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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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eultät gekommenen L'Estocq waren, Can-
didat beyder Rechte werden konnte; unter-
dessen las ich doch unbeschreiblich lieber im
Hagedorn etc. als im Böhmer und Hel-
neccius,
und den Horaz liebt' ich bis
zum Auswendiglernen.

Wilhelm von L'Estocq wurde nun zur
preußischen Armee geschafft, wo er unter den
damaligen Ziethenschen Husaren seinen Sol-
datenlauf anhob. Jch sollte beym Panier
der Themis bleiben, und um nicht während
des russischen Jnterims einen Dienst anneh-
men zu dürfen, zumal da die Drangsale,
die meine Eltern auf dem Lande beym Ein-
rücken der feindlichen Truppen gelitten, sie
ihrem angebohrnen Könige wo möglich noch
ergebener und ihnen die Russen noch ver-
haßter gemacht hatten, überredete mich mein
bisheriger Lehrer, die höchst unbedeutende
Secretairstelle bey einem damals in Königs-
berg lebenden Herzoge Carl von Holstein-
Beck anzunehmen. Dieser, eine kärgliche
Pension aus Dännemark genießende Fürst
wurde von vielen für einen Geisteszwerg an-
gesehen, ob ich gleich in der Folge fand,
daß mancher seiner Hochrichter ein wahrer
Liliputer gegen ihn war. Sein größter Feh-

eultaͤt gekommenen L’Eſtocq waren, Can-
didat beyder Rechte werden konnte; unter-
deſſen las ich doch unbeſchreiblich lieber im
Hagedorn ꝛc. als im Boͤhmer und Hel-
neccius,
und den Horaz liebt’ ich bis
zum Auswendiglernen.

Wilhelm von L’Eſtocq wurde nun zur
preußiſchen Armee geſchafft, wo er unter den
damaligen Ziethenſchen Huſaren ſeinen Sol-
datenlauf anhob. Jch ſollte beym Panier
der Themis bleiben, und um nicht waͤhrend
des ruſſiſchen Jnterims einen Dienſt anneh-
men zu duͤrfen, zumal da die Drangſale,
die meine Eltern auf dem Lande beym Ein-
ruͤcken der feindlichen Truppen gelitten, ſie
ihrem angebohrnen Koͤnige wo moͤglich noch
ergebener und ihnen die Ruſſen noch ver-
haßter gemacht hatten, uͤberredete mich mein
bisheriger Lehrer, die hoͤchſt unbedeutende
Secretairſtelle bey einem damals in Koͤnigs-
berg lebenden Herzoge Carl von Holſtein-
Beck anzunehmen. Dieſer, eine kaͤrgliche
Penſion aus Daͤnnemark genießende Fuͤrſt
wurde von vielen fuͤr einen Geiſteszwerg an-
geſehen, ob ich gleich in der Folge fand,
daß mancher ſeiner Hochrichter ein wahrer
Liliputer gegen ihn war. Sein groͤßter Feh-

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[71/0088] eultaͤt gekommenen L’Eſtocq waren, Can- didat beyder Rechte werden konnte; unter- deſſen las ich doch unbeſchreiblich lieber im Hagedorn ꝛc. als im Boͤhmer und Hel- neccius, und den Horaz liebt’ ich bis zum Auswendiglernen. Wilhelm von L’Eſtocq wurde nun zur preußiſchen Armee geſchafft, wo er unter den damaligen Ziethenſchen Huſaren ſeinen Sol- datenlauf anhob. Jch ſollte beym Panier der Themis bleiben, und um nicht waͤhrend des ruſſiſchen Jnterims einen Dienſt anneh- men zu duͤrfen, zumal da die Drangſale, die meine Eltern auf dem Lande beym Ein- ruͤcken der feindlichen Truppen gelitten, ſie ihrem angebohrnen Koͤnige wo moͤglich noch ergebener und ihnen die Ruſſen noch ver- haßter gemacht hatten, uͤberredete mich mein bisheriger Lehrer, die hoͤchſt unbedeutende Secretairſtelle bey einem damals in Koͤnigs- berg lebenden Herzoge Carl von Holſtein- Beck anzunehmen. Dieſer, eine kaͤrgliche Penſion aus Daͤnnemark genießende Fuͤrſt wurde von vielen fuͤr einen Geiſteszwerg an- geſehen, ob ich gleich in der Folge fand, daß mancher ſeiner Hochrichter ein wahrer Liliputer gegen ihn war. Sein groͤßter Feh-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/88>, abgerufen am 25.11.2024.