Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.alle vergeblich; endlich um ihrem Zudringen zu ent¬ Leben Sie glücklich -- liebster Freund. Wie genug,
alle vergeblich; endlich um ihrem Zudringen zu ent¬ Leben Sie glücklich — liebſter Freund. Wie genug,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0118" n="110"/> alle vergeblich; endlich um ihrem Zudringen zu ent¬<lb/> gehen, weil ſie drohten, ihn rechtlich zu belangen,<lb/> begab er ſich bey dem Prinzen in Dienſte. An<lb/> dieſen wandte ſich nun der Haupterbe, dieſer Kauf¬<lb/> mann, und that noch größre Erbiethungen, als<lb/> die ſchon geſchehen waren, wenn Biondello ſeinen<lb/> Sinn ändern wollte. Aber auch die Fürſprache<lb/> des Prinzen war umſonſt. Dieſem geſtand er<lb/> zwar, daß ihm wirklich dergleichen Geheimniſſe an¬<lb/> vertraut waren, er läugnete auch nicht, daß der<lb/> Verſtorbene im Haß gegen ſeine Familie vielleicht zu<lb/> weit gegangen ſey, aber, ſezte er war mein<lb/> guter Herr und mein Wohlthäter, und im feſten<lb/> Vertrauen auf meine Redlichkeit ſtarb er hin. Ich<lb/> war der einzige Freund, den er auf der Welt ver¬<lb/> ließ — um ſo weniger darf ich ſeine einzige Hoff¬<lb/> nung hintergehen. Zugleich ließ er merken, daß<lb/> dieſe Eröffnungen dem Andenken ſeines verſtorbenen<lb/> Herrn nicht ſehr zur Ehre gereichen dürften. Iſt<lb/> das nicht fein gedacht und edel? Auch können Sie<lb/> leicht denken, daß der Prinz nicht ſehr darauf be¬<lb/> harrte, ihn in einer ſo löblichen Geſinnung wan¬<lb/> kend zu machen. Dieſe ſeltene Treue, die er ge¬<lb/> gen einen Todten bewies, hat ihm einen Lebenden<lb/> gewonnen!</p><lb/> <p>Leben Sie glücklich — liebſter Freund. Wie<lb/> ſehne ich mich nach dem ſtillen Leben zurück, in wel¬<lb/> chem Sie uns hier fanden, und wofür Sie uns ſo<lb/> angenehm entſchädigten! Ich fürchte, meine gu¬<lb/> ten Zeiten in Venedig ſind vorbey, und Gewinn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">genug,<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0118]
alle vergeblich; endlich um ihrem Zudringen zu ent¬
gehen, weil ſie drohten, ihn rechtlich zu belangen,
begab er ſich bey dem Prinzen in Dienſte. An
dieſen wandte ſich nun der Haupterbe, dieſer Kauf¬
mann, und that noch größre Erbiethungen, als
die ſchon geſchehen waren, wenn Biondello ſeinen
Sinn ändern wollte. Aber auch die Fürſprache
des Prinzen war umſonſt. Dieſem geſtand er
zwar, daß ihm wirklich dergleichen Geheimniſſe an¬
vertraut waren, er läugnete auch nicht, daß der
Verſtorbene im Haß gegen ſeine Familie vielleicht zu
weit gegangen ſey, aber, ſezte er war mein
guter Herr und mein Wohlthäter, und im feſten
Vertrauen auf meine Redlichkeit ſtarb er hin. Ich
war der einzige Freund, den er auf der Welt ver¬
ließ — um ſo weniger darf ich ſeine einzige Hoff¬
nung hintergehen. Zugleich ließ er merken, daß
dieſe Eröffnungen dem Andenken ſeines verſtorbenen
Herrn nicht ſehr zur Ehre gereichen dürften. Iſt
das nicht fein gedacht und edel? Auch können Sie
leicht denken, daß der Prinz nicht ſehr darauf be¬
harrte, ihn in einer ſo löblichen Geſinnung wan¬
kend zu machen. Dieſe ſeltene Treue, die er ge¬
gen einen Todten bewies, hat ihm einen Lebenden
gewonnen!
Leben Sie glücklich — liebſter Freund. Wie
ſehne ich mich nach dem ſtillen Leben zurück, in wel¬
chem Sie uns hier fanden, und wofür Sie uns ſo
angenehm entſchädigten! Ich fürchte, meine gu¬
ten Zeiten in Venedig ſind vorbey, und Gewinn
genug,
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