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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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die wahrscheinlichere stören; die Leichtigkeit,
die erhaltene Entdeckung zu begreifen, würde hier
nur das Mittel, durch welches man dazu gelangt
war, herabgewürdigt haben; die Leichtigkeit, sie
zu erfinden, dieses wohl gar verdächtig gemacht ha¬
ben
; denn wozu einen Geist bemühen, wenn man
nichts weiteres von ihm erfahren soll, als was
auch ohne ihn, mit Hülfe der bloß gewöhnlichen
Vernunft herauszubringen war? Aber die über¬
raschende Neuheit und Schwierigkeit der Entdeckung
ist hier gleichsam eine Gewährleistung des Wunders,
wodurch sie erhalten wird -- denn wer wird nun
das Uebernatürliche einer Operation in Zwei¬
fel ziehen, wenn das, was sie leistete, durch na¬
türliche Kräfte nicht geleistet werden kann? -- Ich
habe Sie unterbrochen," sezte der Prinz hinzu.
"Vollenden Sie Ihre Erzählung."

"Ich ließ," fuhr dieser fort, "die Frage an
den Geist ergehen, ob er nichts mehr sein nenne
auf dieser Welt, und nichts darauf hinterlassen ha¬
be, was ihm theuer wäre? Der Geist schüttelte
dreymal das Haupt, und streckte eine seiner Hän¬
de gen Himmel. Ehe er wegging, streifte er noch
einen Ring vom Finger, den man nach seiner Ver¬
schwindung auf dem Fußboden liegend fand. Als
die Gräfinn ihn genauer in's Gesicht faßte, war es
ihr Trauring."

"Ihr Trauring!" rief der Prinz mit Befrem¬
dung. "Ihr Trauring! Aber wie gelangten Sie
zu diesem?"

"Ich

die wahrſcheinlichere ſtören; die Leichtigkeit,
die erhaltene Entdeckung zu begreifen, würde hier
nur das Mittel, durch welches man dazu gelangt
war, herabgewürdigt haben; die Leichtigkeit, ſie
zu erfinden, dieſes wohl gar verdächtig gemacht ha¬
ben
; denn wozu einen Geiſt bemühen, wenn man
nichts weiteres von ihm erfahren ſoll, als was
auch ohne ihn, mit Hülfe der bloß gewöhnlichen
Vernunft herauszubringen war? Aber die über¬
raſchende Neuheit und Schwierigkeit der Entdeckung
iſt hier gleichſam eine Gewährleiſtung des Wunders,
wodurch ſie erhalten wird — denn wer wird nun
das Uebernatürliche einer Operation in Zwei¬
fel ziehen, wenn das, was ſie leiſtete, durch na¬
türliche Kräfte nicht geleiſtet werden kann? — Ich
habe Sie unterbrochen,“ ſezte der Prinz hinzu.
„Vollenden Sie Ihre Erzählung.“

„Ich ließ,“ fuhr dieſer fort, „die Frage an
den Geiſt ergehen, ob er nichts mehr ſein nenne
auf dieſer Welt, und nichts darauf hinterlaſſen ha¬
be, was ihm theuer wäre? Der Geiſt ſchüttelte
dreymal das Haupt, und ſtreckte eine ſeiner Hän¬
de gen Himmel. Ehe er wegging, ſtreifte er noch
einen Ring vom Finger, den man nach ſeiner Ver¬
ſchwindung auf dem Fußboden liegend fand. Als
die Gräfinn ihn genauer in's Geſicht faßte, war es
ihr Trauring.“

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dung. „Ihr Trauring! Aber wie gelangten Sie
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[68/0076] die wahrſcheinlichere ſtören; die Leichtigkeit, die erhaltene Entdeckung zu begreifen, würde hier nur das Mittel, durch welches man dazu gelangt war, herabgewürdigt haben; die Leichtigkeit, ſie zu erfinden, dieſes wohl gar verdächtig gemacht ha¬ ben; denn wozu einen Geiſt bemühen, wenn man nichts weiteres von ihm erfahren ſoll, als was auch ohne ihn, mit Hülfe der bloß gewöhnlichen Vernunft herauszubringen war? Aber die über¬ raſchende Neuheit und Schwierigkeit der Entdeckung iſt hier gleichſam eine Gewährleiſtung des Wunders, wodurch ſie erhalten wird — denn wer wird nun das Uebernatürliche einer Operation in Zwei¬ fel ziehen, wenn das, was ſie leiſtete, durch na¬ türliche Kräfte nicht geleiſtet werden kann? — Ich habe Sie unterbrochen,“ ſezte der Prinz hinzu. „Vollenden Sie Ihre Erzählung.“ „Ich ließ,“ fuhr dieſer fort, „die Frage an den Geiſt ergehen, ob er nichts mehr ſein nenne auf dieſer Welt, und nichts darauf hinterlaſſen ha¬ be, was ihm theuer wäre? Der Geiſt ſchüttelte dreymal das Haupt, und ſtreckte eine ſeiner Hän¬ de gen Himmel. Ehe er wegging, ſtreifte er noch einen Ring vom Finger, den man nach ſeiner Ver¬ ſchwindung auf dem Fußboden liegend fand. Als die Gräfinn ihn genauer in's Geſicht faßte, war es ihr Trauring.“ „Ihr Trauring!“ rief der Prinz mit Befrem¬ dung. „Ihr Trauring! Aber wie gelangten Sie zu dieſem?“ „Ich

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/76>, abgerufen am 21.11.2024.