Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Theresiade "Vorsichtig überlegst: was hilfft so feines Dichten?385"Was kann man, wo man stets im Zweifel ist, verrichten? "Erzehl! sag an! worzu dient dein gelehrter Witz, "Wodurch du mich ermahnst: hör donnern! sieh den Blitz! "Das weiß ich ohne dich; es ist ein eitles Mahnen, "Und heisset: eine Bahn auf einer Bahne bahnen. 390"So war der Königinn durch deinen Rath genützt, "Da du, was sie gesehn, sonst nichts, hast vorgeschützt. "Was halff ihr der Bericht: daß ihrer Feinde Schaaren "Schon vor das Thor gerückt, die schon vor Augen waren? "Zeig uns den Vortheil an, den deine Kunst gebracht, 395"Wann du ihr vorgeweint: daß sie der Feind veracht; "Daß nichts mehr übrig sey, das Eigenthum zu retten; "Das Land verschmachte schon in ungewohnten Ketten; "Und was dergleichen mehr, so du bey Tag und Nacht "Mit seuffzendem Gespräch in ihren Sinn gebracht? 400"Wann das Verdienste seynd? so muß ich billig weichen: "Wo solche Scharfsicht herrscht, kann ich mich nicht vergleichen. "Doch hör, vernimm auch mich: Dein Werck ist mir nicht gleich, "Du bist an Worten zwar, doch nicht an Thaten reich. "Hier sieh! schau meine Brust! hier stecket das Verderben 405"Der Feinde, die das Land durch Waffen wollen erben. "Aus diesem Busen quillt derselben Untergang! "So spricht die Tapferkeit und ihrer Thaten Klang. "Jch
Thereſiade „Vorſichtig uͤberlegſt: was hilfft ſo feines Dichten?385„Was kann man, wo man ſtets im Zweifel iſt, verrichten? „Erzehl! ſag an! worzu dient dein gelehrter Witz, „Wodurch du mich ermahnſt: hoͤr donnern! ſieh den Blitz! „Das weiß ich ohne dich; es iſt ein eitles Mahnen, „Und heiſſet: eine Bahn auf einer Bahne bahnen. 390„So war der Koͤniginn durch deinen Rath genuͤtzt, „Da du, was ſie geſehn, ſonſt nichts, haſt vorgeſchuͤtzt. „Was halff ihr der Bericht: daß ihrer Feinde Schaaren „Schon vor das Thor geruͤckt, die ſchon vor Augen waren? „Zeig uns den Vortheil an, den deine Kunſt gebracht, 395„Wann du ihr vorgeweint: daß ſie der Feind veracht; „Daß nichts mehr uͤbrig ſey, das Eigenthum zu retten; „Das Land verſchmachte ſchon in ungewohnten Ketten; „Und was dergleichen mehr, ſo du bey Tag und Nacht „Mit ſeuffzendem Geſpraͤch in ihren Sinn gebracht? 400„Wann das Verdienſte ſeynd? ſo muß ich billig weichen: „Wo ſolche Scharfſicht herꝛſcht, kann ich mich nicht vergleichen. „Doch hoͤr, vernim̃ auch mich: Dein Werck iſt mir nicht gleich, „Du biſt an Worten zwar, doch nicht an Thaten reich. „Hier ſieh! ſchau meine Bruſt! hier ſtecket das Verderben 405„Der Feinde, die das Land durch Waffen wollen erben. „Aus dieſem Buſen quillt derſelben Untergang! „So ſpricht die Tapferkeit und ihrer Thaten Klang. „Jch
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Thereſiade
„Vorſichtig uͤberlegſt: was hilfft ſo feines Dichten?
„Was kann man, wo man ſtets im Zweifel iſt, verrichten?
„Erzehl! ſag an! worzu dient dein gelehrter Witz,
„Wodurch du mich ermahnſt: hoͤr donnern! ſieh den Blitz!
„Das weiß ich ohne dich; es iſt ein eitles Mahnen,
„Und heiſſet: eine Bahn auf einer Bahne bahnen.
„So war der Koͤniginn durch deinen Rath genuͤtzt,
„Da du, was ſie geſehn, ſonſt nichts, haſt vorgeſchuͤtzt.
„Was halff ihr der Bericht: daß ihrer Feinde Schaaren
„Schon vor das Thor geruͤckt, die ſchon vor Augen waren?
„Zeig uns den Vortheil an, den deine Kunſt gebracht,
„Wann du ihr vorgeweint: daß ſie der Feind veracht;
„Daß nichts mehr uͤbrig ſey, das Eigenthum zu retten;
„Das Land verſchmachte ſchon in ungewohnten Ketten;
„Und was dergleichen mehr, ſo du bey Tag und Nacht
„Mit ſeuffzendem Geſpraͤch in ihren Sinn gebracht?
„Wann das Verdienſte ſeynd? ſo muß ich billig weichen:
„Wo ſolche Scharfſicht herꝛſcht, kann ich mich nicht vergleichen.
„Doch hoͤr, vernim̃ auch mich: Dein Werck iſt mir nicht gleich,
„Du biſt an Worten zwar, doch nicht an Thaten reich.
„Hier ſieh! ſchau meine Bruſt! hier ſtecket das Verderben
„Der Feinde, die das Land durch Waffen wollen erben.
„Aus dieſem Buſen quillt derſelben Untergang!
„So ſpricht die Tapferkeit und ihrer Thaten Klang.
„Jch
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