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Scheffel, Joseph Victor von: Hugideo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 237–254. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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auf, ungerührt zog Nebi, der Fischer, mit langem Schiffshacken den Todten ans Land, Rüstung und Schmuck zeigten die Leiche eines Centurio der zweiundzwanzigsten Legion, der primigenia pia fidelis, noch hing im Gürtel sein zweischneidiger Dolch.

Da flog ein höhnisch Lächeln über Hugideo's Antlitz, er lös'te die reichgeschmückte Waffe vom Gürtel des Todten und beschaute sie lange -- ein großer Onyx prangte im Griff, "fortes adjuvat ipsa Venus" stand um das feingeschnittene Bildwerk geschrieben.

Hugideo steckte den Dolch zu sich und sprach grimmig zum Fischer: Alle hier! . . . nur Diesen nicht!

Und sie schleiften den Erschlagenen an seinem dunkeln, stellenweise brandversengten Lockenhaar in den Nachen, verdeckten ihn mit übergeworfenen Netzen, fuhren ihn weit von dannen aus der Bucht in den reißenden Thalweg des Rheines und warfen ihn ohne Segen und Fahrwohl wieder in die Fluten, auf daß er landab schwimme, weit, weit aus ihrem Revier.

Es ist gut! sprach Hugideo. Dann fuhren sie heim. Schau morgen früh ein wenig bei mir nach, rief er zum Abschied dem Fischer zu.

Wie Nebi, der Salinenfischer, des nächsten Morgens zu Hugideo's Klause kam, saß der aufrecht aus der Stembank und hatte sich den Dolch des Centurio durchs Herz gerannt, daß er bis zum Griffe im Körper haftete; ein stolzes Lächeln schwebte um seine Lippen.

auf, ungerührt zog Nebi, der Fischer, mit langem Schiffshacken den Todten ans Land, Rüstung und Schmuck zeigten die Leiche eines Centurio der zweiundzwanzigsten Legion, der primigenia pia fidelis, noch hing im Gürtel sein zweischneidiger Dolch.

Da flog ein höhnisch Lächeln über Hugideo's Antlitz, er lös'te die reichgeschmückte Waffe vom Gürtel des Todten und beschaute sie lange — ein großer Onyx prangte im Griff, „fortes adjuvat ipsa Venus“ stand um das feingeschnittene Bildwerk geschrieben.

Hugideo steckte den Dolch zu sich und sprach grimmig zum Fischer: Alle hier! . . . nur Diesen nicht!

Und sie schleiften den Erschlagenen an seinem dunkeln, stellenweise brandversengten Lockenhaar in den Nachen, verdeckten ihn mit übergeworfenen Netzen, fuhren ihn weit von dannen aus der Bucht in den reißenden Thalweg des Rheines und warfen ihn ohne Segen und Fahrwohl wieder in die Fluten, auf daß er landab schwimme, weit, weit aus ihrem Revier.

Es ist gut! sprach Hugideo. Dann fuhren sie heim. Schau morgen früh ein wenig bei mir nach, rief er zum Abschied dem Fischer zu.

Wie Nebi, der Salinenfischer, des nächsten Morgens zu Hugideo's Klause kam, saß der aufrecht aus der Stembank und hatte sich den Dolch des Centurio durchs Herz gerannt, daß er bis zum Griffe im Körper haftete; ein stolzes Lächeln schwebte um seine Lippen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:06:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:06:35Z)

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Hugideo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 237–254. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_hugideo_1910/19>, abgerufen am 21.11.2024.