Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.stalten ausgeführt sind, ist anzunehmen, daß der Künstler nichts er- funden, sondern sich an Vorhandenes gehalten hat. 80) .. quae autem Tutilo dictaverat, singularis et agnos- cibilis melodiae sunt, quia per psalterium seu per rohtam, qua potentior ipse erat, neumata (i. e. vocum modulationes) inventa dulciora sunt. Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 3. 81) "quid vero dies illa consumpserit, Dominus solus novit .." 82) "cigneo canore dulcior sonus." 83) "Alpina siquidem corpora vocum suarum tonitruis altisone perstrepentia susceptae modulationis dulcedinem proprie non resultant. Quia bibuli gutturis barbara feritas. dum inflexioni- bus et repercussionibus mitem nititur edere cantilenam, naturali quodam fragore quasi plaustra per gradus confuse sonantia ri- gidas voces iactat." Ein sanctgallischer Musikfreund, der dies ita- lische Kunsturtheil später doch zu lesen bekam, schrieb an den Rand: vide jactantiam romaniscam in teutones et gallos! d. h. "Siehe da wieder ein Stück romanischer Unverschämtheit gegen die Deutschen und Franzosen!" s. Hattemer Denkmale etc. I. 420. 84) Mit Geschenk, Kuß und Scheidetrank nehmen nach mittel- alterlicher Sitte Gastfreunde von einander Abschied. Diese Förmlich- keiten wurden streng eingehalten. Bischof Salomo von Constanz schenkt den zum Gastmahl geladenen Kammerboten kostbare Glasge- fäße, und wiewohl sie, Groll im Herzen tragend, die Gläser zu Boden fallen lassen, daß sie zerbrechen, küssen sie einand noch und trinken des Abschieds Minne. "Amoreque, ut moris est, osculato et epoto laetabundi discedunt." Ekk. IV. casus S. Galli c. 1. bei Pertz Mon. II, 84. s. auch Ruodlieb fragm. III. v. 221. Eine anmuth- volle Schilderung solcher Courtoisie gibt des Nibelungenlieds siebenund- zwanzigstes Abenteuer, da König Gunther mit seinen Mannen sich beim Markgrafen von Bechelaren beurlauben. Auch die Frauen verschmäh- ten nicht, sich mit minniglichem Kusse von ihren Gästen zu scheiden. ſtalten ausgeführt ſind, iſt anzunehmen, daß der Künſtler nichts er- funden, ſondern ſich an Vorhandenes gehalten hat. 80) .. quae autem Tutilo dictaverat, singularis et agnos- cibiliſ melodiae ſunt, quia per pſalterium ſeu per rohtam, qua potentior ipſe erat, neumata (i. e. vocum modulationeſ) inventa dulciora sunt. Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 3. 81) „quid vero dies illa consumpserit, Dominus solus novit ..“ 82) „cigneo canore dulcior sonus.“ 83) „Alpina siquidem corpora vocum suarum tonitruis altisone perſtrepentia ſuſceptae modulationiſ dulcedinem proprie non reſultant. Quia bibuli gutturiſ barbara feritaſ. dum inflexioni- buſ et repercuſſionibuſ mitem nititur edere cantilenam, naturali quodam fragore quaſi plauſtra per graduſ confuſe ſonantia ri- gidas voces iactat.“ Ein ſanctgalliſcher Muſikfreund, der dies ita- liſche Kunſturtheil ſpäter doch zu leſen bekam, ſchrieb an den Rand: vide jactantiam romaniscam in teutones et gallos! d. h. „Siehe da wieder ein Stück romaniſcher Unverſchämtheit gegen die Deutſchen und Franzoſen!“ ſ. Hattemer Denkmale etc. I. 420. 84) Mit Geſchenk, Kuß und Scheidetrank nehmen nach mittel- alterlicher Sitte Gaſtfreunde von einander Abſchied. Dieſe Förmlich- keiten wurden ſtreng eingehalten. Biſchof Salomo von Conſtanz ſchenkt den zum Gaſtmahl geladenen Kammerboten koſtbare Glasge- fäße, und wiewohl ſie, Groll im Herzen tragend, die Gläſer zu Boden fallen laſſen, daß ſie zerbrechen, küſſen ſie einand noch und trinken des Abſchieds Minne. „Amoreque, ut moris est, osculato et epoto laetabundi discedunt.“ Ekk. IV. casus S. Galli c. 1. bei Pertz Mon. II, 84. ſ. auch Ruodlieb fragm. III. v. 221. Eine anmuth- volle Schilderung ſolcher Courtoiſie gibt des Nibelungenlieds ſiebenund- zwanzigſtes Abenteuer, da König Gunther mit ſeinen Mannen ſich beim Markgrafen von Bechelaren beurlauben. Auch die Frauen verſchmäh- ten nicht, ſich mit minniglichem Kuſſe von ihren Gäſten zu ſcheiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt79" prev="#ed79" place="end" n="79)"><pb facs="#f0449" n="427"/> ſtalten ausgeführt ſind, iſt anzunehmen, daß der Künſtler nichts er-<lb/> funden, ſondern ſich an Vorhandenes gehalten hat.</note><lb/> <note xml:id="edt80" prev="#ed80" place="end" n="80)"> <hi rendition="#aq">.. quae autem Tutilo dictaverat, singularis et agnos-<lb/> cibiliſ melodiae ſunt, quia per pſalterium ſeu per rohtam, qua<lb/> potentior ipſe erat, neumata (i. e. vocum modulationeſ) inventa<lb/> dulciora sunt. Ekkeh. IV. casus S. 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⁷⁹⁾ ſtalten ausgeführt ſind, iſt anzunehmen, daß der Künſtler nichts er-
funden, ſondern ſich an Vorhandenes gehalten hat.
⁸⁰⁾ .. quae autem Tutilo dictaverat, singularis et agnos-
cibiliſ melodiae ſunt, quia per pſalterium ſeu per rohtam, qua
potentior ipſe erat, neumata (i. e. vocum modulationeſ) inventa
dulciora sunt. Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 3.
⁸¹⁾ „quid vero dies illa consumpserit, Dominus solus novit ..“
⁸²⁾ „cigneo canore dulcior sonus.“
⁸³⁾ „Alpina siquidem corpora vocum suarum tonitruis altisone
perſtrepentia ſuſceptae modulationiſ dulcedinem proprie non
reſultant. Quia bibuli gutturiſ barbara feritaſ. dum inflexioni-
buſ et repercuſſionibuſ mitem nititur edere cantilenam, naturali
quodam fragore quaſi plauſtra per graduſ confuſe ſonantia ri-
gidas voces iactat.“ Ein ſanctgalliſcher Muſikfreund, der dies ita-
liſche Kunſturtheil ſpäter doch zu leſen bekam, ſchrieb an den Rand:
vide jactantiam romaniscam in teutones et gallos! d. h. „Siehe
da wieder ein Stück romaniſcher Unverſchämtheit gegen die Deutſchen
und Franzoſen!“ ſ. Hattemer Denkmale etc. I. 420.
⁸⁴⁾ Mit Geſchenk, Kuß und Scheidetrank nehmen nach mittel-
alterlicher Sitte Gaſtfreunde von einander Abſchied. Dieſe Förmlich-
keiten wurden ſtreng eingehalten. Biſchof Salomo von Conſtanz
ſchenkt den zum Gaſtmahl geladenen Kammerboten koſtbare Glasge-
fäße, und wiewohl ſie, Groll im Herzen tragend, die Gläſer zu Boden
fallen laſſen, daß ſie zerbrechen, küſſen ſie einand noch und trinken des
Abſchieds Minne. „Amoreque, ut moris est, osculato et epoto
laetabundi discedunt.“ Ekk. IV. casus S. Galli c. 1. bei Pertz
Mon. II, 84. ſ. auch Ruodlieb fragm. III. v. 221. Eine anmuth-
volle Schilderung ſolcher Courtoiſie gibt des Nibelungenlieds ſiebenund-
zwanzigſtes Abenteuer, da König Gunther mit ſeinen Mannen ſich beim
Markgrafen von Bechelaren beurlauben. Auch die Frauen verſchmäh-
ten nicht, ſich mit minniglichem Kuſſe von ihren Gäſten zu ſcheiden.
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