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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Schon hieraus ist einzusehen, daß weder die bloße Art der Beleuch-
tung, noch die gleichförmige Dämpfung der Farben durch die Luft im Ge-
mälde die Harmonie hervorbringe. Die Harmonie und harmonische Wir-
kung beruht keineswegs auf dem Grad, wie manche sich einbilden,
sondern auf der Art und Qualität der Farben. Durch diese sind
sie fähig, eine weit höhere Art der Uebereinstimmung hervorzubringen,
als durch das Gleichgewicht, welches bloß auf Graden beruhte. Nur
in der Qualität sind die höchsten Gegensätze, aber eben deßwegen auch
die höchste Art der Identität möglich. Die Gründe der Harmonie
müssen also in dem ursprünglichen System der Farben selbst und den
Forderungen des Auges gesucht werden, von denen schon früher die
Rede war.

Das Licht ist der positive Pol der Schönheit und ein Ausfluß der
ewigen Schönheit in der Natur. Aber es wird offenbar und erscheint
nur im Kampf gegen die Nacht, welche, als der ewige Grund alles
Daseyns, selbst nicht ist, obgleich sie durch ihre beständige Gegenwirkung
sich als Macht beweist. Die Dinge, sofern sie der Nacht oder Schwere
eignen, haben ein dreifaches Verhältniß zum Licht. Das erste, daß
sie sich rein als Negationen von dem Licht abschneiden und als solche
sich in ihm darstellen. Dieses ist der allgemeine Umriß. Das andere,
daß aus der Wirkung und Gegenwirkung von Licht und Schatten selbst
der höhere Schein der Körperlichkeit producirt werde. Das Auge
sieht eigentlich nicht die Körper, sondern nur ihren ideellen Entwurf
im Licht, und so beruht schon die natürliche Erscheinung des Körpers
durch das Licht auf dem Helldunkel. Das dritte Verhältniß ist das
der absoluten Indifferenziirung der Materie und des Lichts, wo aber
deßwegen in dem Stoff sich die höchste Schönheit entzündet, und
das Unsterbliche sich ganz in das Sterbliche faßt. Diesen drei Verhält-
nissen entsprechen die drei nothwendigen Formen der Kunst, welche die
Dinge nur im Licht und durch das Licht darstellt, die Zeichnung, welche
nur die Negation, den Umriß bezeichnet, wodurch das Ding sich als
Besonderes abhebt, das Helldunkel, welches den Körper als solchen
dennoch im Lichte und demnach in der Identität zeigt, und endlich das

Schon hieraus iſt einzuſehen, daß weder die bloße Art der Beleuch-
tung, noch die gleichförmige Dämpfung der Farben durch die Luft im Ge-
mälde die Harmonie hervorbringe. Die Harmonie und harmoniſche Wir-
kung beruht keineswegs auf dem Grad, wie manche ſich einbilden,
ſondern auf der Art und Qualität der Farben. Durch dieſe ſind
ſie fähig, eine weit höhere Art der Uebereinſtimmung hervorzubringen,
als durch das Gleichgewicht, welches bloß auf Graden beruhte. Nur
in der Qualität ſind die höchſten Gegenſätze, aber eben deßwegen auch
die höchſte Art der Identität möglich. Die Gründe der Harmonie
müſſen alſo in dem urſprünglichen Syſtem der Farben ſelbſt und den
Forderungen des Auges geſucht werden, von denen ſchon früher die
Rede war.

Das Licht iſt der poſitive Pol der Schönheit und ein Ausfluß der
ewigen Schönheit in der Natur. Aber es wird offenbar und erſcheint
nur im Kampf gegen die Nacht, welche, als der ewige Grund alles
Daſeyns, ſelbſt nicht iſt, obgleich ſie durch ihre beſtändige Gegenwirkung
ſich als Macht beweist. Die Dinge, ſofern ſie der Nacht oder Schwere
eignen, haben ein dreifaches Verhältniß zum Licht. Das erſte, daß
ſie ſich rein als Negationen von dem Licht abſchneiden und als ſolche
ſich in ihm darſtellen. Dieſes iſt der allgemeine Umriß. Das andere,
daß aus der Wirkung und Gegenwirkung von Licht und Schatten ſelbſt
der höhere Schein der Körperlichkeit producirt werde. Das Auge
ſieht eigentlich nicht die Körper, ſondern nur ihren ideellen Entwurf
im Licht, und ſo beruht ſchon die natürliche Erſcheinung des Körpers
durch das Licht auf dem Helldunkel. Das dritte Verhältniß iſt das
der abſoluten Indifferenziirung der Materie und des Lichts, wo aber
deßwegen in dem Stoff ſich die höchſte Schönheit entzündet, und
das Unſterbliche ſich ganz in das Sterbliche faßt. Dieſen drei Verhält-
niſſen entſprechen die drei nothwendigen Formen der Kunſt, welche die
Dinge nur im Licht und durch das Licht darſtellt, die Zeichnung, welche
nur die Negation, den Umriß bezeichnet, wodurch das Ding ſich als
Beſonderes abhebt, das Helldunkel, welches den Körper als ſolchen
dennoch im Lichte und demnach in der Identität zeigt, und endlich das

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[541/0217] Schon hieraus iſt einzuſehen, daß weder die bloße Art der Beleuch- tung, noch die gleichförmige Dämpfung der Farben durch die Luft im Ge- mälde die Harmonie hervorbringe. Die Harmonie und harmoniſche Wir- kung beruht keineswegs auf dem Grad, wie manche ſich einbilden, ſondern auf der Art und Qualität der Farben. Durch dieſe ſind ſie fähig, eine weit höhere Art der Uebereinſtimmung hervorzubringen, als durch das Gleichgewicht, welches bloß auf Graden beruhte. Nur in der Qualität ſind die höchſten Gegenſätze, aber eben deßwegen auch die höchſte Art der Identität möglich. Die Gründe der Harmonie müſſen alſo in dem urſprünglichen Syſtem der Farben ſelbſt und den Forderungen des Auges geſucht werden, von denen ſchon früher die Rede war. Das Licht iſt der poſitive Pol der Schönheit und ein Ausfluß der ewigen Schönheit in der Natur. Aber es wird offenbar und erſcheint nur im Kampf gegen die Nacht, welche, als der ewige Grund alles Daſeyns, ſelbſt nicht iſt, obgleich ſie durch ihre beſtändige Gegenwirkung ſich als Macht beweist. Die Dinge, ſofern ſie der Nacht oder Schwere eignen, haben ein dreifaches Verhältniß zum Licht. Das erſte, daß ſie ſich rein als Negationen von dem Licht abſchneiden und als ſolche ſich in ihm darſtellen. Dieſes iſt der allgemeine Umriß. Das andere, daß aus der Wirkung und Gegenwirkung von Licht und Schatten ſelbſt der höhere Schein der Körperlichkeit producirt werde. Das Auge ſieht eigentlich nicht die Körper, ſondern nur ihren ideellen Entwurf im Licht, und ſo beruht ſchon die natürliche Erſcheinung des Körpers durch das Licht auf dem Helldunkel. Das dritte Verhältniß iſt das der abſoluten Indifferenziirung der Materie und des Lichts, wo aber deßwegen in dem Stoff ſich die höchſte Schönheit entzündet, und das Unſterbliche ſich ganz in das Sterbliche faßt. Dieſen drei Verhält- niſſen entſprechen die drei nothwendigen Formen der Kunſt, welche die Dinge nur im Licht und durch das Licht darſtellt, die Zeichnung, welche nur die Negation, den Umriß bezeichnet, wodurch das Ding ſich als Beſonderes abhebt, das Helldunkel, welches den Körper als ſolchen dennoch im Lichte und demnach in der Identität zeigt, und endlich das

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/217>, abgerufen am 21.11.2024.