Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Theresiade "So schwüng der Vorschlag sich weit über unsre Macht,"Man fäng zwar an, jedoch es würde nichts vollbracht: "So viele Tugenden! so viele Pracht-Colossen! 205"Es würd ein Wunder-Wald, doch blieb er unentsprossen. "So fassen wir den Schluß: Ein eintziges Gebäu, "Das man dem Amts-Verdienst der ersten Tugend weih, "(Stimmt ihr mit mir nicht ein?) könnt unsern Wunsch und Willen "So wohl, als jener Wald, durch seine Pracht erfüllen. 210"Wer aber ist von uns, dem dieser Rang gebührt? "Wer hat was ohne mich erfunden, ausgeführt? "So will das Recht, daß man mir dieses Denckmal baue, "Auf dessen Friese man mich, meinen Nahmen schaue. Jch wurde nicht allein durch diesen Satz bewegt; 215Die gantze Gegenwart des Saales ward erregt, Nichts weniger als ihm geneiget beyzustimmen; Man sah fast allerseits ein Mißvergnügen glimmen. Thalia selbst erwies Befremdung, ja Verdruß: "Was", sagte sie: Der ist beym Anfang schon am Schluß? 220Jch fragte, wer er sey; Ob sie den Jüngling kenne? "Sein Reden zeigt", sprach sie, daß er sich Zweifel nenne. [Spaltenumbruch] 213 Jhn 213 Das Friese (Zophorum) ist ge-
meiniglich der jenige Ort an dem [Spaltenumbruch] Haupt-Gesims eines Gebäudes/ den man mit einer Jnnschrift zieret. Thereſiade „So ſchwuͤng der Vorſchlag ſich weit uͤber unſre Macht,„Man faͤng zwar an, jedoch es wuͤrde nichts vollbracht: „So viele Tugenden! ſo viele Pracht-Coloſſen! 205„Es wuͤrd ein Wunder-Wald, doch blieb er unentſproſſen. „So faſſen wir den Schluß: Ein eintziges Gebaͤu, „Das man dem Amts-Verdienſt der erſten Tugend weih, „(Stim̃t ihr mit mir nicht ein?) koͤnnt unſern Wunſch und Willen „So wohl, als jener Wald, durch ſeine Pracht erfuͤllen. 210„Wer aber iſt von uns, dem dieſer Rang gebuͤhrt? „Wer hat was ohne mich erfunden, ausgefuͤhrt? „So will das Recht, daß man mir dieſes Denckmal baue, „Auf deſſen Frieſe man mich, meinen Nahmen ſchaue. Jch wurde nicht allein durch dieſen Satz bewegt; 215Die gantze Gegenwart des Saales ward erregt, Nichts weniger als ihm geneiget beyzuſtimmen; Man ſah faſt allerſeits ein Mißvergnuͤgen glimmen. Thalia ſelbſt erwies Befremdung, ja Verdruß: „Was„, ſagte ſie: Der iſt beym Anfang ſchon am Schluß? 220Jch fragte, wer er ſey; Ob ſie den Juͤngling kenne? „Sein Reden zeigt„, ſprach ſie, daß er ſich Zweifel nenne. [Spaltenumbruch] 213 Jhn 213 Das Frieſe (Zophorum) iſt ge-
meiniglich der jenige Ort an dem [Spaltenumbruch] Haupt-Geſims eines Gebaͤudes/ den man mit einer Jnnſchrift zieret. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0061"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Thereſiade</hi> </fw><lb/> <l>„So ſchwuͤng der Vorſchlag ſich weit uͤber unſre Macht,</l><lb/> <l>„Man faͤng zwar an, jedoch es wuͤrde nichts vollbracht:</l><lb/> <l>„So viele Tugenden! ſo viele Pracht-Coloſſen!</l><lb/> <l><note place="left">205</note>„Es wuͤrd ein Wunder-Wald, doch blieb er unentſproſſen.</l> </lg><lb/> <lg> <l>„So faſſen wir den Schluß: Ein eintziges Gebaͤu,</l><lb/> <l>„Das man dem Amts-Verdienſt der erſten Tugend weih,</l><lb/> <l>„(Stim̃t ihr mit mir nicht ein?) koͤnnt unſern Wunſch und Willen</l><lb/> <l>„So wohl, als jener Wald, durch ſeine Pracht erfuͤllen.</l><lb/> <l><note place="left">210</note>„Wer aber iſt von uns, dem dieſer Rang gebuͤhrt?</l><lb/> <l>„Wer hat was ohne mich erfunden, ausgefuͤhrt?</l><lb/> <l>„So will das Recht, daß man mir dieſes Denckmal baue,</l><lb/> <l>„Auf deſſen <hi rendition="#fr">Frieſe</hi> man mich, meinen Nahmen ſchaue.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Jch wurde nicht allein durch dieſen Satz bewegt;</l><lb/> <l><note place="left">215</note>Die gantze Gegenwart des Saales ward erregt,</l><lb/> <l>Nichts weniger als ihm geneiget beyzuſtimmen;</l><lb/> <l>Man ſah faſt allerſeits ein Mißvergnuͤgen glimmen.</l><lb/> <l>Thalia ſelbſt erwies Befremdung, ja Verdruß:</l><lb/> <l>„Was„, ſagte ſie: Der iſt beym Anfang ſchon am Schluß?</l><lb/> <l><note place="left">220</note>Jch fragte, wer er ſey; Ob ſie den Juͤngling kenne?</l><lb/> <l>„Sein Reden zeigt„, ſprach ſie, daß er ſich <hi rendition="#fr">Zweifel</hi> nenne.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jhn</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <note place="foot" n="213">Das Frieſe <hi rendition="#aq">(Zophorum)</hi> iſt ge-<lb/> meiniglich der jenige Ort an dem<lb/><cb/> Haupt-Geſims eines Gebaͤudes/<lb/> den man mit einer Jnnſchrift zieret.</note><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
Thereſiade
„So ſchwuͤng der Vorſchlag ſich weit uͤber unſre Macht,
„Man faͤng zwar an, jedoch es wuͤrde nichts vollbracht:
„So viele Tugenden! ſo viele Pracht-Coloſſen!
„Es wuͤrd ein Wunder-Wald, doch blieb er unentſproſſen.
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„Auf deſſen Frieſe man mich, meinen Nahmen ſchaue.
Jch wurde nicht allein durch dieſen Satz bewegt;
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Nichts weniger als ihm geneiget beyzuſtimmen;
Man ſah faſt allerſeits ein Mißvergnuͤgen glimmen.
Thalia ſelbſt erwies Befremdung, ja Verdruß:
„Was„, ſagte ſie: Der iſt beym Anfang ſchon am Schluß?
Jch fragte, wer er ſey; Ob ſie den Juͤngling kenne?
„Sein Reden zeigt„, ſprach ſie, daß er ſich Zweifel nenne.
Jhn
213
213 Das Frieſe (Zophorum) iſt ge-
meiniglich der jenige Ort an dem
Haupt-Geſims eines Gebaͤudes/
den man mit einer Jnnſchrift zieret.
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