Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebendes Buch.
225Warum er hergerufft, und hergekommen sey;
Er habe nichts gewußt; es schein ihm alles neu:
Von der Versammlung aus hab man um ihn geschicket;
Dahero schäz' er sich verpflichtet und beglücket,
Und nehme den Befehl zu seines Alters Ehr,
230Daß man dasselbige zu diesem Rath begehr.
Der Zweifel, der zuvor sich aus dem Saal verschlichen,
Und jezo wieder kam; erzählte von den Sprüchen
Die er selbst angehört, den kürzesten Begriff;
Besonders daß die Zeit fast ohne Frucht verlief:
235So woll' er seine Stimm und Meinung offenbaren;
Um mehr Weitläufigkeit der Sache zu erspahren.
Hierauf erblickte man in seinem Angesicht,
Als hätt er etwan schon von allem Unterricht:
Doch daß er sich vielleicht noch mehr belehren wollte,
240Bevor man seinen Sinn und Rath vernehmen sollte.
Sein Schnee-weiß krauses Haar, so Kinn und Haupt umfieng;
Das Aug, aus welchem Ernst und Geist und Anmuth gieng,
Gab dessen Wiz, Vernunft und klugen Geist zu kennen;
Drum war man auch bereit, ihm gleich Gehör zu gönnen.
245
Etwelche stunden dort, liebkosten ihm so sehr,
Als wann er nicht nur Rath, auch selbst ihr Vater wär:
Fast jede drang sich hin und zeigte Rangs-Begierde,
Gleich als ob jene mehr, als die geschäzet würde.
Jn-
C c 2
Siebendes Buch.
225Warum er hergerufft, und hergekommen ſey;
Er habe nichts gewußt; es ſchein ihm alles neu:
Von der Verſammlung aus hab man um ihn geſchicket;
Dahero ſchaͤz’ er ſich verpflichtet und begluͤcket,
Und nehme den Befehl zu ſeines Alters Ehr,
230Daß man daſſelbige zu dieſem Rath begehr.
Der Zweifel, der zuvor ſich aus dem Saal verſchlichen,
Und jezo wieder kam; erzaͤhlte von den Spruͤchen
Die er ſelbſt angehoͤrt, den kuͤrzeſten Begriff;
Beſonders daß die Zeit faſt ohne Frucht verlief:
235So woll’ er ſeine Stimm und Meinung offenbaren;
Um mehr Weitlaͤufigkeit der Sache zu erſpahren.
Hierauf erblickte man in ſeinem Angeſicht,
Als haͤtt er etwan ſchon von allem Unterricht:
Doch daß er ſich vielleicht noch mehr belehren wollte,
240Bevor man ſeinen Sinn und Rath vernehmen ſollte.
Sein Schnee-weiß krauſes Haar, ſo Kinn und Haupt umfieng;
Das Aug, aus welchem Ernſt und Geiſt und Anmuth gieng,
Gab deſſen Wiz, Vernunft und klugen Geiſt zu kennen;
Drum war man auch bereit, ihm gleich Gehoͤr zu goͤnnen.
245
Etwelche ſtunden dort, liebkoſten ihm ſo ſehr,
Als wann er nicht nur Rath, auch ſelbſt ihr Vater waͤr:
Faſt jede drang ſich hin und zeigte Rangs-Begierde,
Gleich als ob jene mehr, als die geſchaͤzet wuͤrde.
Jn-
C c 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0013"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Siebendes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">225</note>Warum er hergerufft, und hergekommen &#x017F;ey;</l><lb/>
            <l>Er habe nichts gewußt; es &#x017F;chein ihm alles neu:</l><lb/>
            <l>Von der Ver&#x017F;ammlung aus hab man um ihn ge&#x017F;chicket;</l><lb/>
            <l>Dahero &#x017F;cha&#x0364;z&#x2019; er &#x017F;ich verpflichtet und beglu&#x0364;cket,</l><lb/>
            <l>Und nehme den Befehl zu &#x017F;eines Alters Ehr,</l><lb/>
            <l><note place="left">230</note>Daß man da&#x017F;&#x017F;elbige zu die&#x017F;em Rath begehr.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Zweifel, der zuvor &#x017F;ich aus dem Saal ver&#x017F;chlichen,</l><lb/>
            <l>Und jezo wieder kam; erza&#x0364;hlte von den Spru&#x0364;chen</l><lb/>
            <l>Die er &#x017F;elb&#x017F;t angeho&#x0364;rt, den ku&#x0364;rze&#x017F;ten Begriff;</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;onders daß die Zeit fa&#x017F;t ohne Frucht verlief:</l><lb/>
            <l><note place="left">235</note>So woll&#x2019; er &#x017F;eine Stimm und Meinung offenbaren;</l><lb/>
            <l>Um mehr Weitla&#x0364;ufigkeit der Sache zu er&#x017F;pahren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Hierauf erblickte man in &#x017F;einem Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Als ha&#x0364;tt er etwan &#x017F;chon von allem Unterricht:</l><lb/>
            <l>Doch daß er &#x017F;ich vielleicht noch mehr belehren wollte,</l><lb/>
            <l><note place="left">240</note>Bevor man &#x017F;einen Sinn und Rath vernehmen &#x017F;ollte.</l><lb/>
            <l>Sein Schnee-weiß krau&#x017F;es Haar, &#x017F;o Kinn und Haupt umfieng;</l><lb/>
            <l>Das Aug, aus welchem Ern&#x017F;t und Gei&#x017F;t und Anmuth gieng,</l><lb/>
            <l>Gab de&#x017F;&#x017F;en Wiz, Vernunft und klugen Gei&#x017F;t zu kennen;</l><lb/>
            <l>Drum war man auch bereit, ihm gleich Geho&#x0364;r zu go&#x0364;nnen.</l>
          </lg><lb/>
          <note place="left">245</note>
          <lg type="poem">
            <l>Etwelche &#x017F;tunden dort, liebko&#x017F;ten ihm &#x017F;o &#x017F;ehr,</l><lb/>
            <l>Als wann er nicht nur Rath, auch &#x017F;elb&#x017F;t ihr Vater wa&#x0364;r:</l><lb/>
            <l>Fa&#x017F;t jede drang &#x017F;ich hin und zeigte Rangs-Begierde,</l><lb/>
            <l>Gleich als ob jene mehr, als die ge&#x017F;cha&#x0364;zet wu&#x0364;rde.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">C c 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0013] Siebendes Buch. Warum er hergerufft, und hergekommen ſey; Er habe nichts gewußt; es ſchein ihm alles neu: Von der Verſammlung aus hab man um ihn geſchicket; Dahero ſchaͤz’ er ſich verpflichtet und begluͤcket, Und nehme den Befehl zu ſeines Alters Ehr, Daß man daſſelbige zu dieſem Rath begehr. Der Zweifel, der zuvor ſich aus dem Saal verſchlichen, Und jezo wieder kam; erzaͤhlte von den Spruͤchen Die er ſelbſt angehoͤrt, den kuͤrzeſten Begriff; Beſonders daß die Zeit faſt ohne Frucht verlief: So woll’ er ſeine Stimm und Meinung offenbaren; Um mehr Weitlaͤufigkeit der Sache zu erſpahren. Hierauf erblickte man in ſeinem Angeſicht, Als haͤtt er etwan ſchon von allem Unterricht: Doch daß er ſich vielleicht noch mehr belehren wollte, Bevor man ſeinen Sinn und Rath vernehmen ſollte. Sein Schnee-weiß krauſes Haar, ſo Kinn und Haupt umfieng; Das Aug, aus welchem Ernſt und Geiſt und Anmuth gieng, Gab deſſen Wiz, Vernunft und klugen Geiſt zu kennen; Drum war man auch bereit, ihm gleich Gehoͤr zu goͤnnen. Etwelche ſtunden dort, liebkoſten ihm ſo ſehr, Als wann er nicht nur Rath, auch ſelbſt ihr Vater waͤr: Faſt jede drang ſich hin und zeigte Rangs-Begierde, Gleich als ob jene mehr, als die geſchaͤzet wuͤrde. Jn- C c 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/13
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/13>, abgerufen am 03.12.2024.