Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

für die allein seligmachende Monarchie, war
ich sehr für erstere eingenommen, mußte
mich aber oft auslachen lassen, wenn ich
unter Monarchisten behauptete: Ludwig XVI.
würde den Thron verlieren, und unter De-
mokraten: Frankreich würde keine Republik
werden, noch weniger es bleiben.

Bald nach meiner Rückkehr ins Vater-
land verkauft' ich mein schön eingerrchtetes
Guth, um ein anderes zu kaufen, von dem
aber weder Boden noch Lage dem ersten
gleich kamen. Vielleicht wär' ich ganz aus
Preußen gezogen, hätte nicht die höchsttrau-
rige Lage, in die meine, jetzt schon gestorbne
Schwester mit 3 Töchtern durch die unver-
antwortliche Führung ihres, nun auch schon
begrabnen Mannes gerieth, mich am vater-
ländischen Boden festgehalten. Jndessen be-
wog sie mich doch mit zur Verlassung der
Nachbarschaft ihres für sie verlornen Land-
guthes.

Um mich vom Bücherkaufwurm loszu-
machen, hatt' ich vor meinem Abzuge aus
Sprietlack meine sehr ausgesuchte Bücher-
sammlung der Königsbergischen drey Kro-
nenloge für 1500 Rthlr. verkauft, die sel-
bige aber ohne Rücksicht, in den Verdacht zu

fuͤr die allein ſeligmachende Monarchie, war
ich ſehr fuͤr erſtere eingenommen, mußte
mich aber oft auslachen laſſen, wenn ich
unter Monarchiſten behauptete: Ludwig XVI.
wuͤrde den Thron verlieren, und unter De-
mokraten: Frankreich wuͤrde keine Republik
werden, noch weniger es bleiben.

Bald nach meiner Ruͤckkehr ins Vater-
land verkauft’ ich mein ſchoͤn eingerrchtetes
Guth, um ein anderes zu kaufen, von dem
aber weder Boden noch Lage dem erſten
gleich kamen. Vielleicht waͤr’ ich ganz aus
Preußen gezogen, haͤtte nicht die hoͤchſttrau-
rige Lage, in die meine, jetzt ſchon geſtorbne
Schweſter mit 3 Toͤchtern durch die unver-
antwortliche Fuͤhrung ihres, nun auch ſchon
begrabnen Mannes gerieth, mich am vater-
laͤndiſchen Boden feſtgehalten. Jndeſſen be-
wog ſie mich doch mit zur Verlaſſung der
Nachbarſchaft ihres fuͤr ſie verlornen Land-
guthes.

Um mich vom Buͤcherkaufwurm loszu-
machen, hatt’ ich vor meinem Abzuge aus
Sprietlack meine ſehr ausgeſuchte Buͤcher-
ſammlung der Koͤnigsbergiſchen drey Kro-
nenloge fuͤr 1500 Rthlr. verkauft, die ſel-
bige aber ohne Ruͤckſicht, in den Verdacht zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="233"/>
fu&#x0364;r die allein &#x017F;eligmachende Monarchie, war<lb/>
ich &#x017F;ehr fu&#x0364;r er&#x017F;tere eingenommen, mußte<lb/>
mich aber oft auslachen la&#x017F;&#x017F;en, wenn ich<lb/>
unter Monarchi&#x017F;ten behauptete: Ludwig <hi rendition="#aq">XVI.</hi><lb/>
wu&#x0364;rde den Thron verlieren, und unter De-<lb/>
mokraten: Frankreich wu&#x0364;rde keine Republik<lb/>
werden, noch weniger es bleiben.</p><lb/>
        <p>Bald nach meiner Ru&#x0364;ckkehr ins Vater-<lb/>
land verkauft&#x2019; ich mein &#x017F;cho&#x0364;n eingerrchtetes<lb/>
Guth, um ein anderes zu kaufen, von dem<lb/>
aber weder Boden noch Lage dem er&#x017F;ten<lb/>
gleich kamen. Vielleicht wa&#x0364;r&#x2019; ich ganz aus<lb/>
Preußen gezogen, ha&#x0364;tte nicht die ho&#x0364;ch&#x017F;ttrau-<lb/>
rige Lage, in die meine, jetzt &#x017F;chon ge&#x017F;torbne<lb/>
Schwe&#x017F;ter mit 3 To&#x0364;chtern durch die unver-<lb/>
antwortliche Fu&#x0364;hrung ihres, nun auch &#x017F;chon<lb/>
begrabnen Mannes gerieth, mich am vater-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;chen Boden fe&#x017F;tgehalten. Jnde&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
wog &#x017F;ie mich doch mit zur Verla&#x017F;&#x017F;ung der<lb/>
Nachbar&#x017F;chaft ihres fu&#x0364;r &#x017F;ie verlornen Land-<lb/>
guthes.</p><lb/>
        <p>Um mich vom Bu&#x0364;cherkaufwurm loszu-<lb/>
machen, hatt&#x2019; ich vor meinem Abzuge aus<lb/>
Sprietlack meine &#x017F;ehr ausge&#x017F;uchte Bu&#x0364;cher-<lb/>
&#x017F;ammlung der Ko&#x0364;nigsbergi&#x017F;chen drey Kro-<lb/>
nenloge fu&#x0364;r 1500 Rthlr. verkauft, die &#x017F;el-<lb/>
bige aber ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht, in den Verdacht zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0250] fuͤr die allein ſeligmachende Monarchie, war ich ſehr fuͤr erſtere eingenommen, mußte mich aber oft auslachen laſſen, wenn ich unter Monarchiſten behauptete: Ludwig XVI. wuͤrde den Thron verlieren, und unter De- mokraten: Frankreich wuͤrde keine Republik werden, noch weniger es bleiben. Bald nach meiner Ruͤckkehr ins Vater- land verkauft’ ich mein ſchoͤn eingerrchtetes Guth, um ein anderes zu kaufen, von dem aber weder Boden noch Lage dem erſten gleich kamen. Vielleicht waͤr’ ich ganz aus Preußen gezogen, haͤtte nicht die hoͤchſttrau- rige Lage, in die meine, jetzt ſchon geſtorbne Schweſter mit 3 Toͤchtern durch die unver- antwortliche Fuͤhrung ihres, nun auch ſchon begrabnen Mannes gerieth, mich am vater- laͤndiſchen Boden feſtgehalten. Jndeſſen be- wog ſie mich doch mit zur Verlaſſung der Nachbarſchaft ihres fuͤr ſie verlornen Land- guthes. Um mich vom Buͤcherkaufwurm loszu- machen, hatt’ ich vor meinem Abzuge aus Sprietlack meine ſehr ausgeſuchte Buͤcher- ſammlung der Koͤnigsbergiſchen drey Kro- nenloge fuͤr 1500 Rthlr. verkauft, die ſel- bige aber ohne Ruͤckſicht, in den Verdacht zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/250
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/250>, abgerufen am 21.11.2024.