiſigen Zug.
Sie hatten tauſend Schritte etwann zurückgelegt,
Da ſchaute Hiltgund um, ſie war vor Furcht bewegt,
Da ſchaute ſie vom Hügel herab zwei Männer eilen
Die ritten ſcharf des Weges und mochten nicht verweilen.
Und zu Waltari rief die Jungfrau ſchreckensbleich:
Das Ende kommt, o Herr! Zur Flucht itzt ſputet Euch.
Waltari wandte ſich. Die Feinde nahm er wahr:
Ich will in's Antlitz mir beſchauen die Gefahr.
Und winkt mir auch der Tod: viel beſſer iſt's zu ſtreiten,
Als Hab und Guts verluſtig einſam von dannen reiten.
Du Hiltgund nimm die Zügel und treib' das Goldroß fort,
Der dichte Hain dort drüben beut' ſichern Zufluchtort.
Ich will am Bergeshang mir einen Stand erkieſen
Und harren wer da kommt, und ritterlich ſie grüßen.
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