Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.den preußischen, dem Hofe nachgezogenen Dienstleuten manche interessante Bekanntschaft, die mir mit unter Gelegenheit gab, die oft wunderliche Zusammensetzung vieler preußi- schen Regierungsrecepte einzusehen, mir das Verfehlen vieler guten Absichten zu erklären, und mich zu überzeugen, daß ohn' eine starke Reform in realibus und eine gewiß nicht schwä- chere in personalibus kein Klügerwerden aus erlittenem Schaden, mithin keine Besserung sich erwarten lasse. Erinnerung an vergangne Fehler ist unangenehm; Erwartung künfti- ger, nicht kleinerer, ist schreckhaft. Wer ein Böfes abschafft, und nicht Gutes in die Stel- le setzt, macht mehrentheils Uebel ärger; ja selbst, wenn man das Gute hinstellt, ohn' es gehörig in Gang zu bringen und seinen Fort- gang möglichst zu sichern, erfolgt entweder bald unvortheilhafter Stillstand, oder das Gu- te kann sich erst in der dritten Generation her- vordrängen. Unter diesen Bekanntschaften nenn' ich hier nur den Minister Baron Hardenberg. *) *) jetzt 1815 Fürst und Staatscanzler.
den preußiſchen, dem Hofe nachgezogenen Dienſtleuten manche intereſſante Bekanntſchaft, die mir mit unter Gelegenheit gab, die oft wunderliche Zuſammenſetzung vieler preußi- ſchen Regierungsrecepte einzuſehen, mir das Verfehlen vieler guten Abſichten zu erklaͤren, und mich zu uͤberzeugen, daß ohn’ eine ſtarke Reform in realibus und eine gewiß nicht ſchwaͤ- chere in personalibus kein Kluͤgerwerden aus erlittenem Schaden, mithin keine Beſſerung ſich erwarten laſſe. Erinnerung an vergangne Fehler iſt unangenehm; Erwartung kuͤnfti- ger, nicht kleinerer, iſt ſchreckhaft. Wer ein Boͤfes abſchafft, und nicht Gutes in die Stel- le ſetzt, macht mehrentheils Uebel aͤrger; ja ſelbſt, wenn man das Gute hinſtellt, ohn’ es gehoͤrig in Gang zu bringen und ſeinen Fort- gang moͤglichſt zu ſichern, erfolgt entweder bald unvortheilhafter Stillſtand, oder das Gu- te kann ſich erſt in der dritten Generation her- vordraͤngen. Unter dieſen Bekanntſchaften nenn’ ich hier nur den Miniſter Baron Hardenberg. *) *) jetzt 1815 Fuͤrſt und Staatscanzler.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <list> <item><pb facs="#f0567" n="6"/> den preußiſchen, dem Hofe nachgezogenen<lb/> Dienſtleuten manche intereſſante Bekanntſchaft,<lb/> die mir mit unter Gelegenheit gab, die oft<lb/> wunderliche Zuſammenſetzung vieler preußi-<lb/> ſchen Regierungsrecepte einzuſehen, mir das<lb/> Verfehlen vieler guten Abſichten zu erklaͤren,<lb/> und mich zu uͤberzeugen, daß ohn’ eine ſtarke<lb/> Reform in <hi rendition="#aq">realibus</hi> und eine gewiß nicht ſchwaͤ-<lb/> chere in <hi rendition="#aq">personalibus</hi> kein Kluͤgerwerden aus<lb/> erlittenem Schaden, mithin keine Beſſerung<lb/> ſich erwarten laſſe. Erinnerung an vergangne<lb/> Fehler iſt unangenehm; Erwartung kuͤnfti-<lb/> ger, nicht kleinerer, iſt ſchreckhaft. Wer ein<lb/> Boͤfes abſchafft, und nicht Gutes in die Stel-<lb/> le ſetzt, macht mehrentheils Uebel aͤrger; ja<lb/> ſelbſt, wenn man das Gute hinſtellt, ohn’ es<lb/> gehoͤrig in Gang zu bringen und ſeinen Fort-<lb/> gang moͤglichſt zu <hi rendition="#g">ſichern,</hi> erfolgt entweder<lb/> bald unvortheilhafter Stillſtand, oder das Gu-<lb/> te kann ſich erſt in der dritten Generation her-<lb/> vordraͤngen.</item><lb/> <item>Unter dieſen Bekanntſchaften nenn’ ich<lb/> hier nur den Miniſter Baron <hi rendition="#g">Hardenberg.</hi> <note place="foot" n="*)">jetzt 1815 Fuͤrſt und Staatscanzler.</note><lb/></item> </list> </div> </body> </text> </TEI> [6/0567]
den preußiſchen, dem Hofe nachgezogenen
Dienſtleuten manche intereſſante Bekanntſchaft,
die mir mit unter Gelegenheit gab, die oft
wunderliche Zuſammenſetzung vieler preußi-
ſchen Regierungsrecepte einzuſehen, mir das
Verfehlen vieler guten Abſichten zu erklaͤren,
und mich zu uͤberzeugen, daß ohn’ eine ſtarke
Reform in realibus und eine gewiß nicht ſchwaͤ-
chere in personalibus kein Kluͤgerwerden aus
erlittenem Schaden, mithin keine Beſſerung
ſich erwarten laſſe. Erinnerung an vergangne
Fehler iſt unangenehm; Erwartung kuͤnfti-
ger, nicht kleinerer, iſt ſchreckhaft. Wer ein
Boͤfes abſchafft, und nicht Gutes in die Stel-
le ſetzt, macht mehrentheils Uebel aͤrger; ja
ſelbſt, wenn man das Gute hinſtellt, ohn’ es
gehoͤrig in Gang zu bringen und ſeinen Fort-
gang moͤglichſt zu ſichern, erfolgt entweder
bald unvortheilhafter Stillſtand, oder das Gu-
te kann ſich erſt in der dritten Generation her-
vordraͤngen.
Unter dieſen Bekanntſchaften nenn’ ich
hier nur den Miniſter Baron Hardenberg. *)
*) jetzt 1815 Fuͤrſt und Staatscanzler.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |