auch die Schnelligkeit veranlaßte, mit der ich mich von manchen Dingen, die mir zum Bedürfniß geworden waren, entwöhnen konnte, ohne zu ihnen zurück zu kehren, ingleichen meinen Widerwillen gegen das Dingen bey Einkäufen. Jch biete gern gleich mein Höchstmöglichstes, und stehe lie- ber vom Kauf ab, als daß ich zulege.
Meine Offenheit gränzt bisweilen an das Unbedachtsame, und es kommt mir selbst und meinen Freunden manchmal wun- derbar vor, daß man sie mir beynah durch- gängig zu gut hält. Jch sage mein Urtheil, wenns verlangt wird, ins Gesicht, und bin nicht minder unbefangen beym Rathgeben. Der Grund von der Nachsicht meiner Freunde und Bekannten liegt vielleicht in ihrem An- erkennen meiner innigsten Liebe zur Wahr- heit, die es mir nie erlaubt, etwas abzu- leugnen, was mich betrifft, und gereichte auch das Bekenntniß zu meinem offenbaren Schaden, so oft ich dem Frager eine Be- fugniß zum Fragen zugestehe. Diese Offen- heit ist aber kein Verdienst an mir, weil es, wie gesagt, mir von Natur unmöglich ist, etwas abzuleugnen oder verschlossen zu seyn. Freylich läßt sich nicht jede Wahrheit in die
auch die Schnelligkeit veranlaßte, mit der ich mich von manchen Dingen, die mir zum Beduͤrfniß geworden waren, entwoͤhnen konnte, ohne zu ihnen zuruͤck zu kehren, ingleichen meinen Widerwillen gegen das Dingen bey Einkaͤufen. Jch biete gern gleich mein Hoͤchſtmoͤglichſtes, und ſtehe lie- ber vom Kauf ab, als daß ich zulege.
Meine Offenheit graͤnzt bisweilen an das Unbedachtſame, und es kommt mir ſelbſt und meinen Freunden manchmal wun- derbar vor, daß man ſie mir beynah durch- gaͤngig zu gut haͤlt. Jch ſage mein Urtheil, wenns verlangt wird, ins Geſicht, und bin nicht minder unbefangen beym Rathgeben. Der Grund von der Nachſicht meiner Freunde und Bekannten liegt vielleicht in ihrem An- erkennen meiner innigſten Liebe zur Wahr- heit, die es mir nie erlaubt, etwas abzu- leugnen, was mich betrifft, und gereichte auch das Bekenntniß zu meinem offenbaren Schaden, ſo oft ich dem Frager eine Be- fugniß zum Fragen zugeſtehe. Dieſe Offen- heit iſt aber kein Verdienſt an mir, weil es, wie geſagt, mir von Natur unmoͤglich iſt, etwas abzuleugnen oder verſchloſſen zu ſeyn. Freylich laͤßt ſich nicht jede Wahrheit in die
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auch die Schnelligkeit veranlaßte, mit der
ich mich von manchen Dingen, die mir zum
Beduͤrfniß geworden waren, entwoͤhnen
konnte, ohne zu ihnen zuruͤck zu kehren,
ingleichen meinen Widerwillen gegen das
Dingen bey Einkaͤufen. Jch biete gern
gleich mein Hoͤchſtmoͤglichſtes, und ſtehe lie-
ber vom Kauf ab, als daß ich zulege.
Meine Offenheit graͤnzt bisweilen
an das Unbedachtſame, und es kommt mir
ſelbſt und meinen Freunden manchmal wun-
derbar vor, daß man ſie mir beynah durch-
gaͤngig zu gut haͤlt. Jch ſage mein Urtheil,
wenns verlangt wird, ins Geſicht, und bin
nicht minder unbefangen beym Rathgeben.
Der Grund von der Nachſicht meiner Freunde
und Bekannten liegt vielleicht in ihrem An-
erkennen meiner innigſten Liebe zur Wahr-
heit, die es mir nie erlaubt, etwas abzu-
leugnen, was mich betrifft, und gereichte
auch das Bekenntniß zu meinem offenbaren
Schaden, ſo oft ich dem Frager eine Be-
fugniß zum Fragen zugeſtehe. Dieſe Offen-
heit iſt aber kein Verdienſt an mir, weil es,
wie geſagt, mir von Natur unmoͤglich iſt,
etwas abzuleugnen oder verſchloſſen zu ſeyn.
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/351>, abgerufen am 22.11.2024.
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