Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.Wir standen und sahen uns an. -- "Was Der schreckliche Auftritt dieser Nacht hatte dem So bald er so weit genesen war, um das Zim¬ ver¬
Wir ſtanden und ſahen uns an. — „Was Der ſchreckliche Auftritt dieſer Nacht hatte dem So bald er ſo weit geneſen war, um das Zim¬ ver¬
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0022" n="14"/> <p>Wir ſtanden und ſahen uns an. — „Was<lb/> halten Sie davon? ſagte endlich der Prinz nach<lb/> einem langen Stillſchweigen. „Ich habe hier ei¬<lb/> nen verborgenen Aufſeher in Venedig.“</p><lb/> <p>Der ſchreckliche Auftritt dieſer Nacht hatte dem<lb/> Prinzen ein Fieber zugezogen, das ihn acht Tage<lb/> nöthigte, das Zimmer zu hüten. In dieſer Zeit<lb/> wimmelte unſer Hotel von Einheimiſchen und Frem¬<lb/> den, die der entdeckte Stand des Prinzen herbey<lb/> gelockt hatte. Man wetteiferte unter einander,<lb/> ihm Dienſte anzubieten, und wir bemerkten mit<lb/> Vergnügen, wie immer der nächſtfolgende den weg¬<lb/> gehenden verdächtig machte. Liebesbriefe und Ar¬<lb/> kana überſchwemmten uns von allen Seiten. Je¬<lb/> der ſuchte nach ſeiner Art, ſich geltend zu machen.<lb/> Des ganzen Vorgangs in der Staatsinquiſition<lb/> wurde nicht mehr erwähnt. Weil der Hof zu **<lb/> die Abreiſe des Prinzen noch aufgeſchoben wünſchte,<lb/> ſo erhielten einige Banquiers in Venedig Anwei¬<lb/> ſung, ihm beträchtliche Summen auszuzahlen. So<lb/> ward er wider Willen in den Stand geſetzt, ſeinen<lb/> Aufenthalt in Italien zu verlängern, und auf ſein<lb/> Bitten entſchloß ich mich auch, meine Abreiſe noch<lb/> zu verſchieben.</p><lb/> <p>So bald er ſo weit geneſen war, um das Zim¬<lb/> mer wieder verlaſſen zu können, beredete ihn der<lb/> Arzt eine Spazierfahrt auf der Brenta zu machen,<lb/> um die Luft zu verändern. Das Wetter war helle<lb/> und die Parthie ward angenommen. Als wir<lb/> eben im Begriff waren in die Gondel zu ſteigen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ver¬<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0022]
Wir ſtanden und ſahen uns an. — „Was
halten Sie davon? ſagte endlich der Prinz nach
einem langen Stillſchweigen. „Ich habe hier ei¬
nen verborgenen Aufſeher in Venedig.“
Der ſchreckliche Auftritt dieſer Nacht hatte dem
Prinzen ein Fieber zugezogen, das ihn acht Tage
nöthigte, das Zimmer zu hüten. In dieſer Zeit
wimmelte unſer Hotel von Einheimiſchen und Frem¬
den, die der entdeckte Stand des Prinzen herbey
gelockt hatte. Man wetteiferte unter einander,
ihm Dienſte anzubieten, und wir bemerkten mit
Vergnügen, wie immer der nächſtfolgende den weg¬
gehenden verdächtig machte. Liebesbriefe und Ar¬
kana überſchwemmten uns von allen Seiten. Je¬
der ſuchte nach ſeiner Art, ſich geltend zu machen.
Des ganzen Vorgangs in der Staatsinquiſition
wurde nicht mehr erwähnt. Weil der Hof zu **
die Abreiſe des Prinzen noch aufgeſchoben wünſchte,
ſo erhielten einige Banquiers in Venedig Anwei¬
ſung, ihm beträchtliche Summen auszuzahlen. So
ward er wider Willen in den Stand geſetzt, ſeinen
Aufenthalt in Italien zu verlängern, und auf ſein
Bitten entſchloß ich mich auch, meine Abreiſe noch
zu verſchieben.
So bald er ſo weit geneſen war, um das Zim¬
mer wieder verlaſſen zu können, beredete ihn der
Arzt eine Spazierfahrt auf der Brenta zu machen,
um die Luft zu verändern. Das Wetter war helle
und die Parthie ward angenommen. Als wir
eben im Begriff waren in die Gondel zu ſteigen,
ver¬
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