psc_178.001 er selbst des Schreibens unkundig ist oder nicht. So hat das psc_178.002 Dictiren auf Goethes Prosa gewirkt.
psc_178.003
Weiterhin ergiebt sich der Unterschied, ob der Dichter psc_178.004 Fachmann oder Dilettant ist; z. B. bei den Minnesängern psc_178.005 eine wichtige Verschiedenheit. Dann das Verhältniß zur psc_178.006 Sittlichkeit.
psc_178.007
Fernerhin Verschiedenheiten körperlicher Beschaffenheit psc_178.008 (blind oder sehend) oder des Temperaments (melancholisch psc_178.009 oder sanguinisch oder cholerisch oder phlegmatisch).
psc_178.010
Die Verschiedenheiten der Menschen überhaupt können psc_178.011 den Dichter individualisiren und in dem eigenthümlichen psc_178.012 Stil seiner Producte, d. h. in der Eigenthümlichkeit seiner psc_178.013 Schriften, zur Erscheinung kommen. Hier treffen wir das psc_178.014 Wort Stil in seiner ersten Bedeutung: der persönliche Stil psc_178.015 eines Schriftstellers ist eben die Art, wie die Jndividualität psc_178.016 in seinen Schriften zum Ausdruck kommt, überall, sogar in psc_178.017 der Orthographie, z. B. beim jungen Goethe; ferner im psc_178.018 Versmaß, im Satzbau, ja in der Lautform und dem Wortgebrauch, psc_178.019 sofern ein bestimmtes Mischungsverhältniß zwischen psc_178.020 Dialekt und Schriftsprache sich geltend macht -- kurz die psc_178.021 ganze individuelle Grammatik und Metrik kann hierher gezogen psc_178.022 werden. Vollends die feineren, verborgenen Processe des psc_178.023 Schaffens, das ganze dichterische Geschäft und dessen Verlauf psc_178.024 vermögen dazu zu dienen. Schon auf dem Gebiet des Stils psc_178.025 ist die Eintheilung unendlich. Es wäre aber dennoch ganz psc_178.026 nützlich, allgemeine Schemata der Charakteristik zu entwerfen.
psc_178.027
Jch nenne ein oberflächliches Buch, weil es für alle psc_178.028 diese Fragen das einzige mir bekannte seiner Art ist:
psc_178.001 er selbst des Schreibens unkundig ist oder nicht. So hat das psc_178.002 Dictiren auf Goethes Prosa gewirkt.
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Weiterhin ergiebt sich der Unterschied, ob der Dichter psc_178.004 Fachmann oder Dilettant ist; z. B. bei den Minnesängern psc_178.005 eine wichtige Verschiedenheit. Dann das Verhältniß zur psc_178.006 Sittlichkeit.
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Fernerhin Verschiedenheiten körperlicher Beschaffenheit psc_178.008 (blind oder sehend) oder des Temperaments (melancholisch psc_178.009 oder sanguinisch oder cholerisch oder phlegmatisch).
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Die Verschiedenheiten der Menschen überhaupt können psc_178.011 den Dichter individualisiren und in dem eigenthümlichen psc_178.012 Stil seiner Producte, d. h. in der Eigenthümlichkeit seiner psc_178.013 Schriften, zur Erscheinung kommen. Hier treffen wir das psc_178.014 Wort Stil in seiner ersten Bedeutung: der persönliche Stil psc_178.015 eines Schriftstellers ist eben die Art, wie die Jndividualität psc_178.016 in seinen Schriften zum Ausdruck kommt, überall, sogar in psc_178.017 der Orthographie, z. B. beim jungen Goethe; ferner im psc_178.018 Versmaß, im Satzbau, ja in der Lautform und dem Wortgebrauch, psc_178.019 sofern ein bestimmtes Mischungsverhältniß zwischen psc_178.020 Dialekt und Schriftsprache sich geltend macht — kurz die psc_178.021 ganze individuelle Grammatik und Metrik kann hierher gezogen psc_178.022 werden. Vollends die feineren, verborgenen Processe des psc_178.023 Schaffens, das ganze dichterische Geschäft und dessen Verlauf psc_178.024 vermögen dazu zu dienen. Schon auf dem Gebiet des Stils psc_178.025 ist die Eintheilung unendlich. Es wäre aber dennoch ganz psc_178.026 nützlich, allgemeine Schemata der Charakteristik zu entwerfen.
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Weiterhin ergiebt sich der Unterschied, ob der Dichter psc_178.004
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ganze individuelle Grammatik und Metrik kann hierher gezogen psc_178.022
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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/194>, abgerufen am 16.02.2025.
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