ist es auch wieder im Absoluten und integran¬ ter Theil desselben, und umgekehrt.
Je mehr ein Gelehrter seinen besondern Kreis als Zweck an sich selbst begreift, ja ihn für sich wieder zum Mittelpunkt alles Wissens macht, den er zur allbefassenden Totalität er¬ weitern möchte, desto mehr bestrebt er sich, All¬ gemeines und Ideen in ihm auszudrücken. Da¬ gegen je weniger er vermag, ihn mit universellem Sinn zu fassen, desto mehr wird er ihn, er mag sich nun dessen bewußt oder nicht bewußt seyn, weil das, was nicht Zweck an sich selbst ist, nur Mittel seyn kann, nur als Mittel begreifen. Dieß müßte nun billig jedem, der sich selbst ehrt, unerträglich seyn; daher mit dieser Be¬ schränktheit gewöhnlich auch die gemeine Ge¬ sinnung und der Mangel des wahren In¬ teresse an der Wissenschaft, außer dem, welches sie als Mittel für sehr reale, äußere Zwecke hat, vergesellschaftet ist.
Ich weiß recht gut, daß sehr viele, und vor¬ nehmlich alle die, welche die Wissenschaft über¬ haupt nur als Nützlichkeit begreifen, die Universi¬
iſt es auch wieder im Abſoluten und integran¬ ter Theil deſſelben, und umgekehrt.
Je mehr ein Gelehrter ſeinen beſondern Kreis als Zweck an ſich ſelbſt begreift, ja ihn fuͤr ſich wieder zum Mittelpunkt alles Wiſſens macht, den er zur allbefaſſenden Totalitaͤt er¬ weitern moͤchte, deſto mehr beſtrebt er ſich, All¬ gemeines und Ideen in ihm auszudruͤcken. Da¬ gegen je weniger er vermag, ihn mit univerſellem Sinn zu faſſen, deſto mehr wird er ihn, er mag ſich nun deſſen bewußt oder nicht bewußt ſeyn, weil das, was nicht Zweck an ſich ſelbſt iſt, nur Mittel ſeyn kann, nur als Mittel begreifen. Dieß muͤßte nun billig jedem, der ſich ſelbſt ehrt, unertraͤglich ſeyn; daher mit dieſer Be¬ ſchraͤnktheit gewoͤhnlich auch die gemeine Ge¬ ſinnung und der Mangel des wahren In¬ tereſſe an der Wiſſenſchaft, außer dem, welches ſie als Mittel fuͤr ſehr reale, aͤußere Zwecke hat, vergeſellſchaftet iſt.
Ich weiß recht gut, daß ſehr viele, und vor¬ nehmlich alle die, welche die Wiſſenſchaft uͤber¬ haupt nur als Nuͤtzlichkeit begreifen, die Univerſi¬
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iſt es auch wieder im Abſoluten und integran¬
ter Theil deſſelben, und umgekehrt.
Je mehr ein Gelehrter ſeinen beſondern
Kreis als Zweck an ſich ſelbſt begreift, ja ihn
fuͤr ſich wieder zum Mittelpunkt alles Wiſſens
macht, den er zur allbefaſſenden Totalitaͤt er¬
weitern moͤchte, deſto mehr beſtrebt er ſich, All¬
gemeines und Ideen in ihm auszudruͤcken. Da¬
gegen je weniger er vermag, ihn mit univerſellem
Sinn zu faſſen, deſto mehr wird er ihn, er mag
ſich nun deſſen bewußt oder nicht bewußt ſeyn,
weil das, was nicht Zweck an ſich ſelbſt iſt, nur
Mittel ſeyn kann, nur als Mittel begreifen.
Dieß muͤßte nun billig jedem, der ſich ſelbſt
ehrt, unertraͤglich ſeyn; daher mit dieſer Be¬
ſchraͤnktheit gewoͤhnlich auch die gemeine Ge¬
ſinnung und der Mangel des wahren In¬
tereſſe an der Wiſſenſchaft, außer dem, welches ſie
als Mittel fuͤr ſehr reale, aͤußere Zwecke hat,
vergeſellſchaftet iſt.
Ich weiß recht gut, daß ſehr viele, und vor¬
nehmlich alle die, welche die Wiſſenſchaft uͤber¬
haupt nur als Nuͤtzlichkeit begreifen, die Univerſi¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/54>, abgerufen am 22.11.2024.
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