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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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und meinem patriotischen Gefühl Beruhi-
gung geschafft hatte.

Am 11. December ward ich so bedeutend
krank, daß ich in manchen Stunden mich
meines Todes gewiß glaubte. Da ich meine
Gattin in gleicher Gefahr sah und wußte,
so fand ich etwas beruhigendes in dem Ge-
danken, kurz vor ihr oder bald nach ihr ster-
ben zu können, denn unter so alt beysam-
men gewordnen Eheleuten muß langes Zu-
rückbleiben des Einen hinter dem andern
höchst unbehaglich seyn, theils weil der Zu-
rückbleibende einen neuen Zuwachs von Sor-
gen durch das bekommt, was der nun nicht
mehr Lebende übernommen hatte, theils weil
man gewohnt ist, nichts allein, also auch
nicht das Leben, zu genießen, in welchem
manches einem nur dadurch interessant wird,
wenn man sieht, daß es auch dem andern
Freude macht.

Die Betthüterey, von der unser scharf-
sinniger, scharfsichtiger und dreuster Arzt und
Freund Motherby uns endlich befreyte,
entband mich vom Abschiedsbesuchanneh-
men und machen. Hufeland kam vor
unser Bett und auch der liebe Nicolo-
vius,
von dem mir die Trennung recht

und meinem patriotiſchen Gefuͤhl Beruhi-
gung geſchafft hatte.

Am 11. December ward ich ſo bedeutend
krank, daß ich in manchen Stunden mich
meines Todes gewiß glaubte. Da ich meine
Gattin in gleicher Gefahr ſah und wußte,
ſo fand ich etwas beruhigendes in dem Ge-
danken, kurz vor ihr oder bald nach ihr ſter-
ben zu koͤnnen, denn unter ſo alt beyſam-
men gewordnen Eheleuten muß langes Zu-
ruͤckbleiben des Einen hinter dem andern
hoͤchſt unbehaglich ſeyn, theils weil der Zu-
ruͤckbleibende einen neuen Zuwachs von Sor-
gen durch das bekommt, was der nun nicht
mehr Lebende uͤbernommen hatte, theils weil
man gewohnt iſt, nichts allein, alſo auch
nicht das Leben, zu genießen, in welchem
manches einem nur dadurch intereſſant wird,
wenn man ſieht, daß es auch dem andern
Freude macht.

Die Betthuͤterey, von der unſer ſcharf-
ſinniger, ſcharfſichtiger und dreuſter Arzt und
Freund Motherby uns endlich befreyte,
entband mich vom Abſchiedsbeſuchanneh-
men und machen. Hufeland kam vor
unſer Bett und auch der liebe Nicolo-
vius,
von dem mir die Trennung recht

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[316/0333] und meinem patriotiſchen Gefuͤhl Beruhi- gung geſchafft hatte. Am 11. December ward ich ſo bedeutend krank, daß ich in manchen Stunden mich meines Todes gewiß glaubte. Da ich meine Gattin in gleicher Gefahr ſah und wußte, ſo fand ich etwas beruhigendes in dem Ge- danken, kurz vor ihr oder bald nach ihr ſter- ben zu koͤnnen, denn unter ſo alt beyſam- men gewordnen Eheleuten muß langes Zu- ruͤckbleiben des Einen hinter dem andern hoͤchſt unbehaglich ſeyn, theils weil der Zu- ruͤckbleibende einen neuen Zuwachs von Sor- gen durch das bekommt, was der nun nicht mehr Lebende uͤbernommen hatte, theils weil man gewohnt iſt, nichts allein, alſo auch nicht das Leben, zu genießen, in welchem manches einem nur dadurch intereſſant wird, wenn man ſieht, daß es auch dem andern Freude macht. Die Betthuͤterey, von der unſer ſcharf- ſinniger, ſcharfſichtiger und dreuſter Arzt und Freund Motherby uns endlich befreyte, entband mich vom Abſchiedsbeſuchanneh- men und machen. Hufeland kam vor unſer Bett und auch der liebe Nicolo- vius, von dem mir die Trennung recht

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/333>, abgerufen am 22.11.2024.