Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_050.001 Die spätere Rhetorik nun hat alle die Keime, die Aristoteles psc_050.002 Sie hat Erfindung, Anordnung, Darstellung (euresis psc_050.006 Unter den Rhetoren des Alterthums war wohl am psc_050.026 psc_050.001 Die spätere Rhetorik nun hat alle die Keime, die Aristoteles psc_050.002 Sie hat Erfindung, Anordnung, Darstellung (εὕρεσις psc_050.006 Unter den Rhetoren des Alterthums war wohl am psc_050.026 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0066" n="50"/> <lb n="psc_050.001"/> <p> Die spätere Rhetorik nun hat alle die Keime, die Aristoteles <lb n="psc_050.002"/> gelegt hat, zu einer sehr strengen und systematischen <lb n="psc_050.003"/> Theorie ausgebildet, welche für die Poetik theils ein Vorbild <lb n="psc_050.004"/> sein kann, theils ihr geradezu zu gute kommt.</p> <lb n="psc_050.005"/> <p> Sie hat Erfindung, Anordnung, Darstellung (<foreign xml:lang="grc">εὕρεσις</foreign> <lb n="psc_050.006"/> <foreign xml:lang="grc">τάξις λέξις</foreign> — <hi rendition="#aq">inventio dispositio elocutio</hi>) strenge geschieden, <lb n="psc_050.007"/> d. h. Acte der Hervorbringung der Rede, welche ohne weiteres <lb n="psc_050.008"/> auf das Gedicht übertragen werden können. Die antike Rhetorik <lb n="psc_050.009"/> hat namentlich die Lehre von der Erfindung sehr genau <lb n="psc_050.010"/> analysirt und dabei insbesondere die Topik der Beweise, die <lb n="psc_050.011"/> wie es scheint Aristoteles begründete, und die sonstige Topik <lb n="psc_050.012"/> ausgebildet, wodurch sie ein Vorbild für die Poetik gab, das <lb n="psc_050.013"/> noch kaum verwerthet ist: eine Untersuchung über die Gesichtspuncte, <lb n="psc_050.014"/> nach denen Dichter einen Stoff umarbeiten, um ihn <lb n="psc_050.015"/> poetisch zu fördern, oder die Gesichtspuncte, die ihnen an <lb n="psc_050.016"/> dem Stoffe selbst hervortreten und wodurch er ihnen poetisch <lb n="psc_050.017"/> wird, müßte angestellt werden. .. Die Rhetorik hat ferner <lb n="psc_050.018"/> für die Lehre vom Ausdruck die Classification der Tropen und <lb n="psc_050.019"/> Figuren so reich ausgebildet, daß die ganze Folgezeit nichts <lb n="psc_050.020"/> hinzufügte. Dagegen hat sie allerdings wieder gewisse Dinge <lb n="psc_050.021"/> bei der Lehre vom Ausdruck vernachlässigt, z. B. die Verschiedenheit <lb n="psc_050.022"/> des Überwiegens verbaler oder nominaler Bestandtheile. <lb n="psc_050.023"/> Die antike Rhetorik hat endlich sehr merkwürdige <lb n="psc_050.024"/> Beiträge zur Lehre vom Stil gegeben.</p> <lb n="psc_050.025"/> <p> Unter den Rhetoren des Alterthums war wohl am <lb n="psc_050.026"/> meisten Dionys von Halikarnaß zu dem Bewußtsein durchgedrungen, <lb n="psc_050.027"/> daß in der Lehre vom Ausdruck Poetik und Rhetorik </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0066]
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Die spätere Rhetorik nun hat alle die Keime, die Aristoteles psc_050.002
gelegt hat, zu einer sehr strengen und systematischen psc_050.003
Theorie ausgebildet, welche für die Poetik theils ein Vorbild psc_050.004
sein kann, theils ihr geradezu zu gute kommt.
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Sie hat Erfindung, Anordnung, Darstellung (εὕρεσις psc_050.006
τάξις λέξις — inventio dispositio elocutio) strenge geschieden, psc_050.007
d. h. Acte der Hervorbringung der Rede, welche ohne weiteres psc_050.008
auf das Gedicht übertragen werden können. Die antike Rhetorik psc_050.009
hat namentlich die Lehre von der Erfindung sehr genau psc_050.010
analysirt und dabei insbesondere die Topik der Beweise, die psc_050.011
wie es scheint Aristoteles begründete, und die sonstige Topik psc_050.012
ausgebildet, wodurch sie ein Vorbild für die Poetik gab, das psc_050.013
noch kaum verwerthet ist: eine Untersuchung über die Gesichtspuncte, psc_050.014
nach denen Dichter einen Stoff umarbeiten, um ihn psc_050.015
poetisch zu fördern, oder die Gesichtspuncte, die ihnen an psc_050.016
dem Stoffe selbst hervortreten und wodurch er ihnen poetisch psc_050.017
wird, müßte angestellt werden. .. Die Rhetorik hat ferner psc_050.018
für die Lehre vom Ausdruck die Classification der Tropen und psc_050.019
Figuren so reich ausgebildet, daß die ganze Folgezeit nichts psc_050.020
hinzufügte. Dagegen hat sie allerdings wieder gewisse Dinge psc_050.021
bei der Lehre vom Ausdruck vernachlässigt, z. B. die Verschiedenheit psc_050.022
des Überwiegens verbaler oder nominaler Bestandtheile. psc_050.023
Die antike Rhetorik hat endlich sehr merkwürdige psc_050.024
Beiträge zur Lehre vom Stil gegeben.
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Unter den Rhetoren des Alterthums war wohl am psc_050.026
meisten Dionys von Halikarnaß zu dem Bewußtsein durchgedrungen, psc_050.027
daß in der Lehre vom Ausdruck Poetik und Rhetorik
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