Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. unwidersprechlich sie verdammen; andresind noch vorhanden, die das Schrecklichste mich fürchten lassen -- Aber, Marquis -- schwer, schwer fällt es mir, an Eines nur zu glauben. Wer klagt sie an? -- Wenn sie -- sie fähig sollte gewesen sein, so tief sich zu entehren, o wie viel mehr ist mir zu glauben dann erlaubt, daß eine Eboli verläumdet? Haßt nicht der Priester meinen Sohn und sie? Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet? Mein Weib ist mehr werth als sie alle. Marquis. Sire, und etwas lebt noch in des Weibes Seele, das über allen Schein erhaben ist und über alle Lästerung -- Es heißt weibliche Tugend. König. Nicht wahr? O Sie kennen den Menschen, Marquis. Solch ein Mann hat mir schon längst gemangelt -- Ja! Das sag' ich auch. So tief, als man die Königinn bezüchtigt, Dom Karlos. unwiderſprechlich ſie verdammen; andreſind noch vorhanden, die das Schrecklichſte mich fürchten laſſen — Aber, Marquis — ſchwer, ſchwer fällt es mir, an Eines nur zu glauben. Wer klagt ſie an? — Wenn ſie — ſie fähig ſollte geweſen ſein, ſo tief ſich zu entehren, o wie viel mehr iſt mir zu glauben dann erlaubt, daß eine Eboli verläumdet? Haßt nicht der Prieſter meinen Sohn und ſie? Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet? Mein Weib iſt mehr werth als ſie alle. Marquis. Sire, und etwas lebt noch in des Weibes Seele, das über allen Schein erhaben iſt und über alle Läſterung — Es heißt weibliche Tugend. König. Nicht wahr? O Sie kennen den Menſchen, Marquis. Solch ein Mann hat mir ſchon längſt gemangelt — Ja! Das ſag’ ich auch. So tief, als man die Königinn bezüchtigt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KOENIG"> <p><pb facs="#f0302" n="290"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> unwiderſprechlich ſie verdammen; andre<lb/> ſind noch vorhanden, die das Schrecklichſte<lb/> mich fürchten laſſen — Aber, Marquis —<lb/> ſchwer,<lb/> ſchwer fällt es mir, an Eines nur zu glauben.<lb/> Wer klagt ſie an? — Wenn <hi rendition="#g">ſie</hi> — ſie<lb/> fähig ſollte<lb/> geweſen ſein, ſo tief ſich zu entehren,<lb/> o wie viel mehr iſt mir zu glauben dann<lb/> erlaubt, daß eine Eboli verläumdet?<lb/> Haßt nicht der Prieſter meinen Sohn und ſie?<lb/> Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet?<lb/> Mein Weib iſt mehr werth als ſie alle.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Sire,</hi><lb/> und etwas lebt noch in des Weibes Seele,<lb/> das über allen Schein erhaben iſt<lb/> und über alle Läſterung — Es heißt<lb/> weibliche Tugend.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">König</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Nicht wahr? O Sie kennen</hi><lb/> den Menſchen, Marquis. Solch ein Mann<lb/> hat mir<lb/> ſchon längſt gemangelt — Ja! Das ſag’<lb/> ich auch.<lb/> So tief, als man die Königinn bezüchtigt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [290/0302]
Dom Karlos.
unwiderſprechlich ſie verdammen; andre
ſind noch vorhanden, die das Schrecklichſte
mich fürchten laſſen — Aber, Marquis —
ſchwer,
ſchwer fällt es mir, an Eines nur zu glauben.
Wer klagt ſie an? — Wenn ſie — ſie
fähig ſollte
geweſen ſein, ſo tief ſich zu entehren,
o wie viel mehr iſt mir zu glauben dann
erlaubt, daß eine Eboli verläumdet?
Haßt nicht der Prieſter meinen Sohn und ſie?
Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet?
Mein Weib iſt mehr werth als ſie alle.
Marquis.
Sire,
und etwas lebt noch in des Weibes Seele,
das über allen Schein erhaben iſt
und über alle Läſterung — Es heißt
weibliche Tugend.
König.
Nicht wahr? O Sie kennen
den Menſchen, Marquis. Solch ein Mann
hat mir
ſchon längſt gemangelt — Ja! Das ſag’
ich auch.
So tief, als man die Königinn bezüchtigt,
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