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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade
"Was halff es, tapfer seyn, nichts fürchten, nirgends weichen,
200"Wann weder Heil dadurch noch Rettung zu erreichen?
"Die Königinn ergriff und lobte meinen Schluß,
"Der, sprach sie, sonsten nichts, ist was uns helffen muß.
"Je mehr mich Furcht und Angst, und Schmerz, und Unmuth quälte,
"Je mehr ich in Vertraun es GOtt um Hilff erzählte.

205
"Der Schiffmann, welcher Glück und Heil auf Wellen baut,
"Sein Leben, Hab und Gut dem falschen Wind vertraut,
"Was dient ihm zum Geleit, damit er sicher schiffe?
"Nicht wahr, daß er den Pol, die Nadel immer prüffe?
"Die zeigen ihm den Weeg, den er mit seinem Kahn
210"Zu suchen sich gewagt, zugleich die Mittel an,
"Gefahren, Strandungen und Klippen zu vermeiden,
"So weiß er unbesorgt die Wellen durchzuschneiden.
"Verachtet er den Pol; verliehrt er den Magnet;
"Kein Wunder ist es dann, wann er zu Grunde geht.
215
"Uns ist bewußt, daß auch Theresia geschwommen;
"Bekannt, was über sie vor Stürme seynd gekommen:
"Sie schiffte durch den Schaum der fürchterlichsten Flutt;
"Auf wem, als nur auf mir, hat ihre Fart beruht?
"Die Winde drangen sich das Schiff herum zu schlagen,
220"Sie schärfften die Gewalt, es auf den Strand zu jagen;
"Die Wellen welzten sich von allen Seiten her,
"Sie rollten Flutt auf Flutt, erzürnten selbst das Meer;
"Kein

Thereſiade
„Was halff es, tapfer ſeyn, nichts fuͤrchten, nirgends weichen,
200„Wann weder Heil dadurch noch Rettung zu erreichen?
„Die Koͤniginn ergriff und lobte meinen Schluß,
„Der, ſprach ſie, ſonſten nichts, iſt was uns helffen muß.
„Je mehr mich Furcht und Angſt, und Schmerz, und Unmuth quaͤlte,
„Je mehr ich in Vertraun es GOtt um Hilff erzaͤhlte.

205
„Der Schiffmann, welcher Gluͤck und Heil auf Wellen baut,
„Sein Leben, Hab und Gut dem falſchen Wind vertraut,
„Was dient ihm zum Geleit, damit er ſicher ſchiffe?
„Nicht wahr, daß er den Pol, die Nadel immer pruͤffe?
„Die zeigen ihm den Weeg, den er mit ſeinem Kahn
210„Zu ſuchen ſich gewagt, zugleich die Mittel an,
„Gefahren, Strandungen und Klippen zu vermeiden,
„So weiß er unbeſorgt die Wellen durchzuſchneiden.
„Verachtet er den Pol; verliehrt er den Magnet;
„Kein Wunder iſt es dann, wann er zu Grunde geht.
215
„Uns iſt bewußt, daß auch Thereſia geſchwommen;
„Bekannt, was uͤber ſie vor Stuͤrme ſeynd gekommen:
„Sie ſchiffte durch den Schaum der fuͤrchterlichſten Flutt;
„Auf wem, als nur auf mir, hat ihre Fart beruht?
„Die Winde drangen ſich das Schiff herum zu ſchlagen,
220„Sie ſchaͤrfften die Gewalt, es auf den Strand zu jagen;
„Die Wellen welzten ſich von allen Seiten her,
„Sie rollten Flutt auf Flutt, erzuͤrnten ſelbſt das Meer;
„Kein
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[0089] Thereſiade „Was halff es, tapfer ſeyn, nichts fuͤrchten, nirgends weichen, „Wann weder Heil dadurch noch Rettung zu erreichen? „Die Koͤniginn ergriff und lobte meinen Schluß, „Der, ſprach ſie, ſonſten nichts, iſt was uns helffen muß. „Je mehr mich Furcht und Angſt, und Schmerz, und Unmuth quaͤlte, „Je mehr ich in Vertraun es GOtt um Hilff erzaͤhlte. „Der Schiffmann, welcher Gluͤck und Heil auf Wellen baut, „Sein Leben, Hab und Gut dem falſchen Wind vertraut, „Was dient ihm zum Geleit, damit er ſicher ſchiffe? „Nicht wahr, daß er den Pol, die Nadel immer pruͤffe? „Die zeigen ihm den Weeg, den er mit ſeinem Kahn „Zu ſuchen ſich gewagt, zugleich die Mittel an, „Gefahren, Strandungen und Klippen zu vermeiden, „So weiß er unbeſorgt die Wellen durchzuſchneiden. „Verachtet er den Pol; verliehrt er den Magnet; „Kein Wunder iſt es dann, wann er zu Grunde geht. „Uns iſt bewußt, daß auch Thereſia geſchwommen; „Bekannt, was uͤber ſie vor Stuͤrme ſeynd gekommen: „Sie ſchiffte durch den Schaum der fuͤrchterlichſten Flutt; „Auf wem, als nur auf mir, hat ihre Fart beruht? „Die Winde drangen ſich das Schiff herum zu ſchlagen, „Sie ſchaͤrfften die Gewalt, es auf den Strand zu jagen; „Die Wellen welzten ſich von allen Seiten her, „Sie rollten Flutt auf Flutt, erzuͤrnten ſelbſt das Meer; „Kein

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/89>, abgerufen am 24.11.2024.