Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.die Binde wieder von den Augen nahm. Wir be¬ "Erkennen Sie diesen Menschen für den nehm¬ "Ja," antwortete der Prinz. Darauf wandte Jener sich zu dem Gefangenen: Der Gefangene antwortete mit Ja. Sogleich öffnete sich der Kreis, und mit Ent¬ Wer der verborgene Freund gewesen, der uns wissen
die Binde wieder von den Augen nahm. Wir be¬ „Erkennen Sie dieſen Menſchen für den nehm¬ „Ja,“ antwortete der Prinz. Darauf wandte Jener ſich zu dem Gefangenen: Der Gefangene antwortete mit Ja. Sogleich öffnete ſich der Kreis, und mit Ent¬ Wer der verborgene Freund geweſen, der uns wiſſen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0020" n="12"/> die Binde wieder von den Augen nahm. Wir be¬<lb/> fanden uns in einem Kreiſe ehrwürdiger alter<lb/> Männer, alle ſchwarz gekleidet, der ganze Saal<lb/> mit ſchwarzen Tüchern behangen und ſparſam er¬<lb/> leuchtet, eine Todtenſtille in der ganzen Verſamm¬<lb/> lung, welches einen ſchreckhaften Eindruck machte.<lb/> Einer von dieſen Greiſen, wahrſcheinlich der ober¬<lb/> ſte Staatsinquiſitor, näherte ſich dem Prinzen, und<lb/> fragte ihn mit einer feierlichen Miene, während<lb/> man ihm den Venetianer vorführete:</p><lb/> <p>„Erkennen Sie dieſen Menſchen für den nehm¬<lb/> lichen, der Sie auf dem Kaffeehauſe beleidigt<lb/> hat?“</p><lb/> <p>„Ja,“ antwortete der Prinz.</p><lb/> <p>Darauf wandte Jener ſich zu dem Gefangenen:<lb/> „Iſt das dieſelbe Perſon, die Sie heute Abend<lb/> wollten ermorden laſſen?“</p><lb/> <p>Der Gefangene antwortete mit <hi rendition="#g">Ja</hi>.</p><lb/> <p>Sogleich öffnete ſich der Kreis, und mit Ent¬<lb/> ſetzen ſahen wir den Kopf des Venetianers vom<lb/> Rumpfe trennen, „Sind Sie mit dieſer Genug¬<lb/> thuung zufrieden?“ fragte der Staatsinquiſitor.<lb/> — Der Prinz lag ohnmächtig in den Armen ſeiner<lb/> Begleiter — „Gehen Sie nun,“ fuhr Jener mit<lb/> einer ſchrecklichen Stimme fort, indem er ſich gegen<lb/> mich wandte, „und urtheilen Sie künftig weniger<lb/> vorſchnell von der Gerechtigkeit in Venedig.“</p><lb/> <p>Wer der verborgene Freund geweſen, der uns<lb/> durch den ſchnellen Arm der Juſtiz von einem ge¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wiſſen<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0020]
die Binde wieder von den Augen nahm. Wir be¬
fanden uns in einem Kreiſe ehrwürdiger alter
Männer, alle ſchwarz gekleidet, der ganze Saal
mit ſchwarzen Tüchern behangen und ſparſam er¬
leuchtet, eine Todtenſtille in der ganzen Verſamm¬
lung, welches einen ſchreckhaften Eindruck machte.
Einer von dieſen Greiſen, wahrſcheinlich der ober¬
ſte Staatsinquiſitor, näherte ſich dem Prinzen, und
fragte ihn mit einer feierlichen Miene, während
man ihm den Venetianer vorführete:
„Erkennen Sie dieſen Menſchen für den nehm¬
lichen, der Sie auf dem Kaffeehauſe beleidigt
hat?“
„Ja,“ antwortete der Prinz.
Darauf wandte Jener ſich zu dem Gefangenen:
„Iſt das dieſelbe Perſon, die Sie heute Abend
wollten ermorden laſſen?“
Der Gefangene antwortete mit Ja.
Sogleich öffnete ſich der Kreis, und mit Ent¬
ſetzen ſahen wir den Kopf des Venetianers vom
Rumpfe trennen, „Sind Sie mit dieſer Genug¬
thuung zufrieden?“ fragte der Staatsinquiſitor.
— Der Prinz lag ohnmächtig in den Armen ſeiner
Begleiter — „Gehen Sie nun,“ fuhr Jener mit
einer ſchrecklichen Stimme fort, indem er ſich gegen
mich wandte, „und urtheilen Sie künftig weniger
vorſchnell von der Gerechtigkeit in Venedig.“
Wer der verborgene Freund geweſen, der uns
durch den ſchnellen Arm der Juſtiz von einem ge¬
wiſſen
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