Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Zwölfftes Buch. 265"So scheint es wahr zu seyn. Doch weiß ich nichts gewiß,"Weil sie die Richtigkeit uns nicht erfahren ließ. DJe Wahrheit wollte sich immittelst zwar bereiten; Allein weil viele sich noch dort und da zerstreuten, So rieff der Gute Rath: "Nun schreiten wir zum Schluß! 270"Was hilfft uns zu dem Zweck der Reden Ueberfluß? So war man endlich still der Ordnung nach gesessen, Damit man dieses Streits Entscheidung könnt' ermessen. Die Wahrheit zeigte sich noch mit dem Schleyr bedeckt, Nun aber ward gemach die Achtsamkeit erweckt; 275Sie wies das Angesicht in Reizungs-vollen Blicken, Daß jedes Auge sich darinnen konnt erquicken. So fieng ihr Vortrag an: "Wer hat nicht angehört, "Mit was vor Gnad und Huld die Königinn uns ehrt? "Sie bauet mehr auf uns, als auf die Macht der Waffen; 280"Durch uns, vertraut sie sich, den Ländern Ruh zu schaffen. "Der höchst-erleuchte Fürst, ihr theurer Ehgemahl "Wie grosse Zuversicht trägt er zu diesem Saal? "Was bracht Elisabeth, die Größte jener Grossen "Aus denen Fried und Sieg und Ruhm und Heil entsprossen, 285"Zu meiner Absicht vor? nur dieser Tugend-Kreiß "Jst Hoffnung, Rath, Vertraun, Entscheidung, Hilff und Preiß. "So will ich meinen Schluß nach diesen Dreyen richten, "Und sie dadurch noch mehr den Tugenden verpflichten: "Er W w 2
Zwoͤlfftes Buch. 265„So ſcheint es wahr zu ſeyn. Doch weiß ich nichts gewiß,„Weil ſie die Richtigkeit uns nicht erfahren ließ. DJe Wahrheit wollte ſich immittelſt zwar bereiten; Allein weil viele ſich noch dort und da zerſtreuten, So rieff der Gute Rath: „Nun ſchreiten wir zum Schluß! 270„Was hilfft uns zu dem Zweck der Reden Ueberfluß? So war man endlich ſtill der Ordnung nach geſeſſen, Damit man dieſes Streits Entſcheidung koͤnnt’ ermeſſen. Die Wahrheit zeigte ſich noch mit dem Schleyr bedeckt, Nun aber ward gemach die Achtſamkeit erweckt; 275Sie wies das Angeſicht in Reizungs-vollen Blicken, Daß jedes Auge ſich darinnen konnt erquicken. So fieng ihr Vortrag an: „Wer hat nicht angehoͤrt, „Mit was vor Gnad und Huld die Koͤniginn uns ehrt? „Sie bauet mehr auf uns, als auf die Macht der Waffen; 280„Durch uns, vertraut ſie ſich, den Laͤndern Ruh zu ſchaffen. „Der hoͤchſt-erleuchte Fuͤrſt, ihr theurer Ehgemahl „Wie groſſe Zuverſicht traͤgt er zu dieſem Saal? „Was bracht Eliſabeth, die Groͤßte jener Groſſen „Aus denen Fried und Sieg und Ruhm und Heil entſproſſen, 285„Zu meiner Abſicht vor? nur dieſer Tugend-Kreiß „Jſt Hoffnung, Rath, Vertraun, Entſcheidung, Hilff und Preiß. „So will ich meinen Schluß nach dieſen Dreyen richten, „Und ſie dadurch noch mehr den Tugenden verpflichten: „Er W w 2
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Zwoͤlfftes Buch.
„So ſcheint es wahr zu ſeyn. Doch weiß ich nichts gewiß,
„Weil ſie die Richtigkeit uns nicht erfahren ließ.
DJe Wahrheit wollte ſich immittelſt zwar bereiten;
Allein weil viele ſich noch dort und da zerſtreuten,
So rieff der Gute Rath: „Nun ſchreiten wir zum Schluß!
„Was hilfft uns zu dem Zweck der Reden Ueberfluß?
So war man endlich ſtill der Ordnung nach geſeſſen,
Damit man dieſes Streits Entſcheidung koͤnnt’ ermeſſen.
Die Wahrheit zeigte ſich noch mit dem Schleyr bedeckt,
Nun aber ward gemach die Achtſamkeit erweckt;
Sie wies das Angeſicht in Reizungs-vollen Blicken,
Daß jedes Auge ſich darinnen konnt erquicken.
So fieng ihr Vortrag an: „Wer hat nicht angehoͤrt,
„Mit was vor Gnad und Huld die Koͤniginn uns ehrt?
„Sie bauet mehr auf uns, als auf die Macht der Waffen;
„Durch uns, vertraut ſie ſich, den Laͤndern Ruh zu ſchaffen.
„Der hoͤchſt-erleuchte Fuͤrſt, ihr theurer Ehgemahl
„Wie groſſe Zuverſicht traͤgt er zu dieſem Saal?
„Was bracht Eliſabeth, die Groͤßte jener Groſſen
„Aus denen Fried und Sieg und Ruhm und Heil entſproſſen,
„Zu meiner Abſicht vor? nur dieſer Tugend-Kreiß
„Jſt Hoffnung, Rath, Vertraun, Entſcheidung, Hilff und Preiß.
„So will ich meinen Schluß nach dieſen Dreyen richten,
„Und ſie dadurch noch mehr den Tugenden verpflichten:
„Er
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