Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.100. in einer Parthey. Wann wir endlich mit den augen unsers Gemüts Reise über den Splügerberg. Durch unsere Helvetische Lande gehen in Jtalien zwey Haubtstrassen/ cher
100. in einer Parthey. Wann wir endlich mit den augen unſers Gemuͤts Reiſe uͤber den Spluͤgerberg. Durch unſere Helvetiſche Lande gehen in Jtalien zwey Haubtſtraſſen/ cher
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100. in einer Parthey. Wann wir endlich mit den augen unſers Gemuͤts
hineinſehen in die iñere geſtalt der Erden/ wie ſolche hier und da/ ſonderlich in
Bergichten Orten/ durchgeloͤcheret mit holen Kluͤften/ oder Gaͤngen/ in wel-
chen die enthaltene Luft kan ihre ungehinderte bewegung haben; wie auch di-
ſe Hoͤlinen allerhand Geſtalten koͤnnen an ſich haben/ bald weit und hoch
ſind/ bald eng/ bald grad/ bald krumm/ auch etwañ Schneckenfoͤrmig/
uͤber diß auß denen Grundſaͤtzen heutiger Natur wiſſenſchaft wiſſen/ das ein
durch krumme Schnecken Gaͤnge getribene Luft einen ſtarken Thon erwek-
ket/ ſo koͤnnen wir ohne mehrere weitlaͤuffigkeit von unſerer vorhabenden Na-
turgeſchicht diſen Endſchluß machen/ daß unter bedeuteten Seen die innere
Erden eine ſolche krum̃ holloͤcherichte geſtalt habe/ durch welche der Unter-
irꝛdiſche an gewalt verſtaͤrkte Luft/ oder Æolus getrieben keinen andern auß-
gang findet/ als in mitten der Seen ſelbs/ in welchen er anfangs erwecket ein
wirblichte bewegung/ und aufſchwellen/ hernach mit macht durch- und auß-
bricht/ under ſtarkem Gethoͤn/ welches ſich eeliche Meilen weit erſtrecket.
Reiſe uͤber den Spluͤgerberg.
Durch unſere Helvetiſche Lande gehen in Jtalien zwey Haubtſtraſſen/
die einte uͤber den Gotthard/ welchen Berg wir oben blatt 18. beſchrieben/
follkom̃ner aber beſchreiben werden bey einem anderen anlas. Dißmal komt
unter unſere Betrachtung der zweyte Haubtpaß uͤber den Spluͤgen/ an
welchen wir kommen uͤber Chur/ durch das Domleſchger Thal/ weiters
durch Tuſis/ oder Toſanne/ die ſo genante Via mala, welche auch oben
bl. 56. beſchriben worden: folglich dem hinderen Rhein nach durch das
Schamſer Thal/ bis man endlich komt in das Dorff Spluͤgen/ ſo unten
am Berg ligt. Diſer nam̃hafte/ in dem Oberen Pundt ligende Berg heiſſet
Spluͤgen/ Spluͤgner/ Speluga, Spluga, Urſulus, Urſus, Culmen Urſi
Montis, Colmen del Orſo, Urſchler/ Urſcheler/ bey Vignerio auch S.
Bernhardini Mons, bey andern auch Avicula. Er iſt Som̃er und Win-
ter/ zu Roß uud Fuß wandelbar/ und ſcheidet Spluͤgen/ das Dorff/ und
das Thal Gampolſchin/ Campus Altinus, von einander. Gleichwie auch
alle hohen Helvetiſchen Gebirge koͤñen/ und muͤſſen/ angeſehen werden vorꝛei-
che Waſſergehalter/ welche vil Bruͤnnen/ Baͤche und Fluͤſſe/ von ſich geben/
alſo koͤnnen wir ins beſonder von dem Spluͤgerberg ſagen/ daß hieher/ ge-
gen dem Dorff Spluͤgen/ flieſſe ein Waſſer/ welches ſich in den hinderen
Rhein ſich ergieſſet: gegen Mittag aber entſpringe die Lyra, ein Fluß/ wel-
cher
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