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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
"Nimm! lies! (sie bot es an) Freundinnen! schäzet es!
"Sprecht aus, ob dieses Buch nicht ein vollständiges
155"Staats-Kriegs- und Friedens-Werck, ein wahrer Grund-Stein seye,
"Vermittels dessen ich den Bau des Throns erneue!
Etwelche stunden auf, und drangen sich darnach,
Weßwegen das Gespräch sich etwas unterbrach.
Man wollte dort und da den Jnnbegriff ersehen;
160So mußte dieses Buch von der zu jener gehen.
Thalia nahm es auch und sah das Vorblatt an,
Daß ich Gelegenheit, es auch zu sehn, gewann.
Jch las nur obenhin von Erb-Recht und Gewährung,
Von Manns- und Weibs-Geschlecht, von Frieden und Verschwörung.
165
Aufrichtigkeit sah zu, was es dann wurde seyn,
Und sprach: "So nennest du die goldne Blätter dein?
"Wann unser Grosser Carl zu dieser Zeit noch lebte,
"Wer weiß ob dein Gespräch den Schaz so sehr erhebte?
"Wann hat er dich so viel, als mich, um Rath gefragt?
170"Wie manch Mahl hat er dich von seinem Thron verjagt?
"Was nüzet dieser Streit? zu was das eitle Zancken? "
Sprach hier die Wachsamkeit, mir müßt ihr es verdancken,
"Es ist mein Meisterstück! das Buch ist eine Frucht,
"Die meiner Sorge Macht zu pflanzen hat gesucht;
175"Sie wuchse so behend, und triebe solche Sprossen,
"Aus derer Kern und Saft dieselben Bäume schossen,
"Von
Thereſiade
„Nimm! lies! (ſie bot es an) Freundinnen! ſchaͤzet es!
„Sprecht aus, ob dieſes Buch nicht ein vollſtaͤndiges
155„Staats-Kriegs- und Friedens-Werck, ein wahrer Grund-Stein ſeye,
„Vermittels deſſen ich den Bau des Throns erneue!
Etwelche ſtunden auf, und drangen ſich darnach,
Weßwegen das Geſpraͤch ſich etwas unterbrach.
Man wollte dort und da den Jnnbegriff erſehen;
160So mußte dieſes Buch von der zu jener gehen.
Thalia nahm es auch und ſah das Vorblatt an,
Daß ich Gelegenheit, es auch zu ſehn, gewann.
Jch las nur obenhin von Erb-Recht und Gewaͤhrung,
Von Manns- und Weibs-Geſchlecht, von Frieden und Verſchwoͤrung.
165
Aufrichtigkeit ſah zu, was es dann wurde ſeyn,
Und ſprach: „So nenneſt du die goldne Blaͤtter dein?
„Wann unſer Groſſer Carl zu dieſer Zeit noch lebte,
„Wer weiß ob dein Geſpraͤch den Schaz ſo ſehr erhebte?
„Wann hat er dich ſo viel, als mich, um Rath gefragt?
170„Wie manch Mahl hat er dich von ſeinem Thron verjagt?
„Was nuͤzet dieſer Streit? zu was das eitle Zancken? „
Sprach hier die Wachſamkeit, mir muͤßt ihr es verdancken,
„Es iſt mein Meiſterſtuͤck! das Buch iſt eine Frucht,
„Die meiner Sorge Macht zu pflanzen hat geſucht;
175„Sie wuchſe ſo behend, und triebe ſolche Sproſſen,
„Aus derer Kern und Saft dieſelben Baͤume ſchoſſen,
„Von
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[0010] Thereſiade „Nimm! lies! (ſie bot es an) Freundinnen! ſchaͤzet es! „Sprecht aus, ob dieſes Buch nicht ein vollſtaͤndiges „Staats-Kriegs- und Friedens-Werck, ein wahrer Grund-Stein ſeye, „Vermittels deſſen ich den Bau des Throns erneue! Etwelche ſtunden auf, und drangen ſich darnach, Weßwegen das Geſpraͤch ſich etwas unterbrach. Man wollte dort und da den Jnnbegriff erſehen; So mußte dieſes Buch von der zu jener gehen. Thalia nahm es auch und ſah das Vorblatt an, Daß ich Gelegenheit, es auch zu ſehn, gewann. Jch las nur obenhin von Erb-Recht und Gewaͤhrung, Von Manns- und Weibs-Geſchlecht, von Frieden und Verſchwoͤrung. Aufrichtigkeit ſah zu, was es dann wurde ſeyn, Und ſprach: „So nenneſt du die goldne Blaͤtter dein? „Wann unſer Groſſer Carl zu dieſer Zeit noch lebte, „Wer weiß ob dein Geſpraͤch den Schaz ſo ſehr erhebte? „Wann hat er dich ſo viel, als mich, um Rath gefragt? „Wie manch Mahl hat er dich von ſeinem Thron verjagt? „Was nuͤzet dieſer Streit? zu was das eitle Zancken? „ Sprach hier die Wachſamkeit, mir muͤßt ihr es verdancken, „Es iſt mein Meiſterſtuͤck! das Buch iſt eine Frucht, „Die meiner Sorge Macht zu pflanzen hat geſucht; „Sie wuchſe ſo behend, und triebe ſolche Sproſſen, „Aus derer Kern und Saft dieſelben Baͤume ſchoſſen, „Von

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/10>, abgerufen am 21.11.2024.