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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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bliebene Thier- und Menschen-Gebeine. Und hat man disere Streitfrag
vor so wichtig angesehen/ daß vor thunlich erachtet/ hiervon ganze Bücher/
und Dissertationes zuschreiben Joh. Laurentius Bausch, Joh. Samuel Carl,
Salomo Reiselius, Joh. Lucas Rhiem, Wilh. Ernestus Tentzel, Georg
Wolfgang Wedel,
und villeicht andere mehr. Absonderlich hat man bey
Anlas einer grossen Menge dergleichen bey Canstadt im Wirtemberger-
land vor wenig Jahren gefundenen Hörneren/ und Gebeinen/ (mit denen
Jhro Fürstl. Durchl. auch unser Lobl. Züricherische Kunst- und Natura-
lien-
Kammer freygebig zubeschenken beliebet) disen Philosophischen Proceß
von neuem beyderseits/ und zwar hitzig zu führen angehebt/ und so lang durch
allerhand Gründe/ und gemachte Proben gegen einander actioniert, das
Tenzelius bey FRIDERICO, Herzogen in Sachsen/ erst vor einem Jahr
angehalten/ daß Jhr Durchl. gefallen möchte/ den zwischen ihme/ und D.
Schnetter
hierüber waltenden Streit/ durch zusamenberüffung der berühm-
testen Medicorum, naher Gotha/ zu entscheiden. Ob gleich hierauß nichts
worden/ so hat doch die unpartheyisch gelehrte/ Wahrheitliebende Welt dem
Mineralischen Reich dise Hörner entzogen/ und dem Animalischen/ oder
Thieren Reich einverleibet; so daß nun wenig mehr seyn/ die daran
zweiflen/ und die meisten zwar der Zeit halben bis zu den Zeiten des Sünd-
flusses aufsteigen. Absonderlich hat sich bey erörterung diser Streitfrag ver-
dient gemachet obgedachter Joh. Samuel Carl, Medicus zu Oringen/ welcher
in seinem Lapide Lydio Philosophico-Pyrotechnico ad Ossium Fossilium
Docimasiam Analytice demonstrandam adhibito,
so heraußkommen An.
1704. zu Frankfurt/ gar deutlich gezeiget/ daß dise Beine gleich anderen
Beinen in der Feuer-Prob bestehen/ bey verschlossenem Feuer schwarz/ bey
offenem aber calcinirt, und weiß/ werden/ sonderlich aber von sich geben ei-
nen flüchtigen urinosen Geist/ und Salz/ nebst einem stinkenden Oehl/ Oleo
empyreum atico;
welche von keiner Marge/ Stein- oder Erden-Saft zu er-
warten stehen. Disen gegrabenen Hörneren ist es ergangen/ wie anderen
raren Sachen; man spürte bey ihnen ein Medicinalische Kraft/ und erhebte
dieselbe so hoch/ daß man sie vor ein herrliches Giftmittel/ und bald vor eine
allgemeine Artzney dargegeben/ und denen Materialisten/ und Apothekeren
Anlas gemachet/ ihre Beutel trefflich durch theure verkauffung eines so kost-
baren Schatzes zu spicken. Nunmehr aber/ weil man sie in grosser Menge
haben kan/ fallet so wol der Preis/ als die gehabte hohe estime, so daß nun dise
veralteten/ villeicht oft von einem Schindacker genommene/ Beine gesetzet
werden in gleiche Bank nebst anderen zusamenzeuhenden/ absorbirenden/
versüssenden/ Schweißtreibenden/ Blutstillenden/ Gichtvertreibenden Artz-
neyen/ denen sie bey gegebenem Anlas untermischet werden. Jch wil aber

mich

bliebene Thier- und Menſchen-Gebeine. Und hat man diſere Streitfrag
vor ſo wichtig angeſehen/ daß vor thunlich erachtet/ hiervon ganze Buͤcher/
und Diſſertationes zuſchreiben Joh. Laurentius Bauſch, Joh. Samuel Carl,
Salomo Reiſelius, Joh. Lucas Rhiem, Wilh. Erneſtus Tentzel, Georg
Wolfgang Wedel,
und villeicht andere mehr. Abſonderlich hat man bey
Anlas einer groſſen Menge dergleichen bey Canſtadt im Wirtemberger-
land vor wenig Jahren gefundenen Hoͤrneren/ und Gebeinen/ (mit denen
Jhro Fuͤrſtl. Durchl. auch unſer Lobl. Züricheriſche Kunſt- und Natura-
lien-
Kammer freygebig zubeſchenken beliebet) diſen Philoſophiſchen Proceß
von neuem beyderſeits/ und zwar hitzig zu fuͤhren angehebt/ und ſo lang durch
allerhand Gruͤnde/ und gemachte Proben gegen einander actioniert, das
Tenzelius bey FRIDERICO, Herzogen in Sachſen/ erſt vor einem Jahr
angehalten/ daß Jhr Durchl. gefallen moͤchte/ den zwiſchen ihme/ und D.
Schnetter
hierüber waltenden Streit/ durch zuſamenberuͤffung der beruͤhm-
teſten Medicorum, naher Gotha/ zu entſcheiden. Ob gleich hierauß nichts
worden/ ſo hat doch die unpartheyiſch gelehrte/ Wahrheitliebende Welt dem
Mineraliſchen Reich diſe Hoͤrner entzogen/ und dem Animaliſchen/ oder
Thieren Reich einverleibet; ſo daß nun wenig mehr ſeyn/ die daran
zweiflen/ und die meiſten zwar der Zeit halben bis zu den Zeiten des Sünd-
fluſſes aufſteigen. Abſonderlich hat ſich bey eroͤrterung diſer Streitfrag ver-
dient gemachet obgedachter Joh. Samuel Carl, Medicus zu Oringen/ welcher
in ſeinem Lapide Lydio Philoſophico-Pyrotechnico ad Oſſium Foſſilium
Docimaſiam Analyticè demonſtrandam adhibito,
ſo heraußkommen An.
1704. zu Frankfurt/ gar deutlich gezeiget/ daß diſe Beine gleich anderen
Beinen in der Feuer-Prob beſtehen/ bey verſchloſſenem Feuer ſchwarz/ bey
offenem aber calcinirt, und weiß/ werden/ ſonderlich aber von ſich geben ei-
nen flüchtigen urinoſen Geiſt/ und Salz/ nebſt einem ſtinkenden Oehl/ Oleo
empyreum atico;
welche von keiner Marge/ Stein- oder Erden-Saft zu er-
warten ſtehen. Diſen gegrabenen Hoͤrneren iſt es ergangen/ wie anderen
raren Sachen; man ſpuͤrte bey ihnen ein Medicinaliſche Kraft/ und erhebte
dieſelbe ſo hoch/ daß man ſie vor ein herꝛliches Giftmittel/ und bald vor eine
allgemeine Artzney dargegeben/ und denen Materialiſten/ und Apothekeren
Anlas gemachet/ ihre Beutel trefflich durch theure verkauffung eines ſo koſt-
baren Schatzes zu ſpicken. Nunmehr aber/ weil man ſie in groſſer Menge
haben kan/ fallet ſo wol der Preis/ als die gehabte hohe eſtime, ſo daß nun diſe
veralteten/ villeicht oft von einem Schindacker genommene/ Beine geſetzet
werden in gleiche Bank nebſt anderen zuſamenzeuhenden/ abſorbirenden/
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[187/0200] bliebene Thier- und Menſchen-Gebeine. Und hat man diſere Streitfrag vor ſo wichtig angeſehen/ daß vor thunlich erachtet/ hiervon ganze Buͤcher/ und Diſſertationes zuſchreiben Joh. Laurentius Bauſch, Joh. Samuel Carl, Salomo Reiſelius, Joh. Lucas Rhiem, Wilh. Erneſtus Tentzel, Georg Wolfgang Wedel, und villeicht andere mehr. Abſonderlich hat man bey Anlas einer groſſen Menge dergleichen bey Canſtadt im Wirtemberger- land vor wenig Jahren gefundenen Hoͤrneren/ und Gebeinen/ (mit denen Jhro Fuͤrſtl. Durchl. auch unſer Lobl. Züricheriſche Kunſt- und Natura- lien-Kammer freygebig zubeſchenken beliebet) diſen Philoſophiſchen Proceß von neuem beyderſeits/ und zwar hitzig zu fuͤhren angehebt/ und ſo lang durch allerhand Gruͤnde/ und gemachte Proben gegen einander actioniert, das Tenzelius bey FRIDERICO, Herzogen in Sachſen/ erſt vor einem Jahr angehalten/ daß Jhr Durchl. gefallen moͤchte/ den zwiſchen ihme/ und D. Schnetter hierüber waltenden Streit/ durch zuſamenberuͤffung der beruͤhm- teſten Medicorum, naher Gotha/ zu entſcheiden. Ob gleich hierauß nichts worden/ ſo hat doch die unpartheyiſch gelehrte/ Wahrheitliebende Welt dem Mineraliſchen Reich diſe Hoͤrner entzogen/ und dem Animaliſchen/ oder Thieren Reich einverleibet; ſo daß nun wenig mehr ſeyn/ die daran zweiflen/ und die meiſten zwar der Zeit halben bis zu den Zeiten des Sünd- fluſſes aufſteigen. Abſonderlich hat ſich bey eroͤrterung diſer Streitfrag ver- dient gemachet obgedachter Joh. Samuel Carl, Medicus zu Oringen/ welcher in ſeinem Lapide Lydio Philoſophico-Pyrotechnico ad Oſſium Foſſilium Docimaſiam Analyticè demonſtrandam adhibito, ſo heraußkommen An. 1704. zu Frankfurt/ gar deutlich gezeiget/ daß diſe Beine gleich anderen Beinen in der Feuer-Prob beſtehen/ bey verſchloſſenem Feuer ſchwarz/ bey offenem aber calcinirt, und weiß/ werden/ ſonderlich aber von ſich geben ei- nen flüchtigen urinoſen Geiſt/ und Salz/ nebſt einem ſtinkenden Oehl/ Oleo empyreum atico; welche von keiner Marge/ Stein- oder Erden-Saft zu er- warten ſtehen. Diſen gegrabenen Hoͤrneren iſt es ergangen/ wie anderen raren Sachen; man ſpuͤrte bey ihnen ein Medicinaliſche Kraft/ und erhebte dieſelbe ſo hoch/ daß man ſie vor ein herꝛliches Giftmittel/ und bald vor eine allgemeine Artzney dargegeben/ und denen Materialiſten/ und Apothekeren Anlas gemachet/ ihre Beutel trefflich durch theure verkauffung eines ſo koſt- baren Schatzes zu ſpicken. Nunmehr aber/ weil man ſie in groſſer Menge haben kan/ fallet ſo wol der Preis/ als die gehabte hohe eſtime, ſo daß nun diſe veralteten/ villeicht oft von einem Schindacker genommene/ Beine geſetzet werden in gleiche Bank nebſt anderen zuſamenzeuhenden/ abſorbirenden/ verſuͤſſenden/ Schweißtreibenden/ Blutſtillenden/ Gichtvertreibenden Artz- neyen/ denen ſie bey gegebenem Anlas untermiſchet werden. Jch wil aber mich

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/200>, abgerufen am 21.11.2024.