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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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ist, ist im Organismus dem Stoffe vermählt; es ist nicht mehr bloß
rein ideelle Thätigkeit, wie in der allgemeinen Natur, sondern ideelle
Thätigkeit, die, mit dem Stoffe verbunden, das Attribut eines Existi-
renden ist. Ein und dasselbe ist zugleich die reelle und ideelle. Jedes
von außen Einwirkende macht an den Organismus die Forderung einer
bestimmten Dimension, so auch das Licht. Und wenn Sensibilität
überhaupt = dritter, das Sehen aber wieder die Blüthe der Sensi-
bilität ist, so ist die Forderung des Lichts an den Organismus Produkt
der dritten organischen Dimension, vollkommene Indifferenz des Lichts
und der Materie. Aber was ist denn Sehen auch anders?

Das ideelle Princip für sich wäre reines Denken, das reelle reines
Seyn. Allein das von außen sollicitirte Indifferenzvermögen des Or-
ganismus setzt Denken und Seyn immer wieder gleich. Denken syn-
thesirt mit Seyn aber ist anschauen. Das Anschauende ist die Iden-
tität selbst, welche hier in der reflektirten Welt wieder die Indifferenz
des Idealen und Realen darstellt. Es ist das Wesen, die Substanz
des Organismus -- aber eben deßwegen zugleich das absolut-, nicht
das bloß relativ-Ideale (wie im Licht) -- das Producirende, Anschauende.
Es ist das fühlende, hörende, sehende Princip auch im Thier. Es ist
das absolute Licht. Die allgemeine Bedingung der Anschauung
dieses Lichts ist die Indifferenz des A 2 und A = B. Nach der verschie-
denen Art, wie, oder den Bedingungen, unter welchen beide gleichge-
setzt werden, ist es z. B. hörendes, sehendes oder fühlendes Princip.
Jedes Sinnesorgan drückt für sich eine solche Indifferenz des Ideellen
und Reellen, des Lichts und der Schwere aus; in jeder solchen In-
differenz wird das Wesen, das An-sich des Organismus produktiv,
anschauend. Auch physisch genommen schaut das organische Wesen nicht
den Gegenstand außer sich an, es schaut nur die in ihm gesetzte In-
differenz des Ideellen und Reellen an. Diese tritt ihm an die Stelle
des Gegenstandes. Kraft der prästabilirten Harmonie zwischen der all-
gemeinen und der organischen Natur ist in den Anschauungen der letz-
teren dasselbe System, welches in den entsprechenden Formen der Außen-
welt ist. Die Harmonie des Dreiklangs ist etwas Objektives und doch

iſt, iſt im Organismus dem Stoffe vermählt; es iſt nicht mehr bloß
rein ideelle Thätigkeit, wie in der allgemeinen Natur, ſondern ideelle
Thätigkeit, die, mit dem Stoffe verbunden, das Attribut eines Exiſti-
renden iſt. Ein und daſſelbe iſt zugleich die reelle und ideelle. Jedes
von außen Einwirkende macht an den Organismus die Forderung einer
beſtimmten Dimenſion, ſo auch das Licht. Und wenn Senſibilität
überhaupt = dritter, das Sehen aber wieder die Blüthe der Senſi-
bilität iſt, ſo iſt die Forderung des Lichts an den Organismus Produkt
der dritten organiſchen Dimenſion, vollkommene Indifferenz des Lichts
und der Materie. Aber was iſt denn Sehen auch anders?

Das ideelle Princip für ſich wäre reines Denken, das reelle reines
Seyn. Allein das von außen ſollicitirte Indifferenzvermögen des Or-
ganismus ſetzt Denken und Seyn immer wieder gleich. Denken ſyn-
theſirt mit Seyn aber iſt anſchauen. Das Anſchauende iſt die Iden-
tität ſelbſt, welche hier in der reflektirten Welt wieder die Indifferenz
des Idealen und Realen darſtellt. Es iſt das Weſen, die Subſtanz
des Organismus — aber eben deßwegen zugleich das abſolut-, nicht
das bloß relativ-Ideale (wie im Licht) — das Producirende, Anſchauende.
Es iſt das fühlende, hörende, ſehende Princip auch im Thier. Es iſt
das abſolute Licht. Die allgemeine Bedingung der Anſchauung
dieſes Lichts iſt die Indifferenz des A 2 und A = B. Nach der verſchie-
denen Art, wie, oder den Bedingungen, unter welchen beide gleichge-
ſetzt werden, iſt es z. B. hörendes, ſehendes oder fühlendes Princip.
Jedes Sinnesorgan drückt für ſich eine ſolche Indifferenz des Ideellen
und Reellen, des Lichts und der Schwere aus; in jeder ſolchen In-
differenz wird das Weſen, das An-ſich des Organismus produktiv,
anſchauend. Auch phyſiſch genommen ſchaut das organiſche Weſen nicht
den Gegenſtand außer ſich an, es ſchaut nur die in ihm geſetzte In-
differenz des Ideellen und Reellen an. Dieſe tritt ihm an die Stelle
des Gegenſtandes. Kraft der präſtabilirten Harmonie zwiſchen der all-
gemeinen und der organiſchen Natur iſt in den Anſchauungen der letz-
teren daſſelbe Syſtem, welches in den entſprechenden Formen der Außen-
welt iſt. Die Harmonie des Dreiklangs iſt etwas Objektives und doch

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[515/0191] iſt, iſt im Organismus dem Stoffe vermählt; es iſt nicht mehr bloß rein ideelle Thätigkeit, wie in der allgemeinen Natur, ſondern ideelle Thätigkeit, die, mit dem Stoffe verbunden, das Attribut eines Exiſti- renden iſt. Ein und daſſelbe iſt zugleich die reelle und ideelle. Jedes von außen Einwirkende macht an den Organismus die Forderung einer beſtimmten Dimenſion, ſo auch das Licht. Und wenn Senſibilität überhaupt = dritter, das Sehen aber wieder die Blüthe der Senſi- bilität iſt, ſo iſt die Forderung des Lichts an den Organismus Produkt der dritten organiſchen Dimenſion, vollkommene Indifferenz des Lichts und der Materie. Aber was iſt denn Sehen auch anders? Das ideelle Princip für ſich wäre reines Denken, das reelle reines Seyn. Allein das von außen ſollicitirte Indifferenzvermögen des Or- ganismus ſetzt Denken und Seyn immer wieder gleich. Denken ſyn- theſirt mit Seyn aber iſt anſchauen. Das Anſchauende iſt die Iden- tität ſelbſt, welche hier in der reflektirten Welt wieder die Indifferenz des Idealen und Realen darſtellt. Es iſt das Weſen, die Subſtanz des Organismus — aber eben deßwegen zugleich das abſolut-, nicht das bloß relativ-Ideale (wie im Licht) — das Producirende, Anſchauende. Es iſt das fühlende, hörende, ſehende Princip auch im Thier. Es iſt das abſolute Licht. Die allgemeine Bedingung der Anſchauung dieſes Lichts iſt die Indifferenz des A 2 und A = B. Nach der verſchie- denen Art, wie, oder den Bedingungen, unter welchen beide gleichge- ſetzt werden, iſt es z. B. hörendes, ſehendes oder fühlendes Princip. Jedes Sinnesorgan drückt für ſich eine ſolche Indifferenz des Ideellen und Reellen, des Lichts und der Schwere aus; in jeder ſolchen In- differenz wird das Weſen, das An-ſich des Organismus produktiv, anſchauend. Auch phyſiſch genommen ſchaut das organiſche Weſen nicht den Gegenſtand außer ſich an, es ſchaut nur die in ihm geſetzte In- differenz des Ideellen und Reellen an. Dieſe tritt ihm an die Stelle des Gegenſtandes. Kraft der präſtabilirten Harmonie zwiſchen der all- gemeinen und der organiſchen Natur iſt in den Anſchauungen der letz- teren daſſelbe Syſtem, welches in den entſprechenden Formen der Außen- welt iſt. Die Harmonie des Dreiklangs iſt etwas Objektives und doch

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/191>, abgerufen am 21.11.2024.