Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.213)
menta vel ceteras fruges. Agobard. contra insulsam vulgi opinionem de grandine et tonitruis, I. 146. (ed. Baluze.) 214) Durch alle Völker geht der Glaube, daß im gebundenen feier- lich gefaßten Wort eine zauberische Kraft verborgen ruhe, die zu Segen und Fluch gedeihlich verwendet werden möge. Von dem räthselhaften römisch-sabinischen Zauber gegen Verrenkung, den schon der alte Cato (de re rustica 160) anführt, von den nordischen Runen, von den ächten ehrwürdigen Merseburger Heilsprüchen bis auf das unverständliche Kauderwelsch, mit dem heutiges Tags, wenn just kein Arzt oder an- zeigedrohender Ortsdiener in der Nähe ist, der ländliche Viehdoctor den suchtkranken Haushund oder das räudige Schaaf beschwört: überall derselbe Grundgedanke von der Macht rhytmisch gebundener Rede. Man traute eben ehedem der Poesie Größeres und Praktischeres zu, als jetzt. -- Vieles an den Formeln ist sinnlos geworden, namentlich die geheimnißvollen Worte am Beginn und Ausgang. Sie haben einst ihre Bedeutung gehabt; imposanter wurden sie, wie manches Andere, wohl von der Zeit an, wo man sie nicht mehr verstand. Wie feierlich klingt das "daries, dardaries, astaries, Disunapiter!" mit dem Cato's Verrenkungsspruch sich einleitet, wie räthselvoll das "alau, tahalau, fugau!" in dem lateinischen Spruch, der die verirrten Klosterschweine segnend zurückbeschwören soll! (Sanctgallische Hand- schrift 111 bei Hattemer Denkmale etc. I. 410.) s. überhaupt Grimm Mythologie Kap. 38. 215) lex Alamannorum tit. 45 "de rixis, quae saepe fieri solent in populo." 216) "dem Schröter, den es mit Donner und Feuer in Bezug setzt, mag das deutsche Volk besondere Ehre angethan haben." Grimm Mythologie (3te Ausg.) p. 657. s. auch pag. 167 über die Be- deutung dieses und anderer Käfer. 217) Ueber die Einrichtung der Sendgerichte vgl. I. v. Arx Ge- schichten des Kantons St. Gallen I. 257. 213)
menta vel ceteraſ frugeſ. Agobard. contra inſulſam vulgi opinionem de grandine et tonitruis, I. 146. (ed. Baluze.) 214) Durch alle Völker geht der Glaube, daß im gebundenen feier- lich gefaßten Wort eine zauberiſche Kraft verborgen ruhe, die zu Segen und Fluch gedeihlich verwendet werden möge. Von dem räthſelhaften römiſch-ſabiniſchen Zauber gegen Verrenkung, den ſchon der alte Cato (de re rustica 160) anführt, von den nordiſchen Runen, von den ächten ehrwürdigen Merſeburger Heilſprüchen bis auf das unverſtändliche Kauderwelſch, mit dem heutiges Tags, wenn juſt kein Arzt oder an- zeigedrohender Ortsdiener in der Nähe iſt, der ländliche Viehdoctor den ſuchtkranken Haushund oder das räudige Schaaf beſchwört: überall derſelbe Grundgedanke von der Macht rhytmiſch gebundener Rede. Man traute eben ehedem der Poeſie Größeres und Praktiſcheres zu, als jetzt. — Vieles an den Formeln iſt ſinnlos geworden, namentlich die geheimnißvollen Worte am Beginn und Ausgang. Sie haben einſt ihre Bedeutung gehabt; impoſanter wurden ſie, wie manches Andere, wohl von der Zeit an, wo man ſie nicht mehr verſtand. Wie feierlich klingt das „daries, dardaries, astaries, Disunapiter!“ mit dem Cato's Verrenkungsſpruch ſich einleitet, wie räthſelvoll das „alau, tahalau, fugau!“ in dem lateiniſchen Spruch, der die verirrten Kloſterſchweine ſegnend zurückbeſchwören ſoll! (Sanctgalliſche Hand- ſchrift 111 bei Hattemer Denkmale etc. I. 410.) ſ. überhaupt Grimm Mythologie Kap. 38. 215) lex Alamannorum tit. 45 „de rixis, quae saepe fieri solent in populo.“ 216) „dem Schröter, den es mit Donner und Feuer in Bezug ſetzt, mag das deutſche Volk beſondere Ehre angethan haben.“ Grimm Mythologie (3te Ausg.) p. 657. ſ. auch pag. 167 über die Be- deutung dieſes und anderer Käfer. 217) Ueber die Einrichtung der Sendgerichte vgl. I. v. Arx Ge- ſchichten des Kantons St. Gallen I. 257. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt213" prev="#ed213" place="end" n="213)"> <hi rendition="#aq"><pb facs="#f0474" n="452"/> menta vel ceteraſ frugeſ. Agobard. contra inſulſam vulgi<lb/> opinionem de grandine et tonitruis, I. 146. (ed. Baluze.)</hi> </note><lb/> <note xml:id="edt214" prev="#ed214" place="end" n="214)">Durch alle Völker geht der Glaube, daß im gebundenen feier-<lb/> lich gefaßten Wort eine zauberiſche Kraft verborgen ruhe, die zu Segen<lb/> und Fluch gedeihlich verwendet werden möge. Von dem räthſelhaften<lb/> römiſch-ſabiniſchen Zauber gegen Verrenkung, den ſchon der alte Cato <hi rendition="#aq">(de<lb/> re rustica 160)</hi> anführt, von den nordiſchen Runen, von den ächten<lb/> ehrwürdigen Merſeburger Heilſprüchen bis auf das unverſtändliche<lb/> Kauderwelſch, mit dem heutiges Tags, wenn juſt kein Arzt oder an-<lb/> zeigedrohender Ortsdiener in der Nähe iſt, der ländliche Viehdoctor<lb/> den ſuchtkranken Haushund oder das räudige Schaaf beſchwört: überall<lb/> derſelbe Grundgedanke von der Macht rhytmiſch gebundener Rede.<lb/> Man traute eben ehedem der Poeſie Größeres und Praktiſcheres zu,<lb/> als jetzt. — Vieles an den Formeln iſt ſinnlos geworden, namentlich<lb/> die geheimnißvollen Worte am Beginn und Ausgang. Sie haben<lb/> einſt ihre Bedeutung gehabt; impoſanter wurden ſie, wie manches<lb/> Andere, wohl von der Zeit an, wo man ſie nicht mehr verſtand. Wie<lb/> feierlich klingt das <hi rendition="#aq">„daries, dardaries, astaries, Disunapiter!“</hi> mit<lb/> dem Cato's Verrenkungsſpruch ſich einleitet, wie räthſelvoll das <hi rendition="#aq">„alau,<lb/> tahalau, fugau!“</hi> in dem lateiniſchen Spruch, der die verirrten<lb/> Kloſterſchweine ſegnend zurückbeſchwören ſoll! (Sanctgalliſche Hand-<lb/> ſchrift 111 bei Hattemer Denkmale etc. <hi rendition="#aq">I. 410.</hi>) ſ. überhaupt Grimm<lb/> Mythologie Kap. 38.</note><lb/> <note xml:id="edt215" prev="#ed215" place="end" n="215)"> <hi rendition="#aq">lex Alamannorum tit. 45 „de rixis, quae <hi rendition="#g">saepe</hi> fieri<lb/> solent in populo.“</hi> </note><lb/> <note xml:id="edt216" prev="#ed216" place="end" n="216)">„dem Schröter, den es mit Donner und Feuer in Bezug<lb/> ſetzt, mag das deutſche Volk beſondere Ehre angethan haben.“ Grimm<lb/> Mythologie (3te Ausg.) <hi rendition="#aq">p. 657.</hi> ſ. auch <hi rendition="#aq">pag. 167</hi> über die Be-<lb/> deutung dieſes und anderer Käfer.</note><lb/> <note xml:id="edt217" prev="#ed217" place="end" n="217)">Ueber die Einrichtung der Sendgerichte vgl. I. v. Arx Ge-<lb/> ſchichten des Kantons St. Gallen <hi rendition="#aq">I. 257.</hi></note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [452/0474]
²¹³⁾ menta vel ceteraſ frugeſ. Agobard. contra inſulſam vulgi
opinionem de grandine et tonitruis, I. 146. (ed. Baluze.)
²¹⁴⁾ Durch alle Völker geht der Glaube, daß im gebundenen feier-
lich gefaßten Wort eine zauberiſche Kraft verborgen ruhe, die zu Segen
und Fluch gedeihlich verwendet werden möge. Von dem räthſelhaften
römiſch-ſabiniſchen Zauber gegen Verrenkung, den ſchon der alte Cato (de
re rustica 160) anführt, von den nordiſchen Runen, von den ächten
ehrwürdigen Merſeburger Heilſprüchen bis auf das unverſtändliche
Kauderwelſch, mit dem heutiges Tags, wenn juſt kein Arzt oder an-
zeigedrohender Ortsdiener in der Nähe iſt, der ländliche Viehdoctor
den ſuchtkranken Haushund oder das räudige Schaaf beſchwört: überall
derſelbe Grundgedanke von der Macht rhytmiſch gebundener Rede.
Man traute eben ehedem der Poeſie Größeres und Praktiſcheres zu,
als jetzt. — Vieles an den Formeln iſt ſinnlos geworden, namentlich
die geheimnißvollen Worte am Beginn und Ausgang. Sie haben
einſt ihre Bedeutung gehabt; impoſanter wurden ſie, wie manches
Andere, wohl von der Zeit an, wo man ſie nicht mehr verſtand. Wie
feierlich klingt das „daries, dardaries, astaries, Disunapiter!“ mit
dem Cato's Verrenkungsſpruch ſich einleitet, wie räthſelvoll das „alau,
tahalau, fugau!“ in dem lateiniſchen Spruch, der die verirrten
Kloſterſchweine ſegnend zurückbeſchwören ſoll! (Sanctgalliſche Hand-
ſchrift 111 bei Hattemer Denkmale etc. I. 410.) ſ. überhaupt Grimm
Mythologie Kap. 38.
²¹⁵⁾ lex Alamannorum tit. 45 „de rixis, quae saepe fieri
solent in populo.“
²¹⁶⁾ „dem Schröter, den es mit Donner und Feuer in Bezug
ſetzt, mag das deutſche Volk beſondere Ehre angethan haben.“ Grimm
Mythologie (3te Ausg.) p. 657. ſ. auch pag. 167 über die Be-
deutung dieſes und anderer Käfer.
²¹⁷⁾ Ueber die Einrichtung der Sendgerichte vgl. I. v. Arx Ge-
ſchichten des Kantons St. Gallen I. 257.
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