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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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dieser zu Grunde lagen, und sind vorzüglich von
einem misverstandenen Eifer gegen überwiegen¬
de Ausbildung des Gedächtnisses nach den Vor¬
stellungen einer empirischen Psychologie einge¬
geben. Die angeblichen Erfahrungen darüber
waren von gewissen Gedächtnißgelehrten herge¬
nommen, die sich zwar mit Kenntnissen aller
Art angefüllt, aber dadurch freylich nicht hatten
erwerben können, was ihnen die Natur versagt
hatte. Daß übrigens weder ein großer Feld¬
herr, noch ein großer Mathematiker, oder Philo¬
soph, oder Dichter ohne Umfang und Energie des
Gedächtnisses möglich war, konnte für sie nicht in
Betracht kommen, da es auch gar nicht darauf
angesehen war, große Feldherrn, Mathemati¬
ker, Dichter oder Philosophen, sondern nütz¬
liche, bürgerliche, gewerbsame Menschen zu
bilden.

Ich kenne keine Beschäftigungsart, welche
mehr geeignet wäre, im früheren Alter dem er¬
wachenden Witz, Scharfsinn, Erfindungskraft
die erste Uebung zu geben, als die vornehmlich

dieſer zu Grunde lagen, und ſind vorzuͤglich von
einem misverſtandenen Eifer gegen uͤberwiegen¬
de Ausbildung des Gedaͤchtniſſes nach den Vor¬
ſtellungen einer empiriſchen Pſychologie einge¬
geben. Die angeblichen Erfahrungen daruͤber
waren von gewiſſen Gedaͤchtnißgelehrten herge¬
nommen, die ſich zwar mit Kenntniſſen aller
Art angefuͤllt, aber dadurch freylich nicht hatten
erwerben koͤnnen, was ihnen die Natur verſagt
hatte. Daß uͤbrigens weder ein großer Feld¬
herr, noch ein großer Mathematiker, oder Philo¬
ſoph, oder Dichter ohne Umfang und Energie des
Gedaͤchtniſſes moͤglich war, konnte fuͤr ſie nicht in
Betracht kommen, da es auch gar nicht darauf
angeſehen war, große Feldherrn, Mathemati¬
ker, Dichter oder Philoſophen, ſondern nuͤtz¬
liche, buͤrgerliche, gewerbſame Menſchen zu
bilden.

Ich kenne keine Beſchaͤftigungsart, welche
mehr geeignet waͤre, im fruͤheren Alter dem er¬
wachenden Witz, Scharfſinn, Erfindungskraft
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[75/0084] dieſer zu Grunde lagen, und ſind vorzuͤglich von einem misverſtandenen Eifer gegen uͤberwiegen¬ de Ausbildung des Gedaͤchtniſſes nach den Vor¬ ſtellungen einer empiriſchen Pſychologie einge¬ geben. Die angeblichen Erfahrungen daruͤber waren von gewiſſen Gedaͤchtnißgelehrten herge¬ nommen, die ſich zwar mit Kenntniſſen aller Art angefuͤllt, aber dadurch freylich nicht hatten erwerben koͤnnen, was ihnen die Natur verſagt hatte. Daß uͤbrigens weder ein großer Feld¬ herr, noch ein großer Mathematiker, oder Philo¬ ſoph, oder Dichter ohne Umfang und Energie des Gedaͤchtniſſes moͤglich war, konnte fuͤr ſie nicht in Betracht kommen, da es auch gar nicht darauf angeſehen war, große Feldherrn, Mathemati¬ ker, Dichter oder Philoſophen, ſondern nuͤtz¬ liche, buͤrgerliche, gewerbſame Menſchen zu bilden. Ich kenne keine Beſchaͤftigungsart, welche mehr geeignet waͤre, im fruͤheren Alter dem er¬ wachenden Witz, Scharfſinn, Erfindungskraft die erſte Uebung zu geben, als die vornehmlich

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/84>, abgerufen am 24.11.2024.