Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. verhören mich zu lassen. Wahrheit werdeich nie verläugnen, wenn mit Ehrerbietung und Güte sie gefodert wird -- Und war das wohl der Ton, den Eure Majestät mir in Aranjuez zu hören gaben? Ist etwa die versammelte Grandezza der Richterstuhl, vor welchen Königinnen zu ihrer stillen Thaten Rechenschaft gezogen werden? Ich gestattete dem Prinzen die Zusammenkunft, um die er drängend bat. Ich that es, mein Gemahl, weil ich es wollte -- weil ich den Gebrauch nicht über Dinge will zum Richter setzen, die ich für tadellos erkannt -- und Ihnen verbarg ich es, weil ich nicht lüstern war, mit Eurer Majestät um diese Freiheit vor meinem Hofgesinde mich zu streiten. König. Sie sprechen kühn, Madam, sehr -- Königinn. Und auch darum, setz' ich hinzu, weil der Infant doch schwer- lich der Billigkeit -- der Nachsicht, wollt' ich sa- gen -- Dom Karlos. verhören mich zu laſſen. Wahrheit werdeich nie verläugnen, wenn mit Ehrerbietung und Güte ſie gefodert wird — Und war das wohl der Ton, den Eure Majeſtät mir in Aranjuez zu hören gaben? Iſt etwa die verſammelte Grandezza der Richterſtuhl, vor welchen Königinnen zu ihrer ſtillen Thaten Rechenſchaft gezogen werden? Ich geſtattete dem Prinzen die Zuſammenkunft, um die er drängend bat. Ich that es, mein Gemahl, weil ich es wollte — weil ich den Gebrauch nicht über Dinge will zum Richter ſetzen, die ich für tadellos erkannt — und Ihnen verbarg ich es, weil ich nicht lüſtern war, mit Eurer Majeſtät um dieſe Freiheit vor meinem Hofgeſinde mich zu ſtreiten. König. Sie ſprechen kühn, Madam, ſehr — Königinn. Und auch darum, ſetz’ ich hinzu, weil der Infant doch ſchwer- lich der Billigkeit — der Nachſicht, wollt’ ich ſa- gen — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KOENIGI"> <p><pb facs="#f0346" n="334"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos.</hi></fw><lb/> verhören mich zu laſſen. Wahrheit werde<lb/> ich nie verläugnen, wenn mit Ehrerbietung<lb/> und Güte ſie gefodert wird — Und war<lb/> das wohl der Ton, den Eure Majeſtät<lb/> mir in Aranjuez zu hören gaben?<lb/> Iſt etwa die verſammelte Grandezza<lb/> der Richterſtuhl, vor welchen Königinnen<lb/> zu ihrer ſtillen Thaten Rechenſchaft<lb/> gezogen werden? Ich geſtattete<lb/> dem Prinzen die Zuſammenkunft, um die<lb/> er drängend bat. Ich that es, mein Gemahl,<lb/> weil ich es wollte — weil ich den Gebrauch<lb/> nicht über Dinge will zum Richter ſetzen,<lb/> die ich für tadellos erkannt — und Ihnen<lb/> verbarg ich es, weil ich nicht lüſtern war,<lb/> mit Eurer Majeſtät um dieſe Freiheit<lb/> vor meinem Hofgeſinde mich zu ſtreiten.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#g">König.</hi> </speaker><lb/> <p>Sie ſprechen kühn, Madam, ſehr —</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGI"> <speaker> <hi rendition="#g">Königinn.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Und auch darum,</hi><lb/> ſetz’ ich hinzu, weil der Infant doch ſchwer-<lb/> lich<lb/> der Billigkeit — der Nachſicht, wollt’ ich ſa-<lb/> gen —<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0346]
Dom Karlos.
verhören mich zu laſſen. Wahrheit werde
ich nie verläugnen, wenn mit Ehrerbietung
und Güte ſie gefodert wird — Und war
das wohl der Ton, den Eure Majeſtät
mir in Aranjuez zu hören gaben?
Iſt etwa die verſammelte Grandezza
der Richterſtuhl, vor welchen Königinnen
zu ihrer ſtillen Thaten Rechenſchaft
gezogen werden? Ich geſtattete
dem Prinzen die Zuſammenkunft, um die
er drängend bat. Ich that es, mein Gemahl,
weil ich es wollte — weil ich den Gebrauch
nicht über Dinge will zum Richter ſetzen,
die ich für tadellos erkannt — und Ihnen
verbarg ich es, weil ich nicht lüſtern war,
mit Eurer Majeſtät um dieſe Freiheit
vor meinem Hofgeſinde mich zu ſtreiten.
König.
Sie ſprechen kühn, Madam, ſehr —
Königinn.
Und auch darum,
ſetz’ ich hinzu, weil der Infant doch ſchwer-
lich
der Billigkeit — der Nachſicht, wollt’ ich ſa-
gen —
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