Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_265.001 Nun aber stehen der Sprache manche Mittel zu Gebote, psc_265.010 1) Personification, wovon als einem Hauptmittel ursprünglichster, psc_265.016 Abstracta als Personen gedacht ergiebt allegorische psc_265.027 2) Die einzelne sinnliche Anschauung ist poetischer als psc_265.001 Nun aber stehen der Sprache manche Mittel zu Gebote, psc_265.010 1) Personification, wovon als einem Hauptmittel ursprünglichster, psc_265.016 Abstracta als Personen gedacht ergiebt allegorische psc_265.027 2) Die einzelne sinnliche Anschauung ist poetischer als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0281" n="265"/><lb n="psc_265.001"/> es abstract. — Wort und Gegenstand decken sich unbedingt; das <lb n="psc_265.002"/> Wort ist ein „willkürliches Zeichen“ des Gegenstandes: das <lb n="psc_265.003"/> Wort hat daher so viel poetische Kraft als der dadurch bezeichnete <lb n="psc_265.004"/> Gegenstand. Wie viel aber dieser hat, das müßte <lb n="psc_265.005"/> in dem Kapitel „Stoffe“ auseinandergesetzt werden in einer <lb n="psc_265.006"/> Scala der poetischen Gegenstände. Wir wissen schon: die <lb n="psc_265.007"/> wirkende Person, die äußere und innere Welt vereinigt, ist <lb n="psc_265.008"/> der Mittelpunct der Poesie.</p> <lb n="psc_265.009"/> <p> Nun aber stehen der Sprache manche Mittel zu Gebote, <lb n="psc_265.010"/> um dem prosaisch gewordenen Substantiv neue Lebenskraft <lb n="psc_265.011"/> einzuhauchen, die Vorstellung lebendiger zu machen und sie <lb n="psc_265.012"/> der Vorstellung der wirkenden Person anzunähern, sie mit <lb n="psc_265.013"/> sinnlichen Elementen zu verknüpfen, ihr neue Frische zu geben <lb n="psc_265.014"/> und sie zu der ursprünglichen Sprachkraft zurückzuführen.</p> <lb n="psc_265.015"/> <p> 1) Personification, wovon als einem Hauptmittel ursprünglichster, <lb n="psc_265.016"/> dichterischer Anschauung schon die Rede war. <lb n="psc_265.017"/> Eine Annäherung an Personification liegt schon in jeder <lb n="psc_265.018"/> Verbindung mit dem Verbum, wodurch das Ding als Person, <lb n="psc_265.019"/> persönlicher Träger der Handlung gedacht wird — aber <lb n="psc_265.020"/> desto mehr, je mehr die Handlung wirkt. Beseelte Personification <lb n="psc_265.021"/> setzt etwas Menschenähnliches voraus. So hat <lb n="psc_265.022"/> Hebel nach Goethes Ausdruck die Natur „verbauert“, Wolfram <lb n="psc_265.023"/> von Eschenbach „verrittert“ sie (s. Bock, Wolframs Bilder und <lb n="psc_265.024"/> Wörter für Freude und Leid, 1879, Quellen und Forschungen <lb n="psc_265.025"/> 33, 8).</p> <lb n="psc_265.026"/> <p> Abstracta als Personen gedacht ergiebt allegorische <lb n="psc_265.027"/> Figuren; vgl. 4) über Periphrasis.</p> <lb n="psc_265.028"/> <p> 2) Die einzelne sinnliche Anschauung ist poetischer als </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [265/0281]
psc_265.001
es abstract. — Wort und Gegenstand decken sich unbedingt; das psc_265.002
Wort ist ein „willkürliches Zeichen“ des Gegenstandes: das psc_265.003
Wort hat daher so viel poetische Kraft als der dadurch bezeichnete psc_265.004
Gegenstand. Wie viel aber dieser hat, das müßte psc_265.005
in dem Kapitel „Stoffe“ auseinandergesetzt werden in einer psc_265.006
Scala der poetischen Gegenstände. Wir wissen schon: die psc_265.007
wirkende Person, die äußere und innere Welt vereinigt, ist psc_265.008
der Mittelpunct der Poesie.
psc_265.009
Nun aber stehen der Sprache manche Mittel zu Gebote, psc_265.010
um dem prosaisch gewordenen Substantiv neue Lebenskraft psc_265.011
einzuhauchen, die Vorstellung lebendiger zu machen und sie psc_265.012
der Vorstellung der wirkenden Person anzunähern, sie mit psc_265.013
sinnlichen Elementen zu verknüpfen, ihr neue Frische zu geben psc_265.014
und sie zu der ursprünglichen Sprachkraft zurückzuführen.
psc_265.015
1) Personification, wovon als einem Hauptmittel ursprünglichster, psc_265.016
dichterischer Anschauung schon die Rede war. psc_265.017
Eine Annäherung an Personification liegt schon in jeder psc_265.018
Verbindung mit dem Verbum, wodurch das Ding als Person, psc_265.019
persönlicher Träger der Handlung gedacht wird — aber psc_265.020
desto mehr, je mehr die Handlung wirkt. Beseelte Personification psc_265.021
setzt etwas Menschenähnliches voraus. So hat psc_265.022
Hebel nach Goethes Ausdruck die Natur „verbauert“, Wolfram psc_265.023
von Eschenbach „verrittert“ sie (s. Bock, Wolframs Bilder und psc_265.024
Wörter für Freude und Leid, 1879, Quellen und Forschungen psc_265.025
33, 8).
psc_265.026
Abstracta als Personen gedacht ergiebt allegorische psc_265.027
Figuren; vgl. 4) über Periphrasis.
psc_265.028
2) Die einzelne sinnliche Anschauung ist poetischer als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |