ein, in jeder zu seinem Fach erforderlichen Wissenschaft vollkommen unterrichteter und in ihrer Scienz lebender und webender Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.
Scienz, Charakter und Temperament setzen bisweilen Dienstideale zusammen, die sich weder mit dem alten Ordo rerum ver- tragen, noch der neue erreichen wird, wenn ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie- hung treulich zu Hülfe kommt, und bey sei- ner Einführung nicht sehr umsichtig, oft so- gar nachsichtig verfahren wird. Wer den Felsen der Staatsverwaltung mit einem un- geschmeidigen Stabe berührt, läßt oft Bit- terwasser aus ihm springen, auch wenn er gewiß süßes zu schaffen wünscht, und mengt er in seine oft nothwendigen Widerstrebun- gen Causticität, so legt man sie ihm für Unwillen gegen jeden über ihm stehenden aus, und mancher, dem er vorgesetzt ist, wird zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder genöthigt. Jch würde diese aus manchen Gesprächen abgezogne Bemerkungen nicht niedergeschrieben haben, wenn ich nicht gerne ausgezeichnete Dienstköpfe warnen möchte, sich nicht durch spröde Laune ohne Noth furchtbar, wenigstens unbeliebt zu machen,
ein, in jeder zu ſeinem Fach erforderlichen Wiſſenſchaft vollkommen unterrichteter und in ihrer Scienz lebender und webender Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.
Scienz, Charakter und Temperament ſetzen bisweilen Dienſtideale zuſammen, die ſich weder mit dem alten Ordo rerum ver- tragen, noch der neue erreichen wird, wenn ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie- hung treulich zu Huͤlfe kommt, und bey ſei- ner Einfuͤhrung nicht ſehr umſichtig, oft ſo- gar nachſichtig verfahren wird. Wer den Felſen der Staatsverwaltung mit einem un- geſchmeidigen Stabe beruͤhrt, laͤßt oft Bit- terwaſſer aus ihm ſpringen, auch wenn er gewiß ſuͤßes zu ſchaffen wuͤnſcht, und mengt er in ſeine oft nothwendigen Widerſtrebun- gen Cauſticitaͤt, ſo legt man ſie ihm fuͤr Unwillen gegen jeden uͤber ihm ſtehenden aus, und mancher, dem er vorgeſetzt iſt, wird zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder genoͤthigt. Jch wuͤrde dieſe aus manchen Geſpraͤchen abgezogne Bemerkungen nicht niedergeſchrieben haben, wenn ich nicht gerne ausgezeichnete Dienſtkoͤpfe warnen moͤchte, ſich nicht durch ſproͤde Laune ohne Noth furchtbar, wenigſtens unbeliebt zu machen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0317"n="300"/>
ein, in jeder zu ſeinem Fach erforderlichen<lb/>
Wiſſenſchaft vollkommen unterrichteter und<lb/>
in ihrer <hirendition="#g">Scienz</hi> lebender und webender<lb/>
Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.</p><lb/><p>Scienz, Charakter und Temperament<lb/>ſetzen bisweilen Dienſtideale zuſammen, die<lb/>ſich weder mit dem alten <hirendition="#aq">Ordo rerum</hi> ver-<lb/>
tragen, noch der neue erreichen wird, wenn<lb/>
ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie-<lb/>
hung treulich zu Huͤlfe kommt, und bey ſei-<lb/>
ner Einfuͤhrung nicht ſehr umſichtig, oft ſo-<lb/>
gar nachſichtig verfahren wird. Wer den<lb/>
Felſen der Staatsverwaltung mit einem un-<lb/>
geſchmeidigen Stabe beruͤhrt, laͤßt oft Bit-<lb/>
terwaſſer aus ihm ſpringen, auch wenn er<lb/>
gewiß ſuͤßes zu ſchaffen wuͤnſcht, und mengt<lb/>
er in ſeine oft nothwendigen Widerſtrebun-<lb/>
gen Cauſticitaͤt, ſo legt man ſie ihm fuͤr<lb/>
Unwillen gegen jeden uͤber ihm ſtehenden<lb/>
aus, und mancher, dem er vorgeſetzt iſt, wird<lb/>
zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder<lb/>
genoͤthigt. Jch wuͤrde dieſe aus manchen<lb/>
Geſpraͤchen abgezogne Bemerkungen nicht<lb/>
niedergeſchrieben haben, wenn ich nicht gerne<lb/>
ausgezeichnete Dienſtkoͤpfe warnen moͤchte,<lb/>ſich nicht durch ſproͤde Laune ohne Noth<lb/>
furchtbar, wenigſtens unbeliebt zu machen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[300/0317]
ein, in jeder zu ſeinem Fach erforderlichen
Wiſſenſchaft vollkommen unterrichteter und
in ihrer Scienz lebender und webender
Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.
Scienz, Charakter und Temperament
ſetzen bisweilen Dienſtideale zuſammen, die
ſich weder mit dem alten Ordo rerum ver-
tragen, noch der neue erreichen wird, wenn
ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie-
hung treulich zu Huͤlfe kommt, und bey ſei-
ner Einfuͤhrung nicht ſehr umſichtig, oft ſo-
gar nachſichtig verfahren wird. Wer den
Felſen der Staatsverwaltung mit einem un-
geſchmeidigen Stabe beruͤhrt, laͤßt oft Bit-
terwaſſer aus ihm ſpringen, auch wenn er
gewiß ſuͤßes zu ſchaffen wuͤnſcht, und mengt
er in ſeine oft nothwendigen Widerſtrebun-
gen Cauſticitaͤt, ſo legt man ſie ihm fuͤr
Unwillen gegen jeden uͤber ihm ſtehenden
aus, und mancher, dem er vorgeſetzt iſt, wird
zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder
genoͤthigt. Jch wuͤrde dieſe aus manchen
Geſpraͤchen abgezogne Bemerkungen nicht
niedergeſchrieben haben, wenn ich nicht gerne
ausgezeichnete Dienſtkoͤpfe warnen moͤchte,
ſich nicht durch ſproͤde Laune ohne Noth
furchtbar, wenigſtens unbeliebt zu machen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/317>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.