Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.
"Jch seze diesen Fall; dann viele wollen wissen 620"Des Herzens Eigenschaft aus der Gestallt zu schliessen; "Gesezt: die Königinn wär nicht Theresia; "Sie käm derselbigen an Schönheit nicht so nah; "Ja, wann sie nichts von ihr, als nur den Nahmen führte, "Sonst ihre Königs-Pracht mit keiner Anmuth zierte; 625"Es zeige sich im Aug ein unbeliebter Blick; "Desselben Freundlichkeit erscheine nur zum Glück: "Ein blaß-verdrossner Mund mit ungefärbten Wangen, "Das Himmel-blaue Kleid in unlebhaftem Prangen "Sey Gnade, Zier und Reiz: man bilde sich nur ein, 630"Ob es dem Tugend-Chor wurd eine Freude seyn. "Gesezt: ich will den Schaz so vieler Hoheits-Gaben, "Den ihre Majestät besizet, wieder haben; "Bedencket den Erfolg! ich nehme das zuruck, "Was ihr die Schönheit nennt, und laß' ihr eitlen Schmuck. 635"Jhr Aug entfeure sich; der Rosen Lust entweiche; "Die Lippen werden blaß; der Wangen Farb erbleiche; "Der Sprache Silber-Klang verdunckle sich im Mund; "Der Rede Geist und Wiz verliehre Schluß und Grund; "Und
„Jch ſeze dieſen Fall; dann viele wollen wiſſen 620„Des Herzens Eigenſchaft aus der Geſtallt zu ſchlieſſen; „Geſezt: die Koͤniginn waͤr nicht Thereſia; „Sie kaͤm derſelbigen an Schoͤnheit nicht ſo nah; „Ja, wann ſie nichts von ihr, als nur den Nahmen fuͤhrte, „Sonſt ihre Koͤnigs-Pracht mit keiner Anmuth zierte; 625„Es zeige ſich im Aug ein unbeliebter Blick; „Deſſelben Freundlichkeit erſcheine nur zum Gluͤck: „Ein blaß-verdroſſner Mund mit ungefaͤrbten Wangen, „Das Himmel-blaue Kleid in unlebhaftem Prangen „Sey Gnade, Zier und Reiz: man bilde ſich nur ein, 630„Ob es dem Tugend-Chor wurd eine Freude ſeyn. „Geſezt: ich will den Schaz ſo vieler Hoheits-Gaben, „Den ihre Majeſtaͤt beſizet, wieder haben; „Bedencket den Erfolg! ich nehme das zuruck, „Was ihr die Schoͤnheit nennt, und laß’ ihr eitlen Schmuck. 635„Jhr Aug entfeure ſich; der Roſen Luſt entweiche; „Die Lippen werden blaß; der Wangen Farb erbleiche; „Der Sprache Silber-Klang verdunckle ſich im Mund; „Der Rede Geiſt und Wiz verliehre Schluß und Grund; „Und
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Thereſiade
„Das mag bey vielen zwar, ſo ſie niemahls geſehen,
„Zu was vermoͤgend ſeyn, wie wircklich auch geſchehen;
„Wir aber ſehen ſie: warum hat man ſie lieb?
„Fort! ſagt, was ihr gedenckt! woher kommt dieſer Trieb?
„Jch ſeze dieſen Fall; dann viele wollen wiſſen
„Des Herzens Eigenſchaft aus der Geſtallt zu ſchlieſſen;
„Geſezt: die Koͤniginn waͤr nicht Thereſia;
„Sie kaͤm derſelbigen an Schoͤnheit nicht ſo nah;
„Ja, wann ſie nichts von ihr, als nur den Nahmen fuͤhrte,
„Sonſt ihre Koͤnigs-Pracht mit keiner Anmuth zierte;
„Es zeige ſich im Aug ein unbeliebter Blick;
„Deſſelben Freundlichkeit erſcheine nur zum Gluͤck:
„Ein blaß-verdroſſner Mund mit ungefaͤrbten Wangen,
„Das Himmel-blaue Kleid in unlebhaftem Prangen
„Sey Gnade, Zier und Reiz: man bilde ſich nur ein,
„Ob es dem Tugend-Chor wurd eine Freude ſeyn.
„Geſezt: ich will den Schaz ſo vieler Hoheits-Gaben,
„Den ihre Majeſtaͤt beſizet, wieder haben;
„Bedencket den Erfolg! ich nehme das zuruck,
„Was ihr die Schoͤnheit nennt, und laß’ ihr eitlen Schmuck.
„Jhr Aug entfeure ſich; der Roſen Luſt entweiche;
„Die Lippen werden blaß; der Wangen Farb erbleiche;
„Der Sprache Silber-Klang verdunckle ſich im Mund;
„Der Rede Geiſt und Wiz verliehre Schluß und Grund;
„Und
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