Die Staatsverfassung ist ein Bild der Verfassung des Ideenreichs. In diesem ist das Absolute als die Macht, von der alles ausfließt, der Monarch, die Ideen sind -- nicht der Adel oder das Volk, weil das Be¬ griffe sind, die nur im Gegensatz gegen ein¬ ander Realität haben, sondern -- die Freyen: die einzelnen wirklichen Dinge sind die Sclaven und Leibeigenen. Eine gleiche Stufenfolge ist unter den Wissenschaften. Die Philoso¬ phie lebt nur in Ideen, die Beschäftigung mit den einzelnen wirklichen Dingen überläßt sie den Physicis, Astronomis u. s. w. -- Al¬ lein dieß sind ja selbst nur überspannte Ideen und wer glaubt in dieser Humanität und Auf¬ geklärtheit der Zeiten noch an so hohe Bezie¬ hungen des Staats?
Wenn dem einbrechenden Strom, der im¬ mer sichtbarer Hohes und Niederes vermischt, seit auch der Pöbel zu schreiben anhebt und jeder Plebejer in den Rang der Urtheiler sich erhebt, irgend etwas Einhalt zu thun vermag,
Die Staatsverfaſſung iſt ein Bild der Verfaſſung des Ideenreichs. In dieſem iſt das Abſolute als die Macht, von der alles ausfließt, der Monarch, die Ideen ſind — nicht der Adel oder das Volk, weil das Be¬ griffe ſind, die nur im Gegenſatz gegen ein¬ ander Realitaͤt haben, ſondern — die Freyen: die einzelnen wirklichen Dinge ſind die Sclaven und Leibeigenen. Eine gleiche Stufenfolge iſt unter den Wiſſenſchaften. Die Philoſo¬ phie lebt nur in Ideen, die Beſchaͤftigung mit den einzelnen wirklichen Dingen uͤberlaͤßt ſie den Phyſicis, Aſtronomis u. ſ. w. — Al¬ lein dieß ſind ja ſelbſt nur uͤberſpannte Ideen und wer glaubt in dieſer Humanitaͤt und Auf¬ geklaͤrtheit der Zeiten noch an ſo hohe Bezie¬ hungen des Staats?
Wenn dem einbrechenden Strom, der im¬ mer ſichtbarer Hohes und Niederes vermiſcht, ſeit auch der Poͤbel zu ſchreiben anhebt und jeder Plebejer in den Rang der Urtheiler ſich erhebt, irgend etwas Einhalt zu thun vermag,
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Die Staatsverfaſſung iſt ein Bild der
Verfaſſung des Ideenreichs. In dieſem iſt
das Abſolute als die Macht, von der alles
ausfließt, der Monarch, die Ideen ſind —
nicht der Adel oder das Volk, weil das Be¬
griffe ſind, die nur im Gegenſatz gegen ein¬
ander Realitaͤt haben, ſondern — die Freyen:
die einzelnen wirklichen Dinge ſind die Sclaven
und Leibeigenen. Eine gleiche Stufenfolge
iſt unter den Wiſſenſchaften. Die Philoſo¬
phie lebt nur in Ideen, die Beſchaͤftigung
mit den einzelnen wirklichen Dingen uͤberlaͤßt
ſie den Phyſicis, Aſtronomis u. ſ. w. — Al¬
lein dieß ſind ja ſelbſt nur uͤberſpannte Ideen
und wer glaubt in dieſer Humanitaͤt und Auf¬
geklaͤrtheit der Zeiten noch an ſo hohe Bezie¬
hungen des Staats?
Wenn dem einbrechenden Strom, der im¬
mer ſichtbarer Hohes und Niederes vermiſcht,
ſeit auch der Poͤbel zu ſchreiben anhebt und
jeder Plebejer in den Rang der Urtheiler ſich
erhebt, irgend etwas Einhalt zu thun vermag,
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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