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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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gibt, aber ebensowenig mit der bloßen Bedeutung, sondern wir wollen,
was Gegenstand der absoluten Kunstdarstellung seyn soll, so concret,
nur sich selbst gleich wie das Bild, und doch so allgemein und sinn-
voll wie der Begriff; daher die deutsche Sprache Symbol vortrefflich
als Sinnbild wiedergibt.

Selbst an den Naturwesen, z. B. der Pflanze ist die Allegorie
nicht zu verkennen, sie ist gleichsam die anticipirte sittliche Schönheit,
sie würde aber keinen Reiz für die Phantasie, keine Befriedigung für
die Anschauung enthalten, wenn sie um dieser Bedeutung willen und nicht
zuerst um ihrer selbst willen wäre. Eben in diesem unabsichtlichen, un-
befangenen, nach außen unzweckmäßigen Seyn doch zugleich das Be-
deutende, Sinnvolle zu erkennen, entzückt uns. Es als Absicht darin
zu erblicken, hebt den Gegenstand selbst für uns auf, der, da er seiner
Natur nach absolut seyn soll, um keines Zwecks willen, der außer ihm
liegt, daseyn darf.

Es ist ein großes Verdienst, das sich unter den Deutschen und
überhaupt zuerst Moritz gemacht hat, die Mythologie in dieser ihrer
poetischen Absolutheit darzustellen. Obgleich die letzte Vollendung der
Ansicht bei ihm fehlt, und er nur zeigen kann, daß es mit diesen Dich-
tungen so sey, nicht aber die Nothwendigkeit und den Grund davon,
so waltet doch in seiner Darstellung durchaus der poetische Sinn, und
vielleicht sind die Spuren Goethes darin erkennbar, der diese Ansichten
durchaus in seinen eignen Werken ausgedrückt und sie ohne Zweifel
auch in Moritz geweckt hat.

Ein untergeordneter Folgesatz ist noch: daß ebenso unmittelbar
die Mythologie historisch zu begreifen.

Ohne Zweifel ist es die am meisten prosaische Ansicht dieser Dich-
tungen, nach welcher ein großer Theil der Göttergeschichte Spuren
großer Natur-Revolutionen in der Urwelt, die Götter selbst uralte
Könige bedeuten u. s. w. Hiermit ginge nun selbst die Beziehung der
Mythologie auf Anschauung des Universums und der Natur anders
als in der historischen Beziehung, d. h. es ginge das schlechthin Allge-
meingültige derselben verloren. Nur als Typus -- gleichsam als die

gibt, aber ebenſowenig mit der bloßen Bedeutung, ſondern wir wollen,
was Gegenſtand der abſoluten Kunſtdarſtellung ſeyn ſoll, ſo concret,
nur ſich ſelbſt gleich wie das Bild, und doch ſo allgemein und ſinn-
voll wie der Begriff; daher die deutſche Sprache Symbol vortrefflich
als Sinnbild wiedergibt.

Selbſt an den Naturweſen, z. B. der Pflanze iſt die Allegorie
nicht zu verkennen, ſie iſt gleichſam die anticipirte ſittliche Schönheit,
ſie würde aber keinen Reiz für die Phantaſie, keine Befriedigung für
die Anſchauung enthalten, wenn ſie um dieſer Bedeutung willen und nicht
zuerſt um ihrer ſelbſt willen wäre. Eben in dieſem unabſichtlichen, un-
befangenen, nach außen unzweckmäßigen Seyn doch zugleich das Be-
deutende, Sinnvolle zu erkennen, entzückt uns. Es als Abſicht darin
zu erblicken, hebt den Gegenſtand ſelbſt für uns auf, der, da er ſeiner
Natur nach abſolut ſeyn ſoll, um keines Zwecks willen, der außer ihm
liegt, daſeyn darf.

Es iſt ein großes Verdienſt, das ſich unter den Deutſchen und
überhaupt zuerſt Moritz gemacht hat, die Mythologie in dieſer ihrer
poetiſchen Abſolutheit darzuſtellen. Obgleich die letzte Vollendung der
Anſicht bei ihm fehlt, und er nur zeigen kann, daß es mit dieſen Dich-
tungen ſo ſey, nicht aber die Nothwendigkeit und den Grund davon,
ſo waltet doch in ſeiner Darſtellung durchaus der poetiſche Sinn, und
vielleicht ſind die Spuren Goethes darin erkennbar, der dieſe Anſichten
durchaus in ſeinen eignen Werken ausgedrückt und ſie ohne Zweifel
auch in Moritz geweckt hat.

Ein untergeordneter Folgeſatz iſt noch: daß ebenſo unmittelbar
die Mythologie hiſtoriſch zu begreifen.

Ohne Zweifel iſt es die am meiſten proſaiſche Anſicht dieſer Dich-
tungen, nach welcher ein großer Theil der Göttergeſchichte Spuren
großer Natur-Revolutionen in der Urwelt, die Götter ſelbſt uralte
Könige bedeuten u. ſ. w. Hiermit ginge nun ſelbſt die Beziehung der
Mythologie auf Anſchauung des Univerſums und der Natur anders
als in der hiſtoriſchen Beziehung, d. h. es ginge das ſchlechthin Allge-
meingültige derſelben verloren. Nur als Typus — gleichſam als die

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[412/0088] gibt, aber ebenſowenig mit der bloßen Bedeutung, ſondern wir wollen, was Gegenſtand der abſoluten Kunſtdarſtellung ſeyn ſoll, ſo concret, nur ſich ſelbſt gleich wie das Bild, und doch ſo allgemein und ſinn- voll wie der Begriff; daher die deutſche Sprache Symbol vortrefflich als Sinnbild wiedergibt. Selbſt an den Naturweſen, z. B. der Pflanze iſt die Allegorie nicht zu verkennen, ſie iſt gleichſam die anticipirte ſittliche Schönheit, ſie würde aber keinen Reiz für die Phantaſie, keine Befriedigung für die Anſchauung enthalten, wenn ſie um dieſer Bedeutung willen und nicht zuerſt um ihrer ſelbſt willen wäre. Eben in dieſem unabſichtlichen, un- befangenen, nach außen unzweckmäßigen Seyn doch zugleich das Be- deutende, Sinnvolle zu erkennen, entzückt uns. Es als Abſicht darin zu erblicken, hebt den Gegenſtand ſelbſt für uns auf, der, da er ſeiner Natur nach abſolut ſeyn ſoll, um keines Zwecks willen, der außer ihm liegt, daſeyn darf. Es iſt ein großes Verdienſt, das ſich unter den Deutſchen und überhaupt zuerſt Moritz gemacht hat, die Mythologie in dieſer ihrer poetiſchen Abſolutheit darzuſtellen. Obgleich die letzte Vollendung der Anſicht bei ihm fehlt, und er nur zeigen kann, daß es mit dieſen Dich- tungen ſo ſey, nicht aber die Nothwendigkeit und den Grund davon, ſo waltet doch in ſeiner Darſtellung durchaus der poetiſche Sinn, und vielleicht ſind die Spuren Goethes darin erkennbar, der dieſe Anſichten durchaus in ſeinen eignen Werken ausgedrückt und ſie ohne Zweifel auch in Moritz geweckt hat. Ein untergeordneter Folgeſatz iſt noch: daß ebenſo unmittelbar die Mythologie hiſtoriſch zu begreifen. Ohne Zweifel iſt es die am meiſten proſaiſche Anſicht dieſer Dich- tungen, nach welcher ein großer Theil der Göttergeſchichte Spuren großer Natur-Revolutionen in der Urwelt, die Götter ſelbſt uralte Könige bedeuten u. ſ. w. Hiermit ginge nun ſelbſt die Beziehung der Mythologie auf Anſchauung des Univerſums und der Natur anders als in der hiſtoriſchen Beziehung, d. h. es ginge das ſchlechthin Allge- meingültige derſelben verloren. Nur als Typus — gleichſam als die

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/88>, abgerufen am 24.11.2024.