Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Ich zog auf fremden Wegen. Oft wollt' das Herz mir schlagen: O wär' ich bei den Franken, dort lebt mein Freund, der Hagen! Gedenkst du nimmermehr der alten Knabenspiele Wo wir einmüthig einst gestrebt nach gleichem Ziele? Nicht mehr der Freundschaft? O wenn ich dein Antlitz sah So däuchten mir die Eltern, die theure Heimath nah. Ich wahrte dir die Treue am Hof und vor dem Feind Laß ab drum von dem Frevel und sei mein alter Freund! Deß werd' ich hoch dich preisen, und bist du mir zu Willen Werd' ich mit rothem Golde den hohlen Schild dir füllen. Mit finsterm Blick und zürnend sah ihn Hagen an: Erst übest du Gewalt und schwatzest listig dann; Die Treu hast du gebrochen. Du wußtest mich zugegen, War dir an meinen Freunden, am Neffen nichts gelegen? Nicht magst du dich entschuld'gen, wenn ich auch ferne stand An Waffen und Gestalt war ich dir gut bekannt Und doch hat mir dein Schwert den zarten Sproß gemäht, Den theuren blonden Jungen. Da war die Freundschaft wett. Drum heisch' ich itzt von dir nicht Gold, nicht Bruderbund, Von deiner Hand verlang' ich den todten Neffen zur Stund! Von Rosses Rücken schwang sich Hagen nun zur Erde Da ließen auch Waltari und König Gunther die Pferde. Zum Fußkampf standen sie, zwei wider einen Mann. Die zweite Frühstund' war's, da hub das Streiten an. Ich zog auf fremden Wegen. Oft wollt' das Herz mir ſchlagen: O wär' ich bei den Franken, dort lebt mein Freund, der Hagen! Gedenkſt du nimmermehr der alten Knabenſpiele Wo wir einmüthig einſt geſtrebt nach gleichem Ziele? Nicht mehr der Freundſchaft? O wenn ich dein Antlitz ſah So däuchten mir die Eltern, die theure Heimath nah. Ich wahrte dir die Treue am Hof und vor dem Feind Laß ab drum von dem Frevel und ſei mein alter Freund! Deß werd' ich hoch dich preiſen, und biſt du mir zu Willen Werd' ich mit rothem Golde den hohlen Schild dir füllen. Mit finſterm Blick und zürnend ſah ihn Hagen an: Erſt übeſt du Gewalt und ſchwatzeſt liſtig dann; Die Treu haſt du gebrochen. Du wußteſt mich zugegen, War dir an meinen Freunden, am Neffen nichts gelegen? Nicht magſt du dich entſchuld'gen, wenn ich auch ferne ſtand An Waffen und Geſtalt war ich dir gut bekannt Und doch hat mir dein Schwert den zarten Sproß gemäht, Den theuren blonden Jungen. Da war die Freundſchaft wett. Drum heiſch' ich itzt von dir nicht Gold, nicht Bruderbund, Von deiner Hand verlang' ich den todten Neffen zur Stund! Von Roſſes Rücken ſchwang ſich Hagen nun zur Erde Da ließen auch Waltari und König Gunther die Pferde. Zum Fußkampf ſtanden ſie, zwei wider einen Mann. Die zweite Frühſtund' war's, da hub das Streiten an. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0413" n="391"/> <lg n="3"> <l>Ich zog auf fremden Wegen. Oft wollt' das Herz mir ſchlagen:</l><lb/> <l>O wär' ich bei den Franken, dort lebt mein Freund, der Hagen!</l><lb/> <l>Gedenkſt du nimmermehr der alten Knabenſpiele</l><lb/> <l>Wo wir einmüthig einſt geſtrebt nach gleichem Ziele?</l><lb/> <l>Nicht mehr der Freundſchaft? O wenn ich dein Antlitz ſah</l><lb/> <l>So däuchten mir die Eltern, die theure Heimath nah.</l><lb/> <l>Ich wahrte dir die Treue am Hof und vor dem Feind</l><lb/> <l>Laß ab drum von dem Frevel und ſei mein alter Freund!</l><lb/> <l>Deß werd' ich hoch dich preiſen, und biſt du mir zu Willen</l><lb/> <l>Werd' ich mit rothem Golde den hohlen Schild dir füllen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Mit finſterm Blick und zürnend ſah ihn Hagen an:</l><lb/> <l>Erſt übeſt du Gewalt und ſchwatzeſt liſtig dann;</l><lb/> <l>Die Treu haſt du gebrochen. Du wußteſt mich zugegen,</l><lb/> <l>War dir an meinen Freunden, am Neffen nichts gelegen?</l><lb/> <l>Nicht magſt du dich entſchuld'gen, wenn ich auch ferne ſtand</l><lb/> <l>An Waffen und Geſtalt war ich dir gut bekannt</l><lb/> <l>Und doch hat mir dein Schwert den zarten Sproß gemäht,</l><lb/> <l>Den theuren blonden Jungen. Da war die Freundſchaft wett.</l><lb/> <l>Drum heiſch' ich itzt von dir nicht Gold, nicht Bruderbund,</l><lb/> <l>Von deiner Hand verlang' ich den todten Neffen zur Stund!</l> </lg> </lg><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">V</hi>on Roſſes Rücken ſchwang ſich Hagen nun zur Erde</l><lb/> <l>Da ließen auch Waltari und König Gunther die Pferde.</l><lb/> <l>Zum Fußkampf ſtanden ſie, zwei wider <hi rendition="#g">einen</hi> Mann.</l><lb/> <l>Die zweite Frühſtund' war's, da hub das Streiten an.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [391/0413]
Ich zog auf fremden Wegen. Oft wollt' das Herz mir ſchlagen:
O wär' ich bei den Franken, dort lebt mein Freund, der Hagen!
Gedenkſt du nimmermehr der alten Knabenſpiele
Wo wir einmüthig einſt geſtrebt nach gleichem Ziele?
Nicht mehr der Freundſchaft? O wenn ich dein Antlitz ſah
So däuchten mir die Eltern, die theure Heimath nah.
Ich wahrte dir die Treue am Hof und vor dem Feind
Laß ab drum von dem Frevel und ſei mein alter Freund!
Deß werd' ich hoch dich preiſen, und biſt du mir zu Willen
Werd' ich mit rothem Golde den hohlen Schild dir füllen.
Mit finſterm Blick und zürnend ſah ihn Hagen an:
Erſt übeſt du Gewalt und ſchwatzeſt liſtig dann;
Die Treu haſt du gebrochen. Du wußteſt mich zugegen,
War dir an meinen Freunden, am Neffen nichts gelegen?
Nicht magſt du dich entſchuld'gen, wenn ich auch ferne ſtand
An Waffen und Geſtalt war ich dir gut bekannt
Und doch hat mir dein Schwert den zarten Sproß gemäht,
Den theuren blonden Jungen. Da war die Freundſchaft wett.
Drum heiſch' ich itzt von dir nicht Gold, nicht Bruderbund,
Von deiner Hand verlang' ich den todten Neffen zur Stund!
Von Roſſes Rücken ſchwang ſich Hagen nun zur Erde
Da ließen auch Waltari und König Gunther die Pferde.
Zum Fußkampf ſtanden ſie, zwei wider einen Mann.
Die zweite Frühſtund' war's, da hub das Streiten an.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |