Die verschiedenen Fragen habe ich wieder nach Nummern psc_148.002 geschieden.
psc_148.003
1. Factoren der Production.
psc_148.004
Die Nationalökonomen unterscheiden drei Factoren der psc_148.005 Production: Natur, Kapital, Arbeit. Nicht genau dieselben, psc_148.006 aber ähnliche Factoren sind für die dichterische Production thätig. psc_148.007 Zunächst ist auch hier ein ewiger Factor die Natur: die Natur psc_148.008 ist der unerschöpfliche Stoff des Dichters und dadurch Factor psc_148.009 der Production -- die Natur, die sich ewig gleich bleibt und psc_148.010 sich ewig erneut; alle Erscheinungen dieser Welt, sowohl die, psc_148.011 welche wirklich sind, als die Folgerungen, welche daran hängen. psc_148.012 Hierüber ist näher zu handeln im Kapitel vom Stoff (äußere psc_148.013 und innere Welt, und die dritte Welt, welche eigentlich schon psc_148.014 in das "Kapital" gehört). Aber diese Erfassung der Natur, psc_148.015 des Stoffes setzt die persönliche Arbeit des Dichters voraus. psc_148.016 Der Dichter darf die Welt nicht ansehen wie jedermann -- psc_148.017 er muß sie mit Dichteraugen ansehen.
psc_148.018
Doch auch dem Kapital entspricht ein Factor: es sind psc_148.019 schon angesammelte Producte vorhanden, Tradition, traditionelle psc_148.020 Stoffe, traditionelle Behandlungsart der Form, die der psc_148.021 Dichter vorfindet: das ist das Kapital, das frühere Generationen psc_148.022 für ihn sammeln. Was die übrigen Dichter vorgearbeitet psc_148.023 haben in Stoff und Form, das kann sein Auge psc_148.024 schärfen, seine Technik bereichern.
psc_148.025
Endlich Arbeit: die Art, wie er diese Tradition sich aneignet, psc_148.026 das Kapital fortpflanzt und vermehrt und von neuem psc_148.027 aus der poetischen Stoffwelt schöpft. Unter diesen Gesichtspunct psc_148.028 gehört die Frage, ob er Erlebtes oder Erlerntes darbietet.
psc_148.001
Die verschiedenen Fragen habe ich wieder nach Nummern psc_148.002 geschieden.
psc_148.003
1. Factoren der Production.
psc_148.004
Die Nationalökonomen unterscheiden drei Factoren der psc_148.005 Production: Natur, Kapital, Arbeit. Nicht genau dieselben, psc_148.006 aber ähnliche Factoren sind für die dichterische Production thätig. psc_148.007 Zunächst ist auch hier ein ewiger Factor die Natur: die Natur psc_148.008 ist der unerschöpfliche Stoff des Dichters und dadurch Factor psc_148.009 der Production — die Natur, die sich ewig gleich bleibt und psc_148.010 sich ewig erneut; alle Erscheinungen dieser Welt, sowohl die, psc_148.011 welche wirklich sind, als die Folgerungen, welche daran hängen. psc_148.012 Hierüber ist näher zu handeln im Kapitel vom Stoff (äußere psc_148.013 und innere Welt, und die dritte Welt, welche eigentlich schon psc_148.014 in das „Kapital“ gehört). Aber diese Erfassung der Natur, psc_148.015 des Stoffes setzt die persönliche Arbeit des Dichters voraus. psc_148.016 Der Dichter darf die Welt nicht ansehen wie jedermann — psc_148.017 er muß sie mit Dichteraugen ansehen.
psc_148.018
Doch auch dem Kapital entspricht ein Factor: es sind psc_148.019 schon angesammelte Producte vorhanden, Tradition, traditionelle psc_148.020 Stoffe, traditionelle Behandlungsart der Form, die der psc_148.021 Dichter vorfindet: das ist das Kapital, das frühere Generationen psc_148.022 für ihn sammeln. Was die übrigen Dichter vorgearbeitet psc_148.023 haben in Stoff und Form, das kann sein Auge psc_148.024 schärfen, seine Technik bereichern.
psc_148.025
Endlich Arbeit: die Art, wie er diese Tradition sich aneignet, psc_148.026 das Kapital fortpflanzt und vermehrt und von neuem psc_148.027 aus der poetischen Stoffwelt schöpft. Unter diesen Gesichtspunct psc_148.028 gehört die Frage, ob er Erlebtes oder Erlerntes darbietet.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0164"n="148"/><lbn="psc_148.001"/><p> Die verschiedenen Fragen habe ich wieder nach Nummern <lbn="psc_148.002"/>
geschieden.</p><lbn="psc_148.003"/><divn="3"><head><hirendition="#c">1. <hirendition="#g">Factoren der Production.</hi></hi></head><lbn="psc_148.004"/><p> Die Nationalökonomen unterscheiden drei Factoren der <lbn="psc_148.005"/>
Production: Natur, Kapital, Arbeit. Nicht genau dieselben, <lbn="psc_148.006"/>
aber ähnliche Factoren sind für die dichterische Production thätig. <lbn="psc_148.007"/>
Zunächst ist auch hier ein ewiger Factor die Natur: die Natur <lbn="psc_148.008"/>
ist der unerschöpfliche Stoff des Dichters und dadurch Factor <lbn="psc_148.009"/>
der Production — die Natur, die sich ewig gleich bleibt und <lbn="psc_148.010"/>
sich ewig erneut; alle Erscheinungen dieser Welt, sowohl die, <lbn="psc_148.011"/>
welche wirklich sind, als die Folgerungen, welche daran hängen. <lbn="psc_148.012"/>
Hierüber ist näher zu handeln im Kapitel vom Stoff (äußere <lbn="psc_148.013"/>
und innere Welt, und die dritte Welt, welche eigentlich schon <lbn="psc_148.014"/>
in das „Kapital“ gehört). Aber diese Erfassung der Natur, <lbn="psc_148.015"/>
des Stoffes setzt die persönliche Arbeit des Dichters voraus. <lbn="psc_148.016"/>
Der Dichter darf die Welt nicht ansehen wie jedermann —<lbn="psc_148.017"/>
er muß sie mit Dichteraugen ansehen.</p><lbn="psc_148.018"/><p> Doch auch dem Kapital entspricht ein Factor: es sind <lbn="psc_148.019"/>
schon angesammelte Producte vorhanden, Tradition, traditionelle <lbn="psc_148.020"/>
Stoffe, traditionelle Behandlungsart der Form, die der <lbn="psc_148.021"/>
Dichter vorfindet: das ist das Kapital, das frühere Generationen <lbn="psc_148.022"/>
für ihn sammeln. Was die übrigen Dichter vorgearbeitet <lbn="psc_148.023"/>
haben in Stoff und Form, das kann sein Auge <lbn="psc_148.024"/>
schärfen, seine Technik bereichern.</p><lbn="psc_148.025"/><p> Endlich Arbeit: die Art, wie er diese Tradition sich aneignet, <lbn="psc_148.026"/>
das Kapital fortpflanzt und vermehrt und von neuem <lbn="psc_148.027"/>
aus der poetischen Stoffwelt schöpft. Unter diesen Gesichtspunct <lbn="psc_148.028"/>
gehört die Frage, ob er Erlebtes oder Erlerntes darbietet.</p></div></div></div></body></text></TEI>
[148/0164]
psc_148.001
Die verschiedenen Fragen habe ich wieder nach Nummern psc_148.002
geschieden.
psc_148.003
1. Factoren der Production. psc_148.004
Die Nationalökonomen unterscheiden drei Factoren der psc_148.005
Production: Natur, Kapital, Arbeit. Nicht genau dieselben, psc_148.006
aber ähnliche Factoren sind für die dichterische Production thätig. psc_148.007
Zunächst ist auch hier ein ewiger Factor die Natur: die Natur psc_148.008
ist der unerschöpfliche Stoff des Dichters und dadurch Factor psc_148.009
der Production — die Natur, die sich ewig gleich bleibt und psc_148.010
sich ewig erneut; alle Erscheinungen dieser Welt, sowohl die, psc_148.011
welche wirklich sind, als die Folgerungen, welche daran hängen. psc_148.012
Hierüber ist näher zu handeln im Kapitel vom Stoff (äußere psc_148.013
und innere Welt, und die dritte Welt, welche eigentlich schon psc_148.014
in das „Kapital“ gehört). Aber diese Erfassung der Natur, psc_148.015
des Stoffes setzt die persönliche Arbeit des Dichters voraus. psc_148.016
Der Dichter darf die Welt nicht ansehen wie jedermann — psc_148.017
er muß sie mit Dichteraugen ansehen.
psc_148.018
Doch auch dem Kapital entspricht ein Factor: es sind psc_148.019
schon angesammelte Producte vorhanden, Tradition, traditionelle psc_148.020
Stoffe, traditionelle Behandlungsart der Form, die der psc_148.021
Dichter vorfindet: das ist das Kapital, das frühere Generationen psc_148.022
für ihn sammeln. Was die übrigen Dichter vorgearbeitet psc_148.023
haben in Stoff und Form, das kann sein Auge psc_148.024
schärfen, seine Technik bereichern.
psc_148.025
Endlich Arbeit: die Art, wie er diese Tradition sich aneignet, psc_148.026
das Kapital fortpflanzt und vermehrt und von neuem psc_148.027
aus der poetischen Stoffwelt schöpft. Unter diesen Gesichtspunct psc_148.028
gehört die Frage, ob er Erlebtes oder Erlerntes darbietet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/164>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.