gleichmäßig sich findet, ist: daß in Cartesius der Dualismus in der neueren Cultur zuerst in wissenschaftlicher Form sich ausge- sprochen habe. Dieser also, sowie vielleicht auch der Tadel über Leibniz' Theodicee (S. 14) als "ein Verfallen in die Unphilo- sophie", wie es Schelling in einer im nächsten Band zu ver- öffentlichenden Darstellung der Leibnizischen Philosophie aus jener Zeit geradezu nennt, wird wohl Letzterem zuzuschreiben seyn.
Citationen der Einleitung ins Kritische Journal in gelehrten Zeitschriften, wie z. B. Leipziger Literaturzeitung 1812, Nro. 90 (Recension von Schellings Schrift gegen Jacobi), zeigen, daß man früher nicht daran zweifelte, dieselbe enthalte nur Schellingsche Ge- danken. Doch läge hierin noch kein Beweis, so wenig als in Bach- manns Zeugniß für den Hegelschen Ursprung der Abhandlung über die Construktion in der Philosophie.
Obwohl (um gleich auch die anderen aus dem Kritischen Jour- nal der Philosophie aufgenommenen Stücke durchzugehen) obwohl der Aufsatz: Rückert und Weiß oder die Philosophie, zu der es keines Denkens bedarf, in Hegels Werke nicht aufgenommen worden war, so wurden doch nachträglich Stimmen laut, welche ihn für diese in Anspruch nahmen. "Dieselbe leichte Ironie, mit welcher Hegel Krug abfertigte, dieselbe logische Bestimmtheit, derselbe Gang der Analyse walten auch hier." Man könnte billigerweise fragen, ob denn Schelling von diesen Eigenschaften so verlassen ge- wesen; man dürfte ferner nur z. B. auf die ebenfalls im Kritischen Journal erschienene, aber wohl deßhalb, weil sie im Notizenblatt steht, wenig oder gar nicht beachtete Villerssche Recension hinweisen, die an leichter Behandlung und logischer Schärfe der Rückertschen nichts nachgibt. Allein es bedarf dessen nicht, denn es ist ein äußerer, von allen subjektiven Ansichten unabhängiger Grund vorhanden, nach welchem der Verfasser jenes Aufsatzes kein anderer als Schelling ist. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, daß dieser das Notizenblatt im Kritischen Journal (S. 164 ff.) geschrieben hat, aus der Nro. 5 desselben aber (S. 181), in der Schellings Feder ganz besonders
gleichmäßig ſich findet, iſt: daß in Carteſius der Dualismus in der neueren Cultur zuerſt in wiſſenſchaftlicher Form ſich ausge- ſprochen habe. Dieſer alſo, ſowie vielleicht auch der Tadel über Leibniz’ Theodicee (S. 14) als „ein Verfallen in die Unphilo- ſophie“, wie es Schelling in einer im nächſten Band zu ver- öffentlichenden Darſtellung der Leibniziſchen Philoſophie aus jener Zeit geradezu nennt, wird wohl Letzterem zuzuſchreiben ſeyn.
Citationen der Einleitung ins Kritiſche Journal in gelehrten Zeitſchriften, wie z. B. Leipziger Literaturzeitung 1812, Nro. 90 (Recenſion von Schellings Schrift gegen Jacobi), zeigen, daß man früher nicht daran zweifelte, dieſelbe enthalte nur Schellingſche Ge- danken. Doch läge hierin noch kein Beweis, ſo wenig als in Bach- manns Zeugniß für den Hegelſchen Urſprung der Abhandlung über die Conſtruktion in der Philoſophie.
Obwohl (um gleich auch die anderen aus dem Kritiſchen Jour- nal der Philoſophie aufgenommenen Stücke durchzugehen) obwohl der Aufſatz: Rückert und Weiß oder die Philoſophie, zu der es keines Denkens bedarf, in Hegels Werke nicht aufgenommen worden war, ſo wurden doch nachträglich Stimmen laut, welche ihn für dieſe in Anſpruch nahmen. „Dieſelbe leichte Ironie, mit welcher Hegel Krug abfertigte, dieſelbe logiſche Beſtimmtheit, derſelbe Gang der Analyſe walten auch hier.“ Man könnte billigerweiſe fragen, ob denn Schelling von dieſen Eigenſchaften ſo verlaſſen ge- weſen; man dürfte ferner nur z. B. auf die ebenfalls im Kritiſchen Journal erſchienene, aber wohl deßhalb, weil ſie im Notizenblatt ſteht, wenig oder gar nicht beachtete Villersſche Recenſion hinweiſen, die an leichter Behandlung und logiſcher Schärfe der Rückertſchen nichts nachgibt. Allein es bedarf deſſen nicht, denn es iſt ein äußerer, von allen ſubjektiven Anſichten unabhängiger Grund vorhanden, nach welchem der Verfaſſer jenes Aufſatzes kein anderer als Schelling iſt. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, daß dieſer das Notizenblatt im Kritiſchen Journal (S. 164 ff.) geſchrieben hat, aus der Nro. 5 deſſelben aber (S. 181), in der Schellings Feder ganz beſonders
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[IX/0017]
gleichmäßig ſich findet, iſt: daß in Carteſius der Dualismus in
der neueren Cultur zuerſt in wiſſenſchaftlicher Form ſich ausge-
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Leibniz’ Theodicee (S. 14) als „ein Verfallen in die Unphilo-
ſophie“, wie es Schelling in einer im nächſten Band zu ver-
öffentlichenden Darſtellung der Leibniziſchen Philoſophie aus jener
Zeit geradezu nennt, wird wohl Letzterem zuzuſchreiben ſeyn.
Citationen der Einleitung ins Kritiſche Journal in gelehrten
Zeitſchriften, wie z. B. Leipziger Literaturzeitung 1812, Nro. 90
(Recenſion von Schellings Schrift gegen Jacobi), zeigen, daß man
früher nicht daran zweifelte, dieſelbe enthalte nur Schellingſche Ge-
danken. Doch läge hierin noch kein Beweis, ſo wenig als in Bach-
manns Zeugniß für den Hegelſchen Urſprung der Abhandlung über
die Conſtruktion in der Philoſophie.
Obwohl (um gleich auch die anderen aus dem Kritiſchen Jour-
nal der Philoſophie aufgenommenen Stücke durchzugehen) obwohl
der Aufſatz: Rückert und Weiß oder die Philoſophie, zu der
es keines Denkens bedarf, in Hegels Werke nicht aufgenommen
worden war, ſo wurden doch nachträglich Stimmen laut, welche
ihn für dieſe in Anſpruch nahmen. „Dieſelbe leichte Ironie, mit
welcher Hegel Krug abfertigte, dieſelbe logiſche Beſtimmtheit, derſelbe
Gang der Analyſe walten auch hier.“ Man könnte billigerweiſe
fragen, ob denn Schelling von dieſen Eigenſchaften ſo verlaſſen ge-
weſen; man dürfte ferner nur z. B. auf die ebenfalls im Kritiſchen
Journal erſchienene, aber wohl deßhalb, weil ſie im Notizenblatt ſteht,
wenig oder gar nicht beachtete Villersſche Recenſion hinweiſen, die an
leichter Behandlung und logiſcher Schärfe der Rückertſchen nichts
nachgibt. Allein es bedarf deſſen nicht, denn es iſt ein äußerer, von
allen ſubjektiven Anſichten unabhängiger Grund vorhanden, nach
welchem der Verfaſſer jenes Aufſatzes kein anderer als Schelling iſt.
Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, daß dieſer das Notizenblatt
im Kritiſchen Journal (S. 164 ff.) geſchrieben hat, aus der Nro. 5
deſſelben aber (S. 181), in der Schellings Feder ganz beſonders
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/17>, abgerufen am 03.12.2024.
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