Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Achtes Buch.
"Zorn, Unbestand und Angst, Furcht, Hoffnung, Rach und Lieb,
270"Ja was der Tugenden und Leidenschaften Trieb
"Jn sich verbergen mag, das kann der Pensel zeigen.
"Jst solche Tüchtigkeit auch euern Griffeln eigen?
"Was lehrt uns eine Maur, was sagt uns ein Palast?
"Was ist ein Marmel-Kopf den man in Lorber faßt?
275"So findet keine sich zu diesem Ende besser;
"Von allen Künsten ist die Macht gewiß nicht grösser,
"Als die der Meinigen; mithin ist es mir leicht,
"Daß ich dasjenige, was diesem Fürsten gleicht,
"Auch in die spätste Zeit der Nachwelt überseze;
280"Sonst aber Licht und Grau so viel als Marmel schäze.
Thalia schaute mich, ich sie bedachtsam an,
Als ob ein jedes sich auf diesen Spruch besann.
Jch sagte: diese prahlt zwar sehr mit ihren Bildern;
Allein was wurde sie zum Ruhm des Fürstens schildern?
285Thalia sprach hierauf: " Vielleicht beschreibt sie noch
"Mehr als was Prächtiges und hebt es Himmel hoch.
"Sie rühmt sich ohne dem, sie sey dorther gekommen;
"Die Kunst sey von dem Licht der Sonnen hergenommen.
JNzwischen nahm ich wahr, daß wieder jene sprach
290Die man die Dicht-Kunst hieß, und Anfangs unterbrach:
Sie wies sich unbesorgt, was sie zu melden habe,
Da sie sich unerregt so zu vernehmen gabe:
"So
G g 2
Achtes Buch.
„Zorn, Unbeſtand und Angſt, Furcht, Hoffnung, Rach und Lieb,
270„Ja was der Tugenden und Leidenſchaften Trieb
„Jn ſich verbergen mag, das kann der Penſel zeigen.
„Jſt ſolche Tuͤchtigkeit auch euern Griffeln eigen?
„Was lehrt uns eine Maur, was ſagt uns ein Palaſt?
„Was iſt ein Marmel-Kopf den man in Lorber faßt?
275„So findet keine ſich zu dieſem Ende beſſer;
„Von allen Kuͤnſten iſt die Macht gewiß nicht groͤſſer,
„Als die der Meinigen; mithin iſt es mir leicht,
„Daß ich dasjenige, was dieſem Fuͤrſten gleicht,
„Auch in die ſpaͤtſte Zeit der Nachwelt uͤberſeze;
280„Sonſt aber Licht und Grau ſo viel als Marmel ſchaͤze.
Thalia ſchaute mich, ich ſie bedachtſam an,
Als ob ein jedes ſich auf dieſen Spruch beſann.
Jch ſagte: dieſe prahlt zwar ſehr mit ihren Bildern;
Allein was wurde ſie zum Ruhm des Fuͤrſtens ſchildern?
285Thalia ſprach hierauf: „ Vielleicht beſchreibt ſie noch
„Mehr als was Praͤchtiges und hebt es Himmel hoch.
„Sie ruͤhmt ſich ohne dem, ſie ſey dorther gekommen;
„Die Kunſt ſey von dem Licht der Sonnen hergenommen.
JNzwiſchen nahm ich wahr, daß wieder jene ſprach
290Die man die Dicht-Kunſt hieß, und Anfangs unterbrach:
Sie wies ſich unbeſorgt, was ſie zu melden habe,
Da ſie ſich unerregt ſo zu vernehmen gabe:
„So
G g 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0045"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achtes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>&#x201E;Zorn, Unbe&#x017F;tand und Ang&#x017F;t, Furcht, Hoffnung, Rach und Lieb,</l><lb/>
            <l><note place="left">270</note>&#x201E;Ja was der Tugenden und Leiden&#x017F;chaften Trieb</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jn &#x017F;ich verbergen mag, das kann der Pen&#x017F;el zeigen.</l><lb/>
            <l>&#x201E;J&#x017F;t &#x017F;olche Tu&#x0364;chtigkeit auch euern Griffeln eigen?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was lehrt uns eine Maur, was &#x017F;agt uns ein Pala&#x017F;t?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was i&#x017F;t ein Marmel-Kopf den man in Lorber faßt?</l><lb/>
            <l><note place="left">275</note>&#x201E;So findet keine &#x017F;ich zu die&#x017F;em Ende be&#x017F;&#x017F;er;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Von allen Ku&#x0364;n&#x017F;ten i&#x017F;t die Macht gewiß nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Als die der Meinigen; mithin i&#x017F;t es mir leicht,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Daß ich dasjenige, was die&#x017F;em Fu&#x0364;r&#x017F;ten gleicht,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Auch in die &#x017F;pa&#x0364;t&#x017F;te Zeit der Nachwelt u&#x0364;ber&#x017F;eze;</l><lb/>
            <l><note place="left">280</note>&#x201E;Son&#x017F;t aber Licht und Grau &#x017F;o viel als Marmel &#x017F;cha&#x0364;ze.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Thalia &#x017F;chaute mich, ich &#x017F;ie bedacht&#x017F;am an,</l><lb/>
            <l>Als ob ein jedes &#x017F;ich auf die&#x017F;en Spruch be&#x017F;ann.</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;agte: die&#x017F;e prahlt zwar &#x017F;ehr mit ihren Bildern;</l><lb/>
            <l>Allein was wurde &#x017F;ie zum Ruhm des Fu&#x0364;r&#x017F;tens &#x017F;childern?</l><lb/>
            <l><note place="left">285</note>Thalia &#x017F;prach hierauf: &#x201E; Vielleicht be&#x017F;chreibt &#x017F;ie noch</l><lb/>
            <l>&#x201E;Mehr als was Pra&#x0364;chtiges und hebt es Himmel hoch.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Sie ru&#x0364;hmt &#x017F;ich ohne dem, &#x017F;ie &#x017F;ey dorther gekommen;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Die Kun&#x017F;t &#x017F;ey von dem Licht der Sonnen hergenommen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>Nzwi&#x017F;chen nahm ich wahr, daß wieder jene &#x017F;prach</l><lb/>
            <l><note place="left">290</note>Die man die Dicht-Kun&#x017F;t hieß, und Anfangs unterbrach:</l><lb/>
            <l>Sie wies &#x017F;ich unbe&#x017F;orgt, was &#x017F;ie zu melden habe,</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie &#x017F;ich unerregt &#x017F;o zu vernehmen gabe:</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">G g 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;So</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] Achtes Buch. „Zorn, Unbeſtand und Angſt, Furcht, Hoffnung, Rach und Lieb, „Ja was der Tugenden und Leidenſchaften Trieb „Jn ſich verbergen mag, das kann der Penſel zeigen. „Jſt ſolche Tuͤchtigkeit auch euern Griffeln eigen? „Was lehrt uns eine Maur, was ſagt uns ein Palaſt? „Was iſt ein Marmel-Kopf den man in Lorber faßt? „So findet keine ſich zu dieſem Ende beſſer; „Von allen Kuͤnſten iſt die Macht gewiß nicht groͤſſer, „Als die der Meinigen; mithin iſt es mir leicht, „Daß ich dasjenige, was dieſem Fuͤrſten gleicht, „Auch in die ſpaͤtſte Zeit der Nachwelt uͤberſeze; „Sonſt aber Licht und Grau ſo viel als Marmel ſchaͤze. Thalia ſchaute mich, ich ſie bedachtſam an, Als ob ein jedes ſich auf dieſen Spruch beſann. Jch ſagte: dieſe prahlt zwar ſehr mit ihren Bildern; Allein was wurde ſie zum Ruhm des Fuͤrſtens ſchildern? Thalia ſprach hierauf: „ Vielleicht beſchreibt ſie noch „Mehr als was Praͤchtiges und hebt es Himmel hoch. „Sie ruͤhmt ſich ohne dem, ſie ſey dorther gekommen; „Die Kunſt ſey von dem Licht der Sonnen hergenommen. JNzwiſchen nahm ich wahr, daß wieder jene ſprach Die man die Dicht-Kunſt hieß, und Anfangs unterbrach: Sie wies ſich unbeſorgt, was ſie zu melden habe, Da ſie ſich unerregt ſo zu vernehmen gabe: „So G g 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/45
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/45>, abgerufen am 09.11.2024.