eine Erklärung des Staatsministers von Derschau, der des Herrn v. H. Freund ge- wesen, aber den Präsidenten v. D. nicht liebte: "daß ein leichtsinniger Kopf es ge- wagt habe, sich mit fremden Federn zu schmücken, und das Gedicht auf den verstor- benen großen Staatsmann v. H -- auf den Präsident v. D. -- anzuwenden. Dieser komische Fall machte viel Gerede in der Stadt, dem C. Pr. aber wenig Vergnügen, wurde indessen durch eine gutersonnene Ent- schuldigung wieder ins Geschick gebracht, vom C. Pr. aber nicht vergessen, und konnte ich gleich in der Folge einmal mit dem Mini- ster v. D -- über diesen seinen Ehrenret- tungsschuß lachen, so hatt' ich doch dafür manches leiden müssen.
Cordon und Quarantaine lößten sich 1772 in die Besitznahme von Westpreußen auf, und obgleich ich damals mich nur kurz vor- her in Königsberg eingerichtet hatte, auch sonst sehr gute Aussichten zu meiner Ge- haltsverbesserung vor mir lagen, so mußt' ich doch abermals meinen Wohnsitz ändern, und unter dem schmeichelhaften Vorwande von vorzüglicher Rechtschaffenheit und Dienst- kenntniß nach Marienwerder wandern, wo
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eine Erklaͤrung des Staatsminiſters von Derſchau, der des Herrn v. H. Freund ge- weſen, aber den Praͤſidenten v. D. nicht liebte: „daß ein leichtſinniger Kopf es ge- wagt habe, ſich mit fremden Federn zu ſchmuͤcken, und das Gedicht auf den verſtor- benen großen Staatsmann v. H — auf den Praͤſident v. D. — anzuwenden. Dieſer komiſche Fall machte viel Gerede in der Stadt, dem C. Pr. aber wenig Vergnuͤgen, wurde indeſſen durch eine guterſonnene Ent- ſchuldigung wieder ins Geſchick gebracht, vom C. Pr. aber nicht vergeſſen, und konnte ich gleich in der Folge einmal mit dem Mini- ſter v. D — uͤber dieſen ſeinen Ehrenret- tungsſchuß lachen, ſo hatt’ ich doch dafuͤr manches leiden muͤſſen.
Cordon und Quarantaine loͤßten ſich 1772 in die Beſitznahme von Weſtpreußen auf, und obgleich ich damals mich nur kurz vor- her in Koͤnigsberg eingerichtet hatte, auch ſonſt ſehr gute Ausſichten zu meiner Ge- haltsverbeſſerung vor mir lagen, ſo mußt’ ich doch abermals meinen Wohnſitz aͤndern, und unter dem ſchmeichelhaften Vorwande von vorzuͤglicher Rechtſchaffenheit und Dienſt- kenntniß nach Marienwerder wandern, wo
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eine Erklaͤrung des Staatsminiſters von
Derſchau, der des Herrn v. H. Freund ge-
weſen, aber den Praͤſidenten v. D. nicht
liebte: „daß ein leichtſinniger Kopf es ge-
wagt habe, ſich mit fremden Federn zu
ſchmuͤcken, und das Gedicht auf den verſtor-
benen großen Staatsmann v. H — auf den
Praͤſident v. D. — anzuwenden. Dieſer
komiſche Fall machte viel Gerede in der
Stadt, dem C. Pr. aber wenig Vergnuͤgen,
wurde indeſſen durch eine guterſonnene Ent-
ſchuldigung wieder ins Geſchick gebracht, vom
C. Pr. aber nicht vergeſſen, und konnte ich
gleich in der Folge einmal mit dem Mini-
ſter v. D — uͤber dieſen ſeinen Ehrenret-
tungsſchuß lachen, ſo hatt’ ich doch dafuͤr
manches leiden muͤſſen.
Cordon und Quarantaine loͤßten ſich 1772
in die Beſitznahme von Weſtpreußen auf,
und obgleich ich damals mich nur kurz vor-
her in Koͤnigsberg eingerichtet hatte, auch
ſonſt ſehr gute Ausſichten zu meiner Ge-
haltsverbeſſerung vor mir lagen, ſo mußt’
ich doch abermals meinen Wohnſitz aͤndern,
und unter dem ſchmeichelhaften Vorwande
von vorzuͤglicher Rechtſchaffenheit und Dienſt-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/164>, abgerufen am 25.11.2024.
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