Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.vetischen Landen eine grössere Kälte regiert/ als der Polushöhe von 45. bis P. S. Es ist hierbey zu haben ein Kupfer von der Panten Bruck a 2. ß. vetiſchen Landen eine groͤſſere Kaͤlte regiert/ als der Polushoͤhe von 45. bis P. S. Es iſt hierbey zu haben ein Kupfer von der Panten Bruck a 2. ß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0035" n="(28)[28]"/><hi rendition="#aq">veti</hi>ſchen Landen eine groͤſſere Kaͤlte regiert/ als der Polushoͤhe von 45. bis<lb/> 48. Graden zu ſtehet. Es iſt oben bereits an verſchiedenen Ohrten die Ur-<lb/> ſach deſſen zugeleget worden der hohen <hi rendition="#aq">Situation,</hi> und Bergichten Beſchaf-<lb/> fenheit des Schweizerlands: Aber eben diſere uͤber das uͤbrige Europa er-<lb/> hoͤhete Berg-Gipfel ſein die Urſach der Fruchtbarkeit unſers Lands. Unſere<lb/> Vernunft ſihet diß <hi rendition="#aq">Paradoxum Phyſicum</hi> alſo an. Were die ganze Schweiz<lb/> ein einiger Berg/ ſo weren wir wol die ungluͤkhafteſten Bewohner Europ<hi rendition="#aq">æ</hi>/<lb/> von der Nordſeite her wurden wir geplaget von den rauhen Biſwinden/<lb/> welche alle Früchte/ und das Graß ſelbs hinderhielten/ daß wir unſer Lager<lb/> anderſtwo aufzuſchlagen genoͤhtiget wurden. Und hette ſich allein die Mit-<lb/> tag- und Abendſeite zugetroͤſten der Fruchtbarkeit. Nun aber/ da diſes un-<lb/> ſer Land zertheilet in Berge und Thaͤler/ heben jene die ſcharffen Winde<lb/> auf/ und hinderhalten ſie/ daß ſie nicht mit voͤlligen ihren Kraͤften die Thaͤler<lb/> koͤnnen durchſtreichen/ gleich in einichen Engellaͤndiſchen Jnslen die Frucht-<lb/> barkeit der Gaͤrten merklich befoͤrderet wird durch hohe Mauren/ welche die<lb/> geſalzene Seeluft abhalten. Es iſt hiervon/ ſo vil mich zu er inneren weiß/<lb/> oben bereits gehandlet worden. Nicht iſt zu laugnen/ daß nicht die naͤchſt<lb/> an hohe Schneegebirge ligende Thaͤler von ſo kalter Nachbarſchaft etwas<lb/> leiden/ wie dann in vor uns ligendem <hi rendition="#fr">Linthal/</hi> als dem hinderſten Winkel<lb/> des Glarnerlands/ der Schnee ſpaͤhter abgehet/ als weiter hinauß bey<lb/> Schwanden/ oder um Glarus; gleichwol/ welches zubewunderen/ kommet<lb/> dorten das Graß ſo bald zu ſeiner Vollkommenheit/ als hier/ weilen der<lb/> haͤuffige Schnee die Wurtzen der Pflanzen nicht nur nicht erſtecket/ oder ver-<lb/> derbet/ ſondern durch hinderhaltung der Erdenwaͤrme/ und offenbehaltung<lb/> der Nahrungszaͤſeren/ oder Gefaͤſſen/ erhaltet: da hingegen in offenerem<lb/> Land bey dünnerem Schnee/ und freyerem Zugang der kalten Nordwinden/<lb/> die Pflan; en den Winter uͤber naͤher zuſamen getrukt werden daß ſie bey<lb/> ankommendem Fruͤhling nicht ſo geſchwind widerum ſich oͤffnen koͤnnen.<lb/> Eben diſes ſehen wir mit groͤſter Erſtaunung auf denen Alp-Firſten ſelbs/<lb/> da naͤchſt an den Eis- und Schnee Felſen gruͤnen/ und bluͤhen/ die fetteſten<lb/> Weyden/ und abzupfluͤken ſein die geſchmakteſten Erdbeeren/ alſo der Win-<lb/> ter zu ſehen nebſt dem Sommer. Es er kenne jedermann hierauß die Goͤtt-<lb/> liche Allmacht/ Weißheit/ und Guͤte/ deren hat gefallen wollen/ unſer Schwei-<lb/> zerland hoͤher zu ſetzen/ als das uͤbrige Europa/ als ein reiches Waſſer Vor-<lb/> raht- und Provianthauß/ als eine Zeugmuter der Wolken/ und Winden/<lb/> anbey aber/ damit wir Bewohnere diſes Europeiſchen Berg-Gipfels nicht<lb/> von Kaͤlte/ und Hunger/ verdurben/ die Thaͤler alſo zu unterſcheiden mit<lb/> hohen Bergen/ daß diſe jenen koͤnten dienen als Vormauren/ jene aber uns<lb/> zu unſerer Nahrung/ Erhaltung/ und Luſt/ als Gaͤrten/ Felder/ Wieſen. ꝛc.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">P. S.</hi> Es iſt hierbey zu haben ein Kupfer von der Panten Bruck a 2. ß.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [(28)[28]/0035]
vetiſchen Landen eine groͤſſere Kaͤlte regiert/ als der Polushoͤhe von 45. bis
48. Graden zu ſtehet. Es iſt oben bereits an verſchiedenen Ohrten die Ur-
ſach deſſen zugeleget worden der hohen Situation, und Bergichten Beſchaf-
fenheit des Schweizerlands: Aber eben diſere uͤber das uͤbrige Europa er-
hoͤhete Berg-Gipfel ſein die Urſach der Fruchtbarkeit unſers Lands. Unſere
Vernunft ſihet diß Paradoxum Phyſicum alſo an. Were die ganze Schweiz
ein einiger Berg/ ſo weren wir wol die ungluͤkhafteſten Bewohner Europæ/
von der Nordſeite her wurden wir geplaget von den rauhen Biſwinden/
welche alle Früchte/ und das Graß ſelbs hinderhielten/ daß wir unſer Lager
anderſtwo aufzuſchlagen genoͤhtiget wurden. Und hette ſich allein die Mit-
tag- und Abendſeite zugetroͤſten der Fruchtbarkeit. Nun aber/ da diſes un-
ſer Land zertheilet in Berge und Thaͤler/ heben jene die ſcharffen Winde
auf/ und hinderhalten ſie/ daß ſie nicht mit voͤlligen ihren Kraͤften die Thaͤler
koͤnnen durchſtreichen/ gleich in einichen Engellaͤndiſchen Jnslen die Frucht-
barkeit der Gaͤrten merklich befoͤrderet wird durch hohe Mauren/ welche die
geſalzene Seeluft abhalten. Es iſt hiervon/ ſo vil mich zu er inneren weiß/
oben bereits gehandlet worden. Nicht iſt zu laugnen/ daß nicht die naͤchſt
an hohe Schneegebirge ligende Thaͤler von ſo kalter Nachbarſchaft etwas
leiden/ wie dann in vor uns ligendem Linthal/ als dem hinderſten Winkel
des Glarnerlands/ der Schnee ſpaͤhter abgehet/ als weiter hinauß bey
Schwanden/ oder um Glarus; gleichwol/ welches zubewunderen/ kommet
dorten das Graß ſo bald zu ſeiner Vollkommenheit/ als hier/ weilen der
haͤuffige Schnee die Wurtzen der Pflanzen nicht nur nicht erſtecket/ oder ver-
derbet/ ſondern durch hinderhaltung der Erdenwaͤrme/ und offenbehaltung
der Nahrungszaͤſeren/ oder Gefaͤſſen/ erhaltet: da hingegen in offenerem
Land bey dünnerem Schnee/ und freyerem Zugang der kalten Nordwinden/
die Pflan; en den Winter uͤber naͤher zuſamen getrukt werden daß ſie bey
ankommendem Fruͤhling nicht ſo geſchwind widerum ſich oͤffnen koͤnnen.
Eben diſes ſehen wir mit groͤſter Erſtaunung auf denen Alp-Firſten ſelbs/
da naͤchſt an den Eis- und Schnee Felſen gruͤnen/ und bluͤhen/ die fetteſten
Weyden/ und abzupfluͤken ſein die geſchmakteſten Erdbeeren/ alſo der Win-
ter zu ſehen nebſt dem Sommer. Es er kenne jedermann hierauß die Goͤtt-
liche Allmacht/ Weißheit/ und Guͤte/ deren hat gefallen wollen/ unſer Schwei-
zerland hoͤher zu ſetzen/ als das uͤbrige Europa/ als ein reiches Waſſer Vor-
raht- und Provianthauß/ als eine Zeugmuter der Wolken/ und Winden/
anbey aber/ damit wir Bewohnere diſes Europeiſchen Berg-Gipfels nicht
von Kaͤlte/ und Hunger/ verdurben/ die Thaͤler alſo zu unterſcheiden mit
hohen Bergen/ daß diſe jenen koͤnten dienen als Vormauren/ jene aber uns
zu unſerer Nahrung/ Erhaltung/ und Luſt/ als Gaͤrten/ Felder/ Wieſen. ꝛc.
P. S. Es iſt hierbey zu haben ein Kupfer von der Panten Bruck a 2. ß.
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