Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.dem Zweck der Natur, dem es dient. Beyde, So scheint es. "Der Mensch also brauchte kein Mitwisser Und kann etwas vortrefflicher seyn, als daß "sie einem Geiste zu gönnen, wollen Sie sa¬ an I 4
dem Zweck der Natur, dem es dient. Beyde, So ſcheint es. „Der Menſch alſo brauchte kein Mitwiſſer Und kann etwas vortrefflicher ſeyn, als daß „ſie einem Geiſte zu gönnen, wollen Sie ſa¬ an I 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0143" n="135"/> dem Zweck der Natur, dem es dient. Beyde,<lb/> möchte man ſagen, ſeyen durch eine eben ſo will¬<lb/> kührliche Koexiſtenz mit einander verbunden, wie<lb/> der Lorbeerkranz mit einem Siege, wie ein Brand¬<lb/> mal mit einer ehrloſen Handlung.“</p><lb/> <p>So ſcheint es.</p><lb/> <p>„Der Menſch alſo brauchte kein <hi rendition="#g">Mitwiſſer</hi><lb/> des Zwecks zu ſeyn, den die Natur durch ihn aus¬<lb/> führt. Mochte er immerhin von keinem andern<lb/> Principium wiſſen, als dem, wodurch er in ſeiner<lb/> kleinen Welt ſich regiert, mochte er ſogar im lieb¬<lb/> lichen, ſelbſtgefälligen Wahn die Verhältniſſe dieſer<lb/> ſeiner kleinen Welt der großen Natur als Geſetze<lb/> unterlegen — dadurch daß er ſeiner Struktur die¬<lb/> net, ſind ihre Zwecke mit ihm geſichert.“</p><lb/> <p>Und kann etwas vortrefflicher ſeyn, als daß<lb/> alle Theile des großen Ganzen nur dadurch den<lb/> Zweck der Natur befördern, daß ſie ihrem eignen<lb/> getreu bleiben, daß ſie nicht zu der Harmonie bey¬<lb/> tragen <hi rendition="#g">wollen</hi> dürfen, ſondern daß ſie es <hi rendition="#g">müſ¬<lb/> ſen</hi>? Dieſe Vorſtellung iſt ſo ſchön, ſo hinreißend,<lb/> daß man ſchon dadurch allein bewogen wird —</p><lb/> <p>„ſie einem Geiſte zu gönnen, wollen Sie ſa¬<lb/> gen? weil der ſelbſtſüchtige Menſch ſeinem Geſchlech¬<lb/> te gern alles Gute und Schöne zutragen möchte,<lb/> weil er den Schöpfer ſo gern in ſeiner Familie ha¬<lb/> ben möchte. Geben Sie dem Kryſtalle das Ver¬<lb/> mögen der Vorſtellung, ſein höchſter Weltplan wird<lb/> Kryſtalliſation, ſeine Gottheit die ſchönſte Form von<lb/> Kryſtall ſeyn. Und mußte dieß nicht ſo ſeyn? Hielt<lb/> nicht jede einzelne Waſſerkugel ſo getreu und feſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">an<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">I 4<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0143]
dem Zweck der Natur, dem es dient. Beyde,
möchte man ſagen, ſeyen durch eine eben ſo will¬
kührliche Koexiſtenz mit einander verbunden, wie
der Lorbeerkranz mit einem Siege, wie ein Brand¬
mal mit einer ehrloſen Handlung.“
So ſcheint es.
„Der Menſch alſo brauchte kein Mitwiſſer
des Zwecks zu ſeyn, den die Natur durch ihn aus¬
führt. Mochte er immerhin von keinem andern
Principium wiſſen, als dem, wodurch er in ſeiner
kleinen Welt ſich regiert, mochte er ſogar im lieb¬
lichen, ſelbſtgefälligen Wahn die Verhältniſſe dieſer
ſeiner kleinen Welt der großen Natur als Geſetze
unterlegen — dadurch daß er ſeiner Struktur die¬
net, ſind ihre Zwecke mit ihm geſichert.“
Und kann etwas vortrefflicher ſeyn, als daß
alle Theile des großen Ganzen nur dadurch den
Zweck der Natur befördern, daß ſie ihrem eignen
getreu bleiben, daß ſie nicht zu der Harmonie bey¬
tragen wollen dürfen, ſondern daß ſie es müſ¬
ſen? Dieſe Vorſtellung iſt ſo ſchön, ſo hinreißend,
daß man ſchon dadurch allein bewogen wird —
„ſie einem Geiſte zu gönnen, wollen Sie ſa¬
gen? weil der ſelbſtſüchtige Menſch ſeinem Geſchlech¬
te gern alles Gute und Schöne zutragen möchte,
weil er den Schöpfer ſo gern in ſeiner Familie ha¬
ben möchte. Geben Sie dem Kryſtalle das Ver¬
mögen der Vorſtellung, ſein höchſter Weltplan wird
Kryſtalliſation, ſeine Gottheit die ſchönſte Form von
Kryſtall ſeyn. Und mußte dieß nicht ſo ſeyn? Hielt
nicht jede einzelne Waſſerkugel ſo getreu und feſt
an
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