Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Zwölfftes Buch. Kommt diese Regung uns ergözlich, lieblich vor;130Wie viel annehmlicher ist dieser Tugend-Chor? Wo Stimme, Stirn und Aug auf einmahl mehr erklären, Als wann die Blicke nichts als solche Sänger wären; Dann keine war, die nicht bald hier, bald da, bald dort Geschäfftig, munter, froh, mehr oder nur ein Wort 135Laut oder heimlich sprach, auch etwan eine küßte, Und ihres Herzens Lust durch den Beweis versüßte. Sie stunden Reihen-weiß; zerstreuet; Paar und Paar; Nach dem es jedem Sinn lieb und gefällig war: Bis endlich einige sich nach der Ordnung sezten, 140Jedoch stets voller Lust von tausend Sachen schwäzten. VErschiedne waren noch Gesellschafts-weis zertheilt, Die sich in dem Gespräch dort oder da verweilt; Doch trug die Weisheit vor: "Nun haben wir gehöret, "Was vor Verrichtungen Theresia begehret. 145"So schreiten wir zum Schluß! vollenden wir den Streit! "Wir seynd nun allerdings der Hinderung befreyt; "Mir kommt in allem vor, es sey nicht schwer zu wissen, "Durch was vor einen Spruch der Zweifel aufzuschliessen. Der Alte gute Rath kam unterdessen an, 150Und wies, daß er sich Ehr und Ansehn geben kann, Dann alles wurde still. Er, ohne zu verziehen Fieng mit den Worten an: "Nun hat man uns verliehen, "Was U u 3
Zwoͤlfftes Buch. Kommt dieſe Regung uns ergoͤzlich, lieblich vor;130Wie viel annehmlicher iſt dieſer Tugend-Chor? Wo Stimme, Stirn und Aug auf einmahl mehr erklaͤren, Als wann die Blicke nichts als ſolche Saͤnger waͤren; Dann keine war, die nicht bald hier, bald da, bald dort Geſchaͤfftig, munter, froh, mehr oder nur ein Wort 135Laut oder heimlich ſprach, auch etwan eine kuͤßte, Und ihres Herzens Luſt durch den Beweis verſuͤßte. Sie ſtunden Reihen-weiß; zerſtreuet; Paar und Paar; Nach dem es jedem Sinn lieb und gefaͤllig war: Bis endlich einige ſich nach der Ordnung ſezten, 140Jedoch ſtets voller Luſt von tauſend Sachen ſchwaͤzten. VErſchiedne waren noch Geſellſchafts-weis zertheilt, Die ſich in dem Geſpraͤch dort oder da verweilt; Doch trug die Weisheit vor: „Nun haben wir gehoͤret, „Was vor Verrichtungen Thereſia begehret. 145„So ſchreiten wir zum Schluß! vollenden wir den Streit! „Wir ſeynd nun allerdings der Hinderung befreyt; „Mir kommt in allem vor, es ſey nicht ſchwer zu wiſſen, „Durch was vor einen Spruch der Zweifel aufzuſchlieſſen. Der Alte gute Rath kam unterdeſſen an, 150Und wies, daß er ſich Ehr und Anſehn geben kann, Dann alles wurde ſtill. Er, ohne zu verziehen Fieng mit den Worten an: „Nun hat man uns verliehen, „Was U u 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0151"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwoͤlfftes Buch.</hi> </fw><lb/> <l>Kommt dieſe Regung uns ergoͤzlich, lieblich vor;</l><lb/> <l><note place="left">130</note>Wie viel annehmlicher iſt dieſer Tugend-Chor?</l><lb/> <l>Wo Stimme, Stirn und Aug auf einmahl mehr erklaͤren,</l><lb/> <l>Als wann die Blicke nichts als ſolche Saͤnger waͤren;</l><lb/> <l>Dann keine war, die nicht bald hier, bald da, bald dort</l><lb/> <l>Geſchaͤfftig, munter, froh, mehr oder nur ein Wort</l><lb/> <l><note place="left">135</note>Laut oder heimlich ſprach, auch etwan eine kuͤßte,</l><lb/> <l>Und ihres Herzens Luſt durch den Beweis verſuͤßte.</l><lb/> <l>Sie ſtunden Reihen-weiß; zerſtreuet; Paar und Paar;</l><lb/> <l>Nach dem es jedem Sinn lieb und gefaͤllig war:</l><lb/> <l>Bis endlich einige ſich nach der Ordnung ſezten,</l><lb/> <l><note place="left">140</note>Jedoch ſtets voller Luſt von tauſend Sachen ſchwaͤzten.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>Erſchiedne waren noch Geſellſchafts-weis zertheilt,</l><lb/> <l>Die ſich in dem Geſpraͤch dort oder da verweilt;</l><lb/> <l>Doch trug die <hi rendition="#fr">Weisheit</hi> vor: „Nun haben wir gehoͤret,</l><lb/> <l>„Was vor Verrichtungen <hi rendition="#fr">Thereſia</hi> begehret.</l><lb/> <l><note place="left">145</note>„So ſchreiten wir zum Schluß! vollenden wir den Streit!</l><lb/> <l>„Wir ſeynd nun allerdings der Hinderung befreyt;</l><lb/> <l>„Mir kommt in allem vor, es ſey nicht ſchwer zu wiſſen,</l><lb/> <l>„Durch was vor einen Spruch der Zweifel aufzuſchlieſſen.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Der Alte <hi rendition="#fr">gute Rath</hi> kam unterdeſſen an,</l><lb/> <l><note place="left">150</note>Und wies, daß er ſich Ehr und Anſehn geben kann,</l><lb/> <l>Dann alles wurde ſtill. Er, ohne zu verziehen</l><lb/> <l>Fieng mit den Worten an: „Nun hat man uns verliehen,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">U u 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">„Was</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0151]
Zwoͤlfftes Buch.
Kommt dieſe Regung uns ergoͤzlich, lieblich vor;
Wie viel annehmlicher iſt dieſer Tugend-Chor?
Wo Stimme, Stirn und Aug auf einmahl mehr erklaͤren,
Als wann die Blicke nichts als ſolche Saͤnger waͤren;
Dann keine war, die nicht bald hier, bald da, bald dort
Geſchaͤfftig, munter, froh, mehr oder nur ein Wort
Laut oder heimlich ſprach, auch etwan eine kuͤßte,
Und ihres Herzens Luſt durch den Beweis verſuͤßte.
Sie ſtunden Reihen-weiß; zerſtreuet; Paar und Paar;
Nach dem es jedem Sinn lieb und gefaͤllig war:
Bis endlich einige ſich nach der Ordnung ſezten,
Jedoch ſtets voller Luſt von tauſend Sachen ſchwaͤzten.
VErſchiedne waren noch Geſellſchafts-weis zertheilt,
Die ſich in dem Geſpraͤch dort oder da verweilt;
Doch trug die Weisheit vor: „Nun haben wir gehoͤret,
„Was vor Verrichtungen Thereſia begehret.
„So ſchreiten wir zum Schluß! vollenden wir den Streit!
„Wir ſeynd nun allerdings der Hinderung befreyt;
„Mir kommt in allem vor, es ſey nicht ſchwer zu wiſſen,
„Durch was vor einen Spruch der Zweifel aufzuſchlieſſen.
Der Alte gute Rath kam unterdeſſen an,
Und wies, daß er ſich Ehr und Anſehn geben kann,
Dann alles wurde ſtill. Er, ohne zu verziehen
Fieng mit den Worten an: „Nun hat man uns verliehen,
„Was
U u 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |