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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Zusatz 2. Unmittelbar aus einer solchen Religion konnte Mytho-
logie entspringen, weil jene auf Tradition gegründet war.

Zusatz 3. Die Ideen dieser Religion an und für sich selbst konn-
ten nicht mythologisch seyn. Denn sie sind durchaus unsinnlich. Beweis
an der Dreieinigkeit, den Engeln u. s. w.

Zusatz 4. Nur in der Historie konnte eine solche Religion my-
thologischer Stoff werden. Denn nur darin erlangen sie (die Ideen)
eine Unabhängigkeit von ihrer Bedeutung.

§. 53. Wie dort die Ideen vorzugsweise nur in dem
Seyn, so konnten sie hier nur in dem Handeln objektiv
werden
. -- Denn jede Idee ist = Einheit des Unendlichen und End-
lichen, diese hier aber nur durch Handlung, wie dort durch das Ent-
gegengesetzte, also durch Seyn.

§. 54. Die Grundanschauung aller Symbolik der letz-
ten Art war nothwendig die Kirche
. Denn in der Mythologie
der andern Art wird das Universum oder Gott angeschaut in der Ge-
schichte (vergl. §. 47). Nun ist aber der Typus oder die Form der
Geschichte Getrenntheit im Einzelnen und Einheit im Ganzen (etwas,
das hier als in der Philosophie zu Beweisendes vorausgesetzt wird),
also konnte in jener Art der Symbolik Gott überhaupt nur objektiv
werden als das vereinende Princip der Einheit im Ganzen und der
Getrenntheit im Einzelnen. Dieß aber konnte nur in der Kirche
geschehen (wo auch unmittelbare Anschauung Gottes), denn in der
objektiven Welt war keine andere Synthese dieser Art (z. B. in der
Staatsverfassung, in der Geschichte selbst könnte diese Synthese wieder
nur im Ganzen objektiv werden, d.h. in der unendlichen Zeit, aber
nicht gegenwärtig).

Zusatz. Die Kirche ist als ein Kunstwerk zu betrachten.

§. 55. Die äußere Handlung, in welcher die Einheit
des Unendlichen und Endlichen ausgedrückt wird, ist sym-
bolisch
. -- Denn sie ist Darstellung der Einheit des Unendlichen und
Endlichen im Endlichen oder Besonderen.

§. 56. Dieselbe Handlung, insofern sie bloß innerlich

Zuſatz 2. Unmittelbar aus einer ſolchen Religion konnte Mytho-
logie entſpringen, weil jene auf Tradition gegründet war.

Zuſatz 3. Die Ideen dieſer Religion an und für ſich ſelbſt konn-
ten nicht mythologiſch ſeyn. Denn ſie ſind durchaus unſinnlich. Beweis
an der Dreieinigkeit, den Engeln u. ſ. w.

Zuſatz 4. Nur in der Hiſtorie konnte eine ſolche Religion my-
thologiſcher Stoff werden. Denn nur darin erlangen ſie (die Ideen)
eine Unabhängigkeit von ihrer Bedeutung.

§. 53. Wie dort die Ideen vorzugsweiſe nur in dem
Seyn, ſo konnten ſie hier nur in dem Handeln objektiv
werden
. — Denn jede Idee iſt = Einheit des Unendlichen und End-
lichen, dieſe hier aber nur durch Handlung, wie dort durch das Ent-
gegengeſetzte, alſo durch Seyn.

§. 54. Die Grundanſchauung aller Symbolik der letz-
ten Art war nothwendig die Kirche
. Denn in der Mythologie
der andern Art wird das Univerſum oder Gott angeſchaut in der Ge-
ſchichte (vergl. §. 47). Nun iſt aber der Typus oder die Form der
Geſchichte Getrenntheit im Einzelnen und Einheit im Ganzen (etwas,
das hier als in der Philoſophie zu Beweiſendes vorausgeſetzt wird),
alſo konnte in jener Art der Symbolik Gott überhaupt nur objektiv
werden als das vereinende Princip der Einheit im Ganzen und der
Getrenntheit im Einzelnen. Dieß aber konnte nur in der Kirche
geſchehen (wo auch unmittelbare Anſchauung Gottes), denn in der
objektiven Welt war keine andere Syntheſe dieſer Art (z. B. in der
Staatsverfaſſung, in der Geſchichte ſelbſt könnte dieſe Syntheſe wieder
nur im Ganzen objektiv werden, d.h. in der unendlichen Zeit, aber
nicht gegenwärtig).

Zuſatz. Die Kirche iſt als ein Kunſtwerk zu betrachten.

§. 55. Die äußere Handlung, in welcher die Einheit
des Unendlichen und Endlichen ausgedrückt wird, iſt ſym-
boliſch
. — Denn ſie iſt Darſtellung der Einheit des Unendlichen und
Endlichen im Endlichen oder Beſonderen.

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[455/0131] Zuſatz 2. Unmittelbar aus einer ſolchen Religion konnte Mytho- logie entſpringen, weil jene auf Tradition gegründet war. Zuſatz 3. Die Ideen dieſer Religion an und für ſich ſelbſt konn- ten nicht mythologiſch ſeyn. Denn ſie ſind durchaus unſinnlich. Beweis an der Dreieinigkeit, den Engeln u. ſ. w. Zuſatz 4. Nur in der Hiſtorie konnte eine ſolche Religion my- thologiſcher Stoff werden. Denn nur darin erlangen ſie (die Ideen) eine Unabhängigkeit von ihrer Bedeutung. §. 53. Wie dort die Ideen vorzugsweiſe nur in dem Seyn, ſo konnten ſie hier nur in dem Handeln objektiv werden. — Denn jede Idee iſt = Einheit des Unendlichen und End- lichen, dieſe hier aber nur durch Handlung, wie dort durch das Ent- gegengeſetzte, alſo durch Seyn. §. 54. Die Grundanſchauung aller Symbolik der letz- ten Art war nothwendig die Kirche. Denn in der Mythologie der andern Art wird das Univerſum oder Gott angeſchaut in der Ge- ſchichte (vergl. §. 47). Nun iſt aber der Typus oder die Form der Geſchichte Getrenntheit im Einzelnen und Einheit im Ganzen (etwas, das hier als in der Philoſophie zu Beweiſendes vorausgeſetzt wird), alſo konnte in jener Art der Symbolik Gott überhaupt nur objektiv werden als das vereinende Princip der Einheit im Ganzen und der Getrenntheit im Einzelnen. Dieß aber konnte nur in der Kirche geſchehen (wo auch unmittelbare Anſchauung Gottes), denn in der objektiven Welt war keine andere Syntheſe dieſer Art (z. B. in der Staatsverfaſſung, in der Geſchichte ſelbſt könnte dieſe Syntheſe wieder nur im Ganzen objektiv werden, d.h. in der unendlichen Zeit, aber nicht gegenwärtig). Zuſatz. Die Kirche iſt als ein Kunſtwerk zu betrachten. §. 55. Die äußere Handlung, in welcher die Einheit des Unendlichen und Endlichen ausgedrückt wird, iſt ſym- boliſch. — Denn ſie iſt Darſtellung der Einheit des Unendlichen und Endlichen im Endlichen oder Beſonderen. §. 56. Dieſelbe Handlung, inſofern ſie bloß innerlich

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/131>, abgerufen am 26.11.2024.