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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Erscheinung in die Sphäre der Objektivität fallen. Nur als relativ-Ideales
und demnach in seiner Entgegensetzung zugleich und relativer Einheit
mit dem Körper kann es als Licht erscheinen.

Es fragt sich, wie eine Einheit zwischen dem Licht und dem Körper
denkbar sey. Nach unsern Grundsätzen können wir keine unmittelbare
Wirkung beider aufeinander zugeben. So wenig wir annehmen können,
daß die Seele unmittelbare Ursache einer Wirkung in dem Leib oder
umgekehrt der Leib in der Seele werden könne, ebensowenig können
wir das Licht unmittelbar auf die Körper, oder hinwiederum diese un-
mittelbar auf das Licht wirken lassen. Licht und Körper können also
überhaupt nur durch prästabilirte Harmonie eins seyn, und nur durch
das, worin sie eins sind, nicht aber durch ein einseitiges Causalver-
hältniß aufeinander wirken. Es ist die Schwere, welche hier in der
höheren Potenz wieder eintritt, die absolute Identität, welche, es sey
nun in Reflexion oder Refraktion, Licht und Körper vereint. Der all-
gemeine Ausdruck nun des mit dem Körper synthesirten Lichts ist ge-
trübtes
Licht oder Farbe. Daher wäre als Zusatz zu §. 84 zu be-
merken:

Das Licht kann als Licht nur in der Entgegensetzung
mit dem Nicht-Licht, und demnach nur als Farbe
erscheinen.

Der Körper ist überhaupt Nicht-Licht, sowie das Licht dagegen
Nicht-Körper ist. So gewiß nun im empirischen Licht das absolute Licht
nur als relativ-Ideales erscheint, so gewiß kann es überhaupt nur in der
Entgegensetzung gegen das Reale erscheinen. Licht mit Nicht-Licht ver-
bunden ist nun allgemein getrübtes Licht, d. h. Farbe.

Die Lehre vom Ursprung der Farben ist keineswegs für die Theorie
der Kunst unwichtig, obgleich es eine bekannte Sache ist, daß kein
neuerer Künstler, der über seine Kunst nachgedacht, von der Newton-
schen Farbentheorie je eine Anwendung machte. Aber schon dieß könnte
hinreichen zu beweisen, wie gänzlich ungegründet in der Natur sie ist,
denn Natur und Kunst sind eins. Der Instinkt der Künstler lehrte
sie den allgemeinen Gegensatz der Farben, den sie als Gegensatz von
Kälte und Wärme ausdrückten, ganz unabhängig von den Newtonschen

Erſcheinung in die Sphäre der Objektivität fallen. Nur als relativ-Ideales
und demnach in ſeiner Entgegenſetzung zugleich und relativer Einheit
mit dem Körper kann es als Licht erſcheinen.

Es fragt ſich, wie eine Einheit zwiſchen dem Licht und dem Körper
denkbar ſey. Nach unſern Grundſätzen können wir keine unmittelbare
Wirkung beider aufeinander zugeben. So wenig wir annehmen können,
daß die Seele unmittelbare Urſache einer Wirkung in dem Leib oder
umgekehrt der Leib in der Seele werden könne, ebenſowenig können
wir das Licht unmittelbar auf die Körper, oder hinwiederum dieſe un-
mittelbar auf das Licht wirken laſſen. Licht und Körper können alſo
überhaupt nur durch präſtabilirte Harmonie eins ſeyn, und nur durch
das, worin ſie eins ſind, nicht aber durch ein einſeitiges Cauſalver-
hältniß aufeinander wirken. Es iſt die Schwere, welche hier in der
höheren Potenz wieder eintritt, die abſolute Identität, welche, es ſey
nun in Reflexion oder Refraktion, Licht und Körper vereint. Der all-
gemeine Ausdruck nun des mit dem Körper ſyntheſirten Lichts iſt ge-
trübtes
Licht oder Farbe. Daher wäre als Zuſatz zu §. 84 zu be-
merken:

Das Licht kann als Licht nur in der Entgegenſetzung
mit dem Nicht-Licht, und demnach nur als Farbe
erſcheinen.

Der Körper iſt überhaupt Nicht-Licht, ſowie das Licht dagegen
Nicht-Körper iſt. So gewiß nun im empiriſchen Licht das abſolute Licht
nur als relativ-Ideales erſcheint, ſo gewiß kann es überhaupt nur in der
Entgegenſetzung gegen das Reale erſcheinen. Licht mit Nicht-Licht ver-
bunden iſt nun allgemein getrübtes Licht, d. h. Farbe.

Die Lehre vom Urſprung der Farben iſt keineswegs für die Theorie
der Kunſt unwichtig, obgleich es eine bekannte Sache iſt, daß kein
neuerer Künſtler, der über ſeine Kunſt nachgedacht, von der Newton-
ſchen Farbentheorie je eine Anwendung machte. Aber ſchon dieß könnte
hinreichen zu beweiſen, wie gänzlich ungegründet in der Natur ſie iſt,
denn Natur und Kunſt ſind eins. Der Inſtinkt der Künſtler lehrte
ſie den allgemeinen Gegenſatz der Farben, den ſie als Gegenſatz von
Kälte und Wärme ausdrückten, ganz unabhängig von den Newtonſchen

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[509/0185] Erſcheinung in die Sphäre der Objektivität fallen. Nur als relativ-Ideales und demnach in ſeiner Entgegenſetzung zugleich und relativer Einheit mit dem Körper kann es als Licht erſcheinen. Es fragt ſich, wie eine Einheit zwiſchen dem Licht und dem Körper denkbar ſey. Nach unſern Grundſätzen können wir keine unmittelbare Wirkung beider aufeinander zugeben. So wenig wir annehmen können, daß die Seele unmittelbare Urſache einer Wirkung in dem Leib oder umgekehrt der Leib in der Seele werden könne, ebenſowenig können wir das Licht unmittelbar auf die Körper, oder hinwiederum dieſe un- mittelbar auf das Licht wirken laſſen. Licht und Körper können alſo überhaupt nur durch präſtabilirte Harmonie eins ſeyn, und nur durch das, worin ſie eins ſind, nicht aber durch ein einſeitiges Cauſalver- hältniß aufeinander wirken. Es iſt die Schwere, welche hier in der höheren Potenz wieder eintritt, die abſolute Identität, welche, es ſey nun in Reflexion oder Refraktion, Licht und Körper vereint. Der all- gemeine Ausdruck nun des mit dem Körper ſyntheſirten Lichts iſt ge- trübtes Licht oder Farbe. Daher wäre als Zuſatz zu §. 84 zu be- merken: Das Licht kann als Licht nur in der Entgegenſetzung mit dem Nicht-Licht, und demnach nur als Farbe erſcheinen. Der Körper iſt überhaupt Nicht-Licht, ſowie das Licht dagegen Nicht-Körper iſt. So gewiß nun im empiriſchen Licht das abſolute Licht nur als relativ-Ideales erſcheint, ſo gewiß kann es überhaupt nur in der Entgegenſetzung gegen das Reale erſcheinen. Licht mit Nicht-Licht ver- bunden iſt nun allgemein getrübtes Licht, d. h. Farbe. Die Lehre vom Urſprung der Farben iſt keineswegs für die Theorie der Kunſt unwichtig, obgleich es eine bekannte Sache iſt, daß kein neuerer Künſtler, der über ſeine Kunſt nachgedacht, von der Newton- ſchen Farbentheorie je eine Anwendung machte. Aber ſchon dieß könnte hinreichen zu beweiſen, wie gänzlich ungegründet in der Natur ſie iſt, denn Natur und Kunſt ſind eins. Der Inſtinkt der Künſtler lehrte ſie den allgemeinen Gegenſatz der Farben, den ſie als Gegenſatz von Kälte und Wärme ausdrückten, ganz unabhängig von den Newtonſchen

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/185>, abgerufen am 21.11.2024.