Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Theresiade

"Kurz: ihre Treu verschafft (wir haben es gesehn)
"Daß ihrer Feinde Zorn und Drohen muß vergehn.
"Der Schild, der Schild der Treu, wirfft so geschärffte Strahlen,
440"Wann sich in dessen Blatt Wort, Eid und Schwüre mahlen

"Die man ihr zugesagt; daß selbst der Feind erschrickt,
"Weil er den harten Bruch des eignen Schwurs erblickt.
"Erweget, wie sein Herz, sein nagendes Gewissen
"Bey diesem Vorwurff tobt, was es beginnt zu schliessen!
445"GOtt läßt desselben Wuth sein eigner Richter seyn,

"Er flößt desselben Rath verwirrte Sorgen ein:
"Da sie hingegen sich durch jene Macht errettet,
"Um die sie seinen Arm so kräftig angebettet.

"Was nüzt der halben Welt Schaz, Reichtum, Pracht und Gut,
450"Wann der Besiz allein auf Trug und List beruht?

"Das kennt Theresia; sie weiß, durch welche Waffen
"Man in Bedrängnissen sich könne Trost verschaffen.
"Es braucht des Zeugnisses und des Beweises nicht;
"Es schwebet alles noch vor unserm Angesicht.
455"Getraut ihr euch, es mir mit Fug zu wiedersprechen?

"Wer kann mir diesen Saz durch Gegensäze schwächen:
"Die Treu vermag so viel, als ihr; sie ist euch gleich;
"Sie macht die Königinn so Ruhm-als Wohlfart-reich.
"Wie viele können oft auch nicht mit allen Rechten,
460"Was ihnen zugehört, von ihrem Feind erfechten?
"Weil

Thereſiade

„Kurz: ihre Treu verſchafft (wir haben es geſehn)
„Daß ihrer Feinde Zorn und Drohen muß vergehn.
„Der Schild, der Schild der Treu, wirfft ſo geſchaͤrffte Strahlen,
440„Wann ſich in deſſen Blatt Wort, Eid und Schwuͤre mahlen

„Die man ihr zugeſagt; daß ſelbſt der Feind erſchrickt,
„Weil er den harten Bruch des eignen Schwurs erblickt.
„Erweget, wie ſein Herz, ſein nagendes Gewiſſen
„Bey dieſem Vorwurff tobt, was es beginnt zu ſchlieſſen!
445„GOtt laͤßt deſſelben Wuth ſein eigner Richter ſeyn,

„Er floͤßt deſſelben Rath verwirꝛte Sorgen ein:
„Da ſie hingegen ſich durch jene Macht errettet,
„Um die ſie ſeinen Arm ſo kraͤftig angebettet.

„Was nuͤzt der halben Welt Schaz, Reichtum, Pracht und Gut,
450„Wann der Beſiz allein auf Trug und Liſt beruht?

„Das kennt Thereſia; ſie weiß, durch welche Waffen
„Man in Bedraͤngniſſen ſich koͤnne Troſt verſchaffen.
„Es braucht des Zeugniſſes und des Beweiſes nicht;
„Es ſchwebet alles noch vor unſerm Angeſicht.
455„Getraut ihr euch, es mir mit Fug zu wiederſprechen?

„Wer kann mir dieſen Saz durch Gegenſaͤze ſchwaͤchen:
„Die Treu vermag ſo viel, als ihr; ſie iſt euch gleich;
„Sie macht die Koͤniginn ſo Ruhm-als Wohlfart-reich.
„Wie viele koͤnnen oft auch nicht mit allen Rechten,
460„Was ihnen zugehoͤrt, von ihrem Feind erfechten?
„Weil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0195"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>&#x201E;Kurz: ihre Treu ver&#x017F;chafft (wir haben es ge&#x017F;ehn)</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß ihrer Feinde Zorn und Drohen muß vergehn.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Schild, der Schild der Treu, wirfft &#x017F;o ge&#x017F;cha&#x0364;rffte Strahlen,<lb/><note place="left">440</note>&#x201E;Wann &#x017F;ich in de&#x017F;&#x017F;en Blatt Wort, Eid und Schwu&#x0364;re mahlen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die man ihr zuge&#x017F;agt; daß &#x017F;elb&#x017F;t der Feind er&#x017F;chrickt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil er den harten Bruch des eignen Schwurs erblickt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Erweget, wie &#x017F;ein Herz, &#x017F;ein nagendes Gewi&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>&#x201E;Bey die&#x017F;em Vorwurff tobt, was es beginnt zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en!<lb/><note place="left">445</note>&#x201E;GOtt la&#x0364;ßt de&#x017F;&#x017F;elben Wuth &#x017F;ein eigner Richter &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er flo&#x0364;ßt de&#x017F;&#x017F;elben Rath verwir&#xA75B;te Sorgen ein:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da &#x017F;ie hingegen &#x017F;ich durch jene Macht errettet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Um die &#x017F;ie &#x017F;einen Arm &#x017F;o kra&#x0364;ftig angebettet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Was nu&#x0364;zt der halben Welt Schaz, Reichtum, Pracht und Gut,<lb/><note place="left">450</note>&#x201E;Wann der Be&#x017F;iz allein auf Trug und Li&#x017F;t beruht?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das kennt <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia;</hi> &#x017F;ie weiß, durch welche Waffen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Man in Bedra&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich ko&#x0364;nne Tro&#x017F;t ver&#x017F;chaffen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Es braucht des Zeugni&#x017F;&#x017F;es und des Bewei&#x017F;es nicht;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Es &#x017F;chwebet alles noch vor un&#x017F;erm Ange&#x017F;icht.<lb/><note place="left">455</note>&#x201E;Getraut ihr euch, es mir mit Fug zu wieder&#x017F;prechen?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wer kann mir die&#x017F;en Saz durch Gegen&#x017F;a&#x0364;ze &#x017F;chwa&#x0364;chen:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Treu vermag &#x017F;o viel, als ihr; &#x017F;ie i&#x017F;t euch gleich;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sie macht die Ko&#x0364;niginn &#x017F;o Ruhm-als Wohlfart-reich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Wie viele ko&#x0364;nnen oft auch nicht mit allen Rechten,<lb/><note place="left">460</note>&#x201E;Was ihnen zugeho&#x0364;rt, von ihrem Feind erfechten?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Weil</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0195] Thereſiade „Kurz: ihre Treu verſchafft (wir haben es geſehn) „Daß ihrer Feinde Zorn und Drohen muß vergehn. „Der Schild, der Schild der Treu, wirfft ſo geſchaͤrffte Strahlen, „Wann ſich in deſſen Blatt Wort, Eid und Schwuͤre mahlen „Die man ihr zugeſagt; daß ſelbſt der Feind erſchrickt, „Weil er den harten Bruch des eignen Schwurs erblickt. „Erweget, wie ſein Herz, ſein nagendes Gewiſſen „Bey dieſem Vorwurff tobt, was es beginnt zu ſchlieſſen! „GOtt laͤßt deſſelben Wuth ſein eigner Richter ſeyn, „Er floͤßt deſſelben Rath verwirꝛte Sorgen ein: „Da ſie hingegen ſich durch jene Macht errettet, „Um die ſie ſeinen Arm ſo kraͤftig angebettet. „Was nuͤzt der halben Welt Schaz, Reichtum, Pracht und Gut, „Wann der Beſiz allein auf Trug und Liſt beruht? „Das kennt Thereſia; ſie weiß, durch welche Waffen „Man in Bedraͤngniſſen ſich koͤnne Troſt verſchaffen. „Es braucht des Zeugniſſes und des Beweiſes nicht; „Es ſchwebet alles noch vor unſerm Angeſicht. „Getraut ihr euch, es mir mit Fug zu wiederſprechen? „Wer kann mir dieſen Saz durch Gegenſaͤze ſchwaͤchen: „Die Treu vermag ſo viel, als ihr; ſie iſt euch gleich; „Sie macht die Koͤniginn ſo Ruhm-als Wohlfart-reich. „Wie viele koͤnnen oft auch nicht mit allen Rechten, „Was ihnen zugehoͤrt, von ihrem Feind erfechten? „Weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/195
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/195>, abgerufen am 23.11.2024.