hab' ich Dich nie gesehen. Stolzer hebt sich Deine Brust, und Deine Blicke leuchten wie eines höhern Wesens.
Marquis. Freude der Vollendung. Meine Bahn ist aus. Jetzt ist die Reih' an Dir, die Deinige zu wandeln. Wir müssen Abschied nehmen, Karl. Erschrick nicht. O sei ein Mann. Was Du auch hören wirst, versprich mir, Karl, nicht durch unbänd'gen Schmerz, unwürdig großer Seelen, diese Trennung mir zu erschweren -- Du verlierst mich, Karl -- auf viele Jahre -- Thoren nennen es auf ewig. Karlos zieht seine Hand zurück, sieht ihn starr an und antwortet nichts. Sei ein Mann. Ich habe sehr auf Dich gerechnet, hab' es nicht vermieden, die bange Stunde mit Dir auszuhalten, die man die letzte schrecklich nennt -- Ja, soll ich Dir's gestehen, Karl? ich habe mich
Dom Karlos.
hab’ ich Dich nie geſehen. Stolzer hebt ſich Deine Bruſt, und Deine Blicke leuchten wie eines höhern Weſens.
Marquis. Freude der Vollendung. Meine Bahn iſt aus. Jetzt iſt die Reih’ an Dir, die Deinige zu wandeln. Wir müſſen Abſchied nehmen, Karl. Erſchrick nicht. O ſei ein Mann. Was Du auch hören wirſt, verſprich mir, Karl, nicht durch unbänd’gen Schmerz, unwürdig großer Seelen, dieſe Trennung mir zu erſchweren — Du verlierſt mich, Karl — auf viele Jahre — Thoren nennen es auf ewig. Karlos zieht ſeine Hand zurück, ſieht ihn ſtarr an und antwortet nichts. Sei ein Mann. Ich habe ſehr auf Dich gerechnet, hab’ es nicht vermieden, die bange Stunde mit Dir auszuhalten, die man die letzte ſchrecklich nennt — Ja, ſoll ich Dir’s geſtehen, Karl? ich habe mich
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Dom Karlos.
hab’ ich Dich nie geſehen. Stolzer hebt
ſich Deine Bruſt, und Deine Blicke leuchten
wie eines höhern Weſens.
Marquis.
Freude der
Vollendung. Meine Bahn iſt aus. Jetzt iſt
die Reih’ an Dir, die Deinige zu wandeln.
Wir müſſen Abſchied nehmen, Karl. Erſchrick
nicht.
O ſei ein Mann. Was Du auch hören wirſt,
verſprich mir, Karl, nicht durch unbänd’gen
Schmerz,
unwürdig großer Seelen, dieſe Trennung
mir zu erſchweren — Du verlierſt mich,
Karl —
auf viele Jahre — Thoren nennen es
auf ewig.
Karlos zieht ſeine Hand zurück, ſieht ihn ſtarr an und
antwortet nichts.
Sei ein Mann. Ich habe ſehr
auf Dich gerechnet, hab’ es nicht vermieden,
die bange Stunde mit Dir auszuhalten,
die man die letzte ſchrecklich nennt — Ja,
ſoll
ich Dir’s geſtehen, Karl? ich habe mich
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/442>, abgerufen am 26.06.2024.
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